Extended Reality: DOK Neuland

Letztendlich ist jedes Neuland dasselbe. Die Welt verändert sich zwar stetig, aber ihre entmutigenden Strukturen bleiben. Dabei gibt es „die Welt“ nicht einmal. Was darunter gefasst wird, ist ein großes und verzweigtes, sogar widersprüchliches System aus Perspektiven und Lebensrealitäten. Wir wissen um die enormen Herausforderungen der Gegenwart: Die Liste ist lang und die Buzzwords füllen alle Schlagzeilen. Eingefahrene Handlungsmuster und festgefahrene Überzeugungen hindern kommende Generationen daran, mit Vertrauen nach vorn zu schauen. Altes, längst von den Realitäten Überholtes wird reproduziert, bewusst oder unbewusst.
Die Furcht vor Veränderung führt dazu, vor dem Offensichtlichen die Augen zu schließen. Dabei sollten doch der Schmerz und das Leid der Einzelnen der kleinste gemeinsame Nenner für eine kollektive Verantwortlichkeit sein. Sehnsucht kommt auf: nach Heilung, nach Übersicht, nach gelenkten und gesicherten Bahnen. Die Prognosen zeichnen zuweilen eine so düstere Dystopie, dass wir zu Recht Angst haben. Eine andere Zukunft ist jedoch keine Utopie, sondern ein Kraftakt. Wer passiv bleibt, kann nicht gestalten. Wir fragen, wie wir menschliche Ressourcen zukünftig nutzen wollen und ob die Zukunft, auf die wir zusteuern, wirklich die ist, die wir uns wünschen.
Die für die diesjährige Ausstellung ausgewählten XR-Arbeiten gehen tief in diskriminierende und rassistische Narrative. Sie erzählen von Krieg, Kolonialität und Verdrängung. Von patriarchalem und heteronormativem Machtgehabe. Vom Unbehagen, von der Angst und dem qualvollen Tod Einzelner, die nicht Teil einer grauen Mehrheit waren. Wir erleben einerseits, wie diese starren Systeme sich selbst legitimieren. Wir erleben aber auch, wie sich Menschen widersetzen und sich weigern aufzugeben.
Die Ausstellung lädt dazu ein, spielerische und intuitive Zugänge zu Anderen zu finden und aus geteilten Gedanken und Ideen eine kollektive Identität zu formen. Wir dürfen bezeugen, Gemeinschaft fühlen und gemeinsam Verantwortung dafür übernehmen, dass kein Schicksal vergessen wird. Kann sich hier sogar Verbindlichkeit herstellen lassen? DOK Neuland will nicht zur Versenkung in immersive Welten bitten. Stattdessen fordern wir dazu auf, die Matrix in den Köpfen zu verlassen. Letztendlich bleiben wir trotz allem und weil kaum mehr als das möglich ist: zuversichtlich.
Museum der bildenden Künste Leipzig
Katharinenstraße 10, 04109 Leipzig
10.10.–15.10.2023
Eintritt frei
Di, Do–So | 11:00–18:00
Mi | 12:00–20:00
Es gelten die AGB von DOK Leipzig.
Bitte beachten Sie, dass aufgrund einer begrenzten Personananzahl in den Ausstellungsorten längere Wartezeiten zu erwarten sind. Wir bitten um Ihr Verständnis und Ihre Geduld.
DOK Neuland Team

