Filmarchiv

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Mr Sand

Animadok
Belgien,
Dänemark
2016
8 Minuten
Untertitel: 
keine

Credits DOK Leipzig Logo

Produktion
The Animation Workshop
Regie
Soetkin Verstegen
Ton
Andrea Martignoni
Das Publikum geriet angesichts der ersten Filmbilder von einem einfahrenden Zug in Panik. Immersives Kino pur. In ihrem kunstvollen Kaleidoskop arrangiert die belgische Künstlerin Soetkin Verstegen mit den analogen Techniken des Trickfilms Reminiszenzen an das frühe Kino als eine Welt, die mit Angst, Schauer und Lust ihre Zuschauer in Bann schlug. Ihre Hommage geht zurück zu den Gruselgeschichten, zum Zirkus und zu den Schaustellern, die das Kino, das es so vielleicht bald nicht mehr geben wird, miterfanden.

Cornelia Klauß
Internationaler Wettbewerb 2016
The War Show Andreas Dalsgaard, Obaidah Zytoon

Ab 2011 filmt Obaidah sich und ihre Freunde, eine fröhliche Künstlerclique in Syrien. Daraus wird ein Dokument des Krieges, von der Revolution über den Islamismus ins Verderben – und ein Requiem.

The War Show

Dokumentarfilm
Dänemark
2016
104 Minuten
Untertitel: 
englische

Credits DOK Leipzig Logo

Produktion
Miriam Nørgaard, Alaa Hassan
Regie
Andreas Dalsgaard, Obaidah Zytoon
Musik
Colin Stetson
Kamera
Obaidah Zytoon, Amr Kheito, Hisham Issa, Wasim Zahra, Dana Bakdounes
Schnitt
Adam Nielsen
Buch
Andreas Dalsgaard, Obaidah Zytoon
Obaidah Zytoon legt in ihrer Live-Radio-Sendung den Sound zur syrischen Revolution auf. So beginnt im März 2011 ihre persönliche Reise ins Ungewisse, voller Hoffnung und mit ungebremster Energie. Als Erzählerin macht sie uns mit ihren Freunden bekannt: junge Leute aus Akademiker- und Künstlerkreisen, die gern am Strand feiern oder in der Wohnung gemeinsam kiffen. Wahlverwandte, geeint durch den Traum von einem freien Leben und bereit, einen hohen Preis dafür zu zahlen. Zusammen gehen sie auch auf die Straße und filmen die Proteste. Sie produzieren, wovon sie glauben, dass es das Regime am meisten fürchtet: Bilder. Doch dann entfesseln sich die Ereignisse auf der Straße und mit ihnen die Bilder.

Immer öfter, so reflektiert Obaidah, finden die Handlungen für die Kamera statt. Und doch ist die „War Show“ auf brutale Weise real. Unterwegs in ganz Syrien, immer im Fadenkreuz und an der Schwelle zur nächsten Eskalationsstufe, dokumentiert sie in sieben Kapiteln die Dynamik des Krieges: von „Revolution“ bis „Extremismus“. Doch es ist die persönliche Erzählung, die alles in eine Perspektive rückt. Aus über 400 Stunden Material haben Obaidah Zytoon und Andreas Dalsgaard die Geschichte geformt, die erfahrbar macht, wie aus einem Aufbruch ein Fall ins Bodenlose folgt und wie die Bilder die Realität mitprägen. Was als Videotagebuch und digitale Graswurzelbewegung beginnt, wird zum Requiem.

Lars Meyer



Lobende Erwähnung im Internationalen Wettbewerb 2016

Internationales Programm 2016
What He Did Jonas Poher Rasmussen

Ein spektakulärer Mordfall: 1988 tötete Jens seinen Partner, einen prominenten Schriftsteller. Rekonstruktion einer verhängnisvollen Amour fou und Fragen nach Schuld und Sühne.

What He Did

Dokumentarfilm
Dänemark
2016
62 Minuten
Untertitel: 
englische

Credits DOK Leipzig Logo

Produktion
Jesper Jack
Regie
Jonas Poher Rasmussen
Kamera
Nadim Carlsen
Schnitt
Anders Skov
Animation
Lasse Smith
Buch
Jonas Poher Rasmussen
Ton
Martin Dirkov
Kriminal- oder Liebesgeschichte? 1988 tötete Jens Michael Schau im Affekt seinen Lebenspartner und Schriftstellerkollegen Christian Kampmann. Der Fall ging durch die Medien, denn Christian war als Autor eine Berühmtheit in Dänemark. Obwohl Jens seine Strafe längst abgebüßt hat, versteckt er sich bis heute wie ein scheues Tier in seiner Wohnung, aus Angst, die Menschen durch seine bloße Anwesenheit zu verletzen. Doch auch für ihn kommt die Zeit: Seine Geschichte – die hinter der Tragödie – muss heraus. Im Schutz seiner vier Wände lässt sich Jens auf die Kamera ein, die er zögerlich umkreist, stets auf der Hut vor sich selbst. Aus dem Off eröffnen ihm die behutsamen Nachfragen des Regisseurs den Weg in die Vergangenheit: eine bedingungslose Liebe, die für den Psychologiestudenten damals zugleich das Coming-out und den Bruch mit seiner konservativen Familie bedeutete.

Die Zeitreise durch das liberale homosexuelle Kopenhagen der 1970er und 80er Jahre mündet in einen Gefühlswirbel aus Verlustängsten, Eifersucht und Literatenneid. Jens’ überfällige Rückkehr in die Gesellschaft vollzieht sich im Film doppelt: Die Worte, die er sich abringt, spiegeln sich situativ in den Bühnenproben zu einem autobiografischen Theaterstück. Mittels der Darsteller formuliert wiederum Jonas Poher Rasmussen seine eigenen Fragen an den Stoff: Wie lässt sich diese Geschichte erzählen – und wie mit ihr leben?

Lars Meyer