Impressionen einer Wohnung, nur wenige Dinge werden mitgenommen. Eine Fahrt auf dem Rücksitz eines Autos. Dass es ein Außen gibt, ist nur zu erahnen. Ein Schatten auf dem Teppich, der zu einer anderen Wohnung gehört. Dieser Ort sei sicherer. Es gibt einen Balkon, über dessen Brüstung man besser nicht blicken sollte. In der Spiegelung der Fensterscheibe zeigt sich die Frau hinter der Kamera. Immer wieder sind Schüsse zu hören. Es heißt, ein Kiosk sei bombardiert worden. Nein, zwei. Es heißt, die Freie Syrische Armee baue eine Barriere vor dem Haus, das man mit der Vergangenheit, den Träumen und der Hoffnung zurücklassen musste. Mit „jedem Tag“ wachse die Angst. Jeder wisse, dass Syrien frei sei, frei bleibe und keine Diktatur akzeptieren werde, tönt es aus dem Fernseher.
Reem Karssli gelingt mit ihrem Videotagebuch das sensible Porträt einer Familie, deren Mitglieder „jeden Tag“ auf ihre ganz individuelle Art und Weise mit der Realität umgehen müssen, die „noch harscher, noch hässlicher“ sei als das, was eine Kamera einfangen könne. Ein seltenes Dokument, das durch seine extreme Unmittelbarkeit besticht und wohl nur durch ein Wunder diese Wohnung verlassen konnte.
Claudia Lehmann