Filmarchiv

Internationales Programm 2019
Bird Island Maya Kosa, Sergio Da Costa

Eine Vogelpflegestation ist ein wundersames Refugium für verletzte Wildvögel – und für den Protagonisten Antonin, der nach längerer Krankheit dort eine Arbeit aufnimmt.

Bird Island

Dokumentarfilm
Schweiz
2019
60 Minuten
Untertitel: 
englische

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Produktion
Joëlle Bertossa, Flavia Zanon
Regie
Maya Kosa, Sergio Da Costa
Kamera
Sergio Da Costa
Schnitt
Gabriel Gonzalez, Maya Kosa, Sergio Da Costa
Buch
Maya Kosa, Sergio Da Costa
Ton
Xavier Lavorel

Nach längerer Krankheit und Isolation nimmt Antonin in einer Vogelpflegestation seine Arbeit auf. Als Folge der Krankheit hat er noch immer mit Fatigue zu kämpfen. Die neuen Kolleginnen und Kollegen lassen ihm geduldig Zeit anzukommen. In diesem kleinen Universum erhält Antonin genauso Schutz wie die Patienten. Die Wildvögel werden mit teilweise sehr schweren Verletzungen abgeliefert, einige leiden unter Schock. Sie benötigen die ganze Hingabe der Tierärztin und der Pflegerin – und die bekommen sie auch. Vom lauten Getöse des nahegelegenen Flughafens lassen sie sich nicht aus der Ruhe bringen. Tagebuchartig berichtet Antonin als Erzähler im Off über die Station. In einer literarischen Sprache erklärt er die Arbeitsabläufe und berichtet von den Schicksalen der Schwäne, Uhus oder Krähen. Auch die Interaktionen im Team und die Behandlungen der Tiere sind minimalistisch gezeigt. So pendelt der Film zwischen stilisierter Künstlichkeit und dokumentarischer Beobachtung hin und her. Behutsam entwickelt sich die warmherzige Geschichte an diesem wundersamen Ort zu einer Fabel über die Rettung von Tieren – und Menschen – in Not. Annina Wettstein





Ausgezeichnet mit dem Healthy Workplaces Film Award.


Das Fieber

Dokumentarfilm
Österreich,
Deutschland,
Schweiz
2019
99 Minuten
Untertitel: 
englische

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Produktion
Markus Wailand
Regie
Katharina Weingartner
Kamera
Siri Klug
Schnitt
Andrea Wagner
Animation
Toby Cornish
Buch
Katharina Weingartner
Ton
Patrick Becker, Peter Braeker
Der Kampf will nicht enden. Noch immer regiert Malaria weite Teile Afrikas. Alle 60 Sekunden stirbt südlich der Sahara ein Kind an diesem Parasiten. Insgesamt ist sie der Grund für rund eine halbe Million Todesfälle im Jahr. Aber warum gelingt es einfach nicht, die Krankheit erfolgreich zu bezwingen, obwohl seit etlichen Jahren unzählige internationale Hilfsorganisationen an einer Lösung arbeiten?

Natürlich liegt das am Geld, an globalen Interessenskonflikten, an der mächtigen Pharmaindustrie. Das ist nichts Neues. Doch der österreichischen Filmemacherin Katharina Weingartner ist nun ein spannender dokumentarischer Thriller gelungen, der in das leidlich bekannte große Bild im Wortsinn aufregende, den Kontext verschiebende und erweiternde Verbindungslinien einzeichnet: zwischen dem Parasiten und der Pharmaindustrie, zwischen Selbstbestimmung in Ostafrika und dem reichsten Mann der Welt. Im Fokus stehen drei mutige Menschen in Uganda und Kenia, die vor Ort gegen die Krankheit kämpfen und oft mit alternativen Methoden weiter kommen, als das die westliche Medizin gerne hätte. Denn eine eigene Lösung, ohne fremde Hilfe und Technologien, ohne die merkantilen oder öffentlichkeitswirksam philanthropischen Interessen der Helfenden, würde ja Unabhängigkeit bedeuten.

Julia Weigl

Our Lucky Hours

Dokumentarfilm
Belgien,
Frankreich,
Schweiz
2019
77 Minuten
Untertitel: 
englische

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Produktion
Alexandre Cornu
Regie
Martine Deyres
Musik
Olivier Brisson, Nicola Marinoni
Kamera
Jean-Christophe Beauvallet, Dino Berguglia, Antoine-Marie Meert
Schnitt
Philippe Boucq, Catherine Catella, Martine Deyeres
Buch
Martine Deyeres, Anne Paschetta
Ton
Olivier Hespel, Marianne Roussy, Olivier Schwob
Zwischen 1939 und 1945 starben 45.000 Patienten in psychiatrischen Kliniken in Frankreich. Es gab nur einen Ort, an dem die Kranken die Euthanasie überlebten: das Hospital in dem abgelegenen Dorf Saint-Alban. Hinzu kam, dass es hier Ärzten, Pflegekräften und Patienten gemeinsam mit den Dorfbewohnern gelang, eine ganze Reihe von Kriegsflüchtlingen, Widerstandskämpfern und verfolgten Juden zu verstecken und damit vor dem sicheren Tod zu retten.

Warum war Saint-Alban so eine Ausnahme? Die Regisseurin Martine Deyres fand bei ihrer Recherche in den Archiven des Krankenhauses Fotos, Schmalfilme und Tonaufnahmen. Dieses Material nutzt sie, um das Bild einer Einrichtung zu zeichnen, die ihrer Zeit weit voraus war. Die Patienten wurden respektiert, integriert und individuell gefördert. Außerdem trugen sie durch die Mitarbeit im Haushalt oder auf den Feldern vor allem in der Kriegszeit dazu bei, dass in Saint-Alban niemand hungern musste. Es gab eine Patientenzeitung sowie diverse künstlerische und handwerkliche Kurse. Die Holzskulpturen von Auguste Forestier gelangten sogar als „Art Brut“ zu Berühmtheit, als der Maler Jean Dubuffet die Arbeiten des Saint-Alban-Patienten nach Kriegsende entdeckte. Aus all dem wird ein flammender filmischer Appell für einen respektvollen Umgang mit psychisch Erkrankten, der in Zeiten ökonomischer Zwänge und starker Normierungstendenzen wichtiger ist denn je.

Luc-Carolin Ziemann

Taste of Hope

Dokumentarfilm
Deutschland,
Schweiz
2019
71 Minuten
Untertitel: 
englische
deutsche

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Produktion
Laura Coppens
Regie
Laura Coppens
Musik
Azadeh Zandieh
Kamera
Laura Coppens
Schnitt
Angelika Levi, Laura Coppens
Ton
Azadeh Zandieh
Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst des genossenschaftlichen Wirtschaftens. Es verbreitet Angst, weil es den kleinen Rädchen im gigantischen Wirtschaftsgetriebe die Macht gibt, über Sinn, Zweck und Drehzahl der ganzen Maschine zu entscheiden. Es ist eines der letzten großen Emanzipationsprojekte: die Befreiung vom Frust, die eigenen Geschicke in den nicht immer geschickten Händen fremder Leute zu wissen. Die seit 2016 bestehende Teeveredelungskooperative Scop-TI im südfranzösischen Gémenos geht auf einen solchen Befreiungsakt zurück: 1.336 Tage lang besetzte die Belegschaft die Produktionsstätten der Fralib-Teefabrik und erpresste vom „arbeitgebenden“ Weltkonzern einen Neuanfang unter eigener Regie.

Wie genau diese Regie aussieht und ob sie den revolutionären Geist des Maschinen-Kidnappings in eine funktionierende, für alle existenzsichernde Produktionsroutine zu überführen vermag, ist die Grundfrage von Laura Coppens’ Film, der damit zu einer Art Rechenschaftsbericht wird – über Einnahmen und Ausgaben, über Einsichten und Verausgabung. Auf einem Fließband schickt sie uns in einen genossenschaftlichen Arbeitsalltag, der doch wartungsintensiver ist, als sich das die eine oder der andere vorgestellt hatte. Im Leitungsbüro hängt ein Konterfei von Che Guevara, bei der Bank hängt ein Kreditverfahren in der Luft. Der Kampf geht weiter.

Sylvia Görke
Internationales Programm 2019
Warum Schnecken keine Beine haben Aline Höchli

Schnecken gehen ins Büro, aber ein Knick in der Kapitalkurve verlangt rigorose Maßnahmen. Eine Tragikomödie über den Wirtschaftsfaktor in der biologischen Evolution.

Warum Schnecken keine Beine haben

Animationsfilm
Schweiz
2019
11 Minuten
Untertitel: 
_ohne Dialog / Untertitel

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Produktion
Michèle Wannaz, Marcel Derek Ramsay
Regie
Aline Höchli
Musik
Samuel Schranz, Gurpreet Kaur
Schnitt
Marcel Derek Ramsay
Animation
Aline Höchli
Buch
Aline Höchli
Ton
Peter Bräker
Bunt, groovy und leichtfüßig kommt sie zunächst daher, Aline Höchlis Zeichenanimation. Schnecken gehen ins Büro. Die kreativen, geselligen, aber langsamen Arbeitskollegen werden in der bieneneifrigen Arbeitswelt toleriert. Doch ein Knick in der Kapitalkurve verlangt rigorose Maßnahmen. Am Ende stimmt die Work-Life-Balance wieder, allerdings mit überraschender Verteilung. Eine Tragikomödie über den Wirtschaftsfaktor in der biologischen Evolution.

André Eckardt