Filmarchiv

Jahr

Animadok 2014
Rocks in My Pockets Signe Baumane

Starke Frauen, dominante Männer, restriktive Systeme und psychische Krankheiten. Die Geschichte einer Depression, Metaphern-reich gezeichnet und erzählt. Voll von trotzigem Humor.

2014

Rocks in My Pockets

Animadok
Lettland,
USA
2014
88 Minuten
Untertitel: 
keine

Credits DOK Leipzig Logo

Signe Baumane
Signe Baumane
Kristian Sensini
Wendy Cong Zhao
Signe Baumane, Sam Hayes, Jessica Polaniecki, Angela Stempel, Sturgis Warner, Eriq Wities
Signe Baumane
Weston Fonger

Signe Baumane ist bekannt für den offenen Umgang mit Tabus. Ihre Filme sind explizit und besitzen gleichzeitig eine amüsante und ironische Komponente. Bisher erzählte sie ihre Geschichten nur im Kurzformat. „Rocks in My Pockets“ ist ihr erster abendfüllender Film und wahrscheinlich ihr persönlichster. Denn die Filmemacherin begibt sich auf eine Reise in die Vergangenheit ihrer Familie. Sie selbst beschreibt ihre neueste Arbeit als „a funny film about depression“, doch es ist wohl vielmehr eine Geschichte von starken unabhängigen Frauen, dominanten Männern, restriktiven Systemen und psychischen Krankheiten, die von allen Beteiligten nicht ernst genommen werden. Ihre Großmutter starb auf mysteriöse Weise und die Familie hüllte sich in Schweigen. Signe nimmt an, dass sie sich umgebracht hat, denn auch sie leidet unter Depressionen und drei ihrer Cousinen sind psychisch krank. Die Filmemacherin animiert für den Film äußere Einflüsse und innere Zustände, versucht ihre eigenen und die Gefühle ihrer Leidensgenossinnen für andere nachvollziehbar darzustellen und erklärt, wie ihre persönliche und künstlerische Emanzipation und die Aufarbeitung der Familiengeheimnisse zusammenhängen. ---Annegret Richter


Int. Wettbewerb Kurze Dokfilme 2014
T's World: The Over-identification of Terry Thompson Ramon Bloomberg

Der unerhörte Fall eines Amerikaners, der wilde Tiere züchtete und sich ihnen zum Fraß vorwarf, mit Anleihen an episches Theater, griechische Tragödie und Play-Station-Ästhetik.

T's World: The Over-identification of Terry Thompson

Animadok
Frankreich,
UK,
USA
2014
29 Minuten
Untertitel: 
keine

Credits DOK Leipzig Logo

Ramon Bloomberg
Ramon Bloomberg
Ramon Bloomberg
Stark Haze
József Szimon, Balázs Őrley
Am 18. Oktober 2011 erhält der Sheriff von Zanesville in Ohio einen aufgeregten Anruf: Die Tiere, die der Sonderling Terry Thompson völlig legal auf seiner Ranch hält, würden durch das County streifen. Alarm! Ein schwer bewaffneter Polizeitross tötet in jener Nacht über 56 Bären, Tiger, Wölfe, Leoparden und Löwen. Thompson hatte die Käfige geöffnet, sich erschossen und den Tieren seinen Körper als Nahrung angeboten. So weit, so gut, so amerikanisch.
Das bizarre Geschehen verwandelt der britische Medienkünstler Ramon Bloomberg in eine Erzählung Brecht’scher Prägung. Dessen Lehrstück „Der Jasager“, das überlieferten Brauch und formalisiertes Gesetz thematisiert, verbindet Bloomberg mit der anarchistischen Freiheitslogik der amerikanischen Siedlermentalität, die jede Staatlichkeit als Einschränkung individueller Freiheitsrechte bekämpft: Ich bin der Herr über meine Tiere, mein Land, mein Haus, meine Familie. Basta!
Bloomberg übersetzt episches Theater in die Sprache des Films zu Zeiten der Play-Station-Spiele. Realaufnahmen wechseln mit Bildern der Videokamera aus Streifenwagen, Google-Earth-Data-Mining-Sequenzen und computeranimierten Reenactments. Dazu hören wir Protokolle und Aussagen der Beteiligten sowie einen Kommentar in Form des (antiken) Chors, der Stimme des Gesetzes, des Nachbarn und des Tiers. Nur Terry Thompson hören wir nicht. So bleibt sein Motiv ein großes Geheimnis.

Matthias Heeder



Lobende Erwähnung im Internationalen Wettbewerb Animationsfilm 2014

Internationales Programm 2013
Truth Has Fallen Sheila M. Sofian

Unschuldig Verurteilte und die zweifelhaften Methoden juristischer Beweisführung in einem leidenschaftlichen Bilder-Inferno aus expressiven Animationen und abstrakten Reenactments.

2013

Truth Has Fallen

Animadok
USA
2013
60 Minuten
Untertitel: 
keine

Credits DOK Leipzig Logo

David B. Fain, Davi Rutenberg, Sheila M. Sofian
Sheila M. Sofian
Barbara Cohen
Tom Curran
Yu Gu
Sheila M. Sofian
Sandy Gendler
Unschuld ist keine Garantie für Freiheit. Drei Fälle, die (nicht nur) für das US-amerikanische Justizsystem exemplarisch sind: Edward Baker, wegen Mordes zu 24 Jahren Gefängnis verurteilt, James Landano und Joyce Ann Brown, die wegen Kapitalverbrechen jeweils lebenslänglich sitzen. So wie sie gibt es in den USA hunderte unschuldig Verurteilter im Gefängnis – darunter Todeskandidaten, die seit Jahren auf ihre Hinrichtung warten. James McCloskey hat es sich mit seiner Organisation „Centurion Ministries“ zur Aufgabe gemacht, Fälle wieder aufzurollen, Verfahren in Frage zu stellen, mit Hilfe von DNA-Untersuchungen zu neuen Ergebnissen zu kommen oder sogar denjenigen als Mörder zu identifizieren, der einen Unschuldigen einst der eigenen Tat bezichtigt hatte.
Wie ein zu Unrecht Inhaftierter, der sich von der Justiz, Anwälten, Familie und Freunden im Stich gelassen fühlt, diese Ungerechtigkeit reflektiert, ist in seiner ganzen Dimension schwer in Worte zu fassen. So hat die Regisseurin Sheila M. Sofian ein Bilder-Inferno aus expressiven Animationen, die auf Glas gemalt sind, abstrakten Reenactments und surrealistischen Details entfacht, das sich zu einem leidenschaftlichen Appell an die Politik verdichtet, Vorverurteilungen und Rassendiskriminierung abzuschaffen. „Wenn sie nicht dafür einsitzen, dann sicher für was anderes.“ Diese Äußerung eines Cops bringt den Zynismus, der Teil des Systems ist, auf den Punkt.

Cornelia Klauß