Filmarchiv

Land (Film Archive)

Doc Alliance Award 2023
Filmstill 07:15 – Blackbird
07:15 – Blackbird Judith Auffray
In einer Hütte im Wald lauschen Jean und Mana verschiedensten Tierarten und katalogisieren Stimmaufnahmen. Als sie unbekannte Laute hören, ist die Neugier geweckt, ein Geheimnis zu lüften.
Filmstill 07:15 – Blackbird

07:15 – Blackbird

7h15 – merle noir
Judith Auffray
Doc Alliance Award 2023
Dokumentarfilm
Frankreich
2021
30 Minuten
Französisch
Untertitel: 
Englisch

Schauplatz und Figurenaufstellung wirken wie der Auftakt für ein ungewöhnliches Märchen. Ein älterer Mann, Einsiedler in einer abgeschiedenen Hütte, bekommt Besuch von einer jungen Frau, fast noch ein Mädchen, das die Sprache der Vögel verstehen und nachahmen kann. Tief in den Wäldern nehmen Jean und Mana die Stimmen der verschiedenen Arten auf und katalogisieren sie Tag für Tag, Nacht für Nacht. Doch dann hören sie den Laut eines unbekannten Tieres und machen sich auf die Suche.

Im Zentrum stehen die Vogelstimmen und ihre Zuordnung. Anstatt aber die pedantische Analyse von Klangereignissen wie ein verschrobenes Hobby aussehen zu lassen, regt der Film zum genauen Zuhören an. Die unaufgeregte Neugier der beiden Wissenschaftler*innen steckt an. Beim Zuschauen überträgt sich nach und nach nicht nur ihre Begeisterung für das Forschungsobjekt, sondern auch die kindliche Lust, ein Geheimnis zu lüften.

Lina Dinkla

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Judith Auffray
Buch
Judith Auffray
Kamera
Mario Valero, Raimon Gaffier
Schnitt
Judith Auffray
Produktion
François Bonenfant, Luc-Jérôme Bailleul
Co-Produktion
Gaël Teicher
Ton
Stéphane Debien, Kilian Fanget
-
Joséphine Auffray, Victor Auffray
Filmstill 27

27

27
Flóra Anna Buda
Internationaler Wettbewerb Animationsfilm 2023
Animationsfilm
Frankreich,
Ungarn
2023
11 Minuten
Ungarisch
Untertitel: 
Englisch

Heute ist der 27. Geburtstag von Alice. Sie lebt in ihrem alten Kinderzimmer in der Wohnung ihrer Eltern. Ihre Mutter umhegt sie wie ein Kind. Ihr kleiner Bruder geht ihr auf die Nerven. Raum für Selbstverwirklichung und das Ausleben sexueller Bedürfnisse gibt es höchstens in ihrer eigenen Fantasie. Aus ökonomischen Gründen ist ihr und vielen anderen jungen Menschen verwehrt, ein unabhängiges Leben in eigenen vier Wänden zu führen. So muss Alice die Enge erdulden.

Am Abend ihres Geburtstages zieht sie mit ihrem Kumpel um die Häuser und tanzt sich bei einer Party auf dem Dach eines Hochhauses endlich für einige Momente frei. Der Blick über die nächtliche Stadt und die Ernüchterung nach all der Ausgelassenheit bringen das Dilemma jedoch ins Bewusstsein zurück: Wo ist ihr privater Rückzugsort, an dem sich Körper und Geist unbeobachtet entfalten können? Eindringlich, farbenfroh, mit fantastischem Sound und voller Erotik beschreibt dieser Film die bedrückende Lage einer ganzen Generation.

Franka Sachse

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Flóra Anna Buda
Buch
Flóra Anna Buda
Schnitt
Albane du Plessix
Produktion
Emmanuel-Alain Raynal, Pierre Baussaron, Gábor Osváth, Péter Benjámin Lukács
Ton
Péter Benjámin Lukács
Musik
Mári Mákó, Rozi Mákó
Animation
Zoltán Koska, Gábor Mariai, Luca Tóth, Borbála Zétényi, Flóra Anna Buda
Filmvertrieb
Annabel Sebag
Künstlerisches Design
Natália Andrade, Melinda Kádár
Nominiert für: mephisto 97.6-Publikumspreis
Internationaler Wettbewerb 2021
Media Name: d3e99bf9-067c-40ac-89ba-43866d355b28.png
A Custom of the Sea Fabrizio Polpettini
Drei Freunde erkunden die Strahlkraft des Mittelmeers, das christliche und islamische Länder miteinander verbindet und immer wieder Schauplatz von Konflikten war und ist.
Media Name: d3e99bf9-067c-40ac-89ba-43866d355b28.png

A Custom of the Sea

Un usage de la mer
Fabrizio Polpettini
Internationaler Wettbewerb 2021
Dokumentarfilm
Frankreich
2021
52 Minuten
Arabisch,
Englisch,
Französisch,
Italienisch
Untertitel: 
Englisch, deutsche Untertitel für Menschen mit eingeschränkter Hörfähigkeit

Porto Maurizio liegt an der ligurischen Küste. Hier ist der heute in Frankreich lebende Regisseur aufgewachsen. Das Dorf ist Ausgangspunkt für eine filmische Reise in die Vergangenheit, die einen überraschend weiten Bogen in eine Zeit schlägt, in der muslimische Piraten, die Korsaren, die Mittelmeerregion unsicher gemacht und Europäer als Sklaven genommen hatten. Dazu bedient sich der Film leichtfüßig im reichhaltigen Fundus der Filmgeschichte und in ihrer Ikonografie.

Abenteuerfilme aus den 1940er Jahren und historische Wandgemälde schildern bildgewaltig die Seeschlachten des früheren 19. Jahrhunderts. Solche visuellen Fundstücke kombiniert der Regisseur geschickt mit analog gefilmten neuen Aufnahmen seiner Reise mit zwei Freunden. Ihre scheinbar lose erzählten Anekdoten und Zufallsbegegnungen fügen sich zu einem zusammenhängenden Ganzen. Sie bilden so ein geopolitisches Koordinatensystem rund um das Mittelmeer, in dem es um Eurozentrismus, Kolonialgeschichte und religiös motivierte Konflikte zwischen christlich und islamisch geprägten Ländern geht. Die Themen könnten aktueller nicht sein.
Annina Wettstein

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Fabrizio Polpettini
Kamera
Valentina Provini
Schnitt
Marylou Vergès
Produktion
Fabrizio Polpettini
Co-Produktion
Pierre-André Belin
Internationaler Wettbewerb 2022
Filmstill A Hawk as Big as a Horse
A Hawk as Big as a Horse Sasha Kulak
Am Stadtrand von Moskau arbeitet Transgender-Ornithologin Lydia an der Erfüllung ihres Traumes: Das Universum von „Twin Peaks“ soll sich mehr und mehr in ihrem Leben manifestieren.
Filmstill A Hawk as Big as a Horse

A Hawk as Big as a Horse

Yastreb razmerom s loshad’
Sasha Kulak
Internationaler Wettbewerb 2022
Dokumentarfilm
Frankreich
2022
74 Minuten
Russisch
Untertitel: 
Englisch

Ein blaues Holzhaus am Waldrand, einsam steht es, doch nicht friedlich und still. Lydia lebt hier, eine Transgender-Ornithologin, die sich mal in High Heels und Perlenkette präsentiert, dann wieder in Cargohose und Funktionskleidung. Als dokumentarisches Märchen bezeichnet Regisseurin Sasha Kulak ihren Film. Und tatsächlich verschwimmen die Grenzen zwischen Realität und Fiktion, denn Lydia liebt das Spiel, die Inszenierung, das Unheimliche – und David Lynch.

Über dreißig Mal hat Lydia „Twin Peaks“ gesehen, Charaktere und Handlung sind längst nach Schtscherbinka, eine kleine Stadt im Süden von Moskau, geschwappt. Sie behauptet, auf Leichen im Unterholz zu stoßen, und sogar Lynchs „roter Raum“ findet sich als Nachbau unterm Dach ihres Hauses. Jetzt steht sie vor einer neuen Herausforderung: der Erschaffung von Lara, einer lebensecht wirkenden Silikonpuppe, die mit ihrer Stimme auch durch Kulaks Filmerzählung geleitet. Lydia arbeitet hart an der Erfüllung ihrer Träume, widmet sich aber ebenso passioniert der Erforschung von Vögeln und den sogenannten Neschuljas, scheuen Wesen ohne Augen, die überaus kuschelbedürftig sind und über tantrisches Potenzial verfügen. „A Hawk as Big as a Horse“ macht sich zum Vehikel von Lydias Visionen. Mittels dreidimensionaler Animationen und verschiedener Filmpraktiken öffnet sich das Portal zu einer sehr spezifischen Fantasie.
Carolin Weidner

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Sasha Kulak
Kamera
Sasha Kulak
Schnitt
Sasha Kulak
Produktion
Louis Beaudemont
Ton
Andrei Dergatchev
Musik
Iakov Mironchev
Animation
Elizaveta Federmesser
Ausgezeichnet mit: Special Mention (Internationaler Wettbewerb)
Filmstill A Life Like Any Other

A Life Like Any Other

Une vie comme une autre
Faustine Cros
Internationaler Wettbewerb 2022
Dokumentarfilm
Belgien,
Frankreich
2022
68 Minuten
Französisch
Untertitel: 
Englisch

Viele Jahre lang filmte der Vater der Regisseurin fast obsessiv den Alltag seiner Familie. Die Geburt der Tochter, die ersten Schritte des Sohnes und immer wieder Valérie, die junge Mutter. Ein beeindruckender Fundus an Material, das sich die inzwischen erwachsene Tochter Faustine aneignet, um eine ganz andere Geschichte zu erzählen: die einer Frau, der die Mutterrolle und ihre Anforderungen zunehmend die Freiheit nehmen.

Im Heute beobachtet die Regisseurin ihre Eltern in dem großen leeren Haus auf dem Land: den hyperaktiven Vater, der andauernd werkelt, und die kettenrauchende Mutter, die am Küchentisch sitzt und deren Scharfsinn man nur noch in ihren Augen erahnen kann. Was ist passiert? Was ist aus der energiegeladenen, unabhängigen jungen Maskenbildnerin geworden? Die, die Hexen bewundert und auf Weltreise gehen möchte. Die mit ihrem Beruf wunderbar ihr Leben bestreiten kann, ihn aber trotzdem aufgibt. „Der Blick ist wichtig“, sagt die inzwischen 60-jährige Valérie zu ihrer Tochter einmal beim Schminken. Ja, der Blick ist wichtig. Und Regisseurin Faustine Cros setzt ihm, diesem über all die Jahre gehaltenen Blick auf die Mutter, mit ihrem Film ein neues Narrativ entgegen.
Marie Kloos

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Faustine Cros
Kamera
Faustine Cros, Jean-Louis Cros
Schnitt
Faustine Cros, Cédric Zoenen
Produktion
Julie Freres, Camille Laemlé
Co-Produktion
Sound Image Culture, Centre de l'Audiovisuel à Bruxelles (CBA), RTBF
Ton
Faustine Cros
Musik
Ferdinand Cros
Filmvertrieb
Anna Berthollet
Ausgezeichnet mit: Preis der Interreligiösen Jury, Silberne Taube (Internationaler Wettbewerb)
Media Name: 905fe15f-be57-4eeb-b316-b37c6d8efdfd.jpg

A Night of Knowing Nothing

A Night of Knowing Nothing
Payal Kapadia
Camera Lucida – Außer Konkurrenz 2021
Dokumentarfilm
Frankreich,
Indien
2021
96 Minuten
Hindi,
Bengali
Untertitel: 
Englisch

Unruhen und Proteste an einer indischen Filmhochschule, erzählt anhand von Briefen, die Studentin L an ihren Geliebten K verfasst und in denen sie das Geschehen um sie herum reflektiert. Während die staatliche Gewalt den Aufstand immer weiter zurückdrängt, begreift L, dass sie nie eine Antwort bekommen wird, denn K gehört einer höheren Kaste an. Die anonymen Zeilen sind wehmütige Echos einer Liebestragödie in Zeiten des Wiedererstarkens einer nationalistischen Klassengesellschaft.

Das aus vielfältigen Quellen zusammengestellte Bildmaterial, welches von langen, zehrenden Protestnächten, aber auch von großer Geschlossenheit und jugendlicher Lebensfreude zeugt, taucht Regisseurin Payal Kapadia fast durchgängig in grobkörniges Schwarz-Weiß. Selbst Aufnahmen von Handy- und Überwachungskameras rücken so in ästhetische Verwandtschaft zu 16mm-Studentenfilmen vergangener Dekaden. Doch vor diesem Kontrast tritt die unmittelbare, unabgeschlossene Natur des Dargestellten nur umso mehr hervor und verweist so auf den komplexen Dialog, den fragile Erinnerung und eine sich überschlagende Gegenwart im Film miteinander führen. Eine Gegenwart, in der Fragen nach künstlerischer Veranschaulichung, aber auch nach persönlicher Verantwortung neu verhandelt werden müssen.
Felix Mende

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Payal Kapadia
Buch
Payal Kapadia, Himanshu Prajapati
Kamera
Ranabir Das
Schnitt
Ranabir Das
Produktion
Thomas Hakim, Julien Graff, Ranabir Das
Ton
Moinak Bose, Romain Ozanne
Filmvertrieb
Wouter Jansen
Media Name: 57ac00d5-14cf-4afb-a0ed-e24f51aa5dcd.jpg

A Solar Dream

Un rêve solaire
Patrick Bokanowski
Animation und Musique Concrète 2021
Animationsfilm
Frankreich
2016
63 Minuten
Französisch
Untertitel: 
Englisch

Patrick Bokanowski unterzieht eigene frühe Schmalfilmaufnahmen einer magischen optischen Verwandlung. Im gleißenden Nieselregen elektronischer Klänge und unter dem tiefen Grollen von Drone-Wellen von Michèle Bokanowski entfalten sich Lichteruptionen, Farbrauschen und schattenhafte Erscheinungen, durch welche die Originalaufnahmen durchschimmern. Ein Tagebuch des wachen träumenden Beobachtens.

André Eckardt

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Patrick Bokanowski
Buch
Patrick Bokanowski
Kamera
Patrick Bokanowski
Schnitt
Patrick Bokanowski
Produktion
Patrick Bokanowski
Musik
Michèle Bokanowski
Media Name: a5d40ef7-ec19-4c7c-ac61-17a584683d48.jpg

Abyssal

Abisal
Alejandro Alonso
Internationaler Wettbewerb Kurzfilm 2021
Dokumentarfilm
Kuba,
Frankreich
2021
30 Minuten
Spanisch
Untertitel: 
Französisch, Englisch

Ein Schiffsschrottplatz in Westkuba. Die beobachtende Kamera folgt Raudel und seinen Kollegen, die in diesem hermetisch abgeschlossen wirkenden Mikrokosmos arbeiten. Eine Brieftaube verirrt sich hierher; die Arbeiter betrachten sie schweigend und rauchend. Manchmal reden sie über ihre Träume. Aufnahmen fokussieren abwechselnd ihre Körper und ihre Umgebung. Rhythmische, kunstvoll gestaltete, authentisch erzeugte Töne begleiten präzise und klare Bilder, ohne die Härte der Arbeit zu ästhetisieren.

Borjana Gaković

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Alejandro Alonso
Buch
Lisandra López Fabé, Alejandro Alonso
Kamera
Alejandro Alonso
Schnitt
Emmanuel Peña
Produktion
Boris Prieto, Alejandro Alonso, Oderay Ponce de León
Ton
Glenda Martínez Cabrera, Velia Díaz de Villalvilla, Alejandro Pérez
Musik
Pepe Gavilondo
Filmvertrieb
Boris Prieto
Funding institution
Norwegian Fund for Cuban Cinema, CNC / Aide aux cinémas du monde
Ausgezeichnet mit: Goldene Taube kurzer Dokumentarfilm (Internationaler Wettbewerb Kurzfilm)
Extended Reality 2022
Filmstill All Unsaved Progress Will Be Lost
All Unsaved Progress Will Be Lost Mélanie Courtinat
In einer menschenleeren Stadt schweben Textfragmente über einem Meer aus Blumen: die Geschichte einer Frau, die sich weigerte, ihre Heimat nach einer Katastrophe zu verlassen.
2022
Filmstill All Unsaved Progress Will Be Lost

All Unsaved Progress Will Be Lost

All Unsaved Progress Will Be Lost
Mélanie Courtinat
Extended Reality 2022
XR
Frankreich
2022
10 Minuten
Englisch
Untertitel: 
Englisch

Mitten in einer menschenleeren Stadt aus Beton und Nebel schweben Textfragmente über einem Meer aus Blumen. Es ist die Geschichte einer Frau, die sich weigerte, ihre Heimat nach einer Katastrophe zu verlassen. Das Spiel aus Spannung und Unwissenheit, Andeutung und Konkretheit lässt Raum für Projektionen: Wir werden mit unseren eigenen Ängsten konfrontiert, bevor sich der Plot auflöst.

Lars Rummel

Credits DOK Leipzig Logo

Produktion
Mélanie Courtinat
Musik
Yatoni
Regie
Mélanie Courtinat
Filmstill Anhell69

Anhell69

Anhell69
Theo Montoya
Internationaler Wettbewerb 2022
Dokumentarfilm
Kolumbien,
Frankreich,
Deutschland,
Rumänien
2022
75 Minuten
Spanisch
Untertitel: 
Englisch

Aus verworfenen Casting-Aufnahmen, melancholischen Alltagsbeobachtungen und dekadenten Party-Impressionen seines Freundeskreises schöpft Theo Montoya das morbide und doch zärtliche Porträt einer jungen, queeren Generation in Kolumbien. In dem von Gewalt und Repression geprägten Land vermag sie sich eine eigene Zukunft kaum auszumalen, pflegt zum Tod indes ein enges, fast liebevolles Verhältnis.

Eigentlich hätte es ein fiktionaler Film werden sollen: eine Geistergeschichte, in der die Toten keinen Platz mehr auf den Friedhöfen finden, fortan mit den Lebenden koexistieren und auch sexuelle Beziehungen zu ihnen eingehen – was der Staat rigoros verbietet und verfolgt. Es bildet sich eine klandestine nächtliche Subkultur, in der erotische Begierden ausgelebt werden können, für die das Tageslicht die Vernichtung bedeutet. Eine Woche nachdem Montoya seinen Hauptdarsteller für das Projekt gefunden hat, stirbt dieser an einer Überdosis Heroin. Weitere Todesfälle im Freundeskreis folgen. Sie sind die Geister, die durch den Film wandeln, der letztlich entstanden ist. Dieser bewahrt sich einen dystopischen Charakter, doch die Gefahren, von denen er erzählt, sind ganz real: Sie gehören für diese jungen Leute zum Alltag in einem Medellín, das immer noch tief im Schatten von Pablo Escobar steht, und in dem die Suche nach Lebenslust und menschlicher Wärme durch labyrinthische Abgründe führt.
Carolin Weidner

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Theo Montoya
Buch
Theo Montoya
Kamera
Theo Montoya
Schnitt
Matthieu Taponier, Delia Oniga, Theo Montoya
Produktion
Theo Montoya, Juan Pablo Castrillón, Bianca Oana, David Hurst
Co-Produktion
Balthasar Busmann, Maximilian Haslberger
Ton
Eloisa Arcila Fernandez, Estephany Cano
Sound Design
Marius Leftărache, Victor Miu
Musik
Vlad Feneșan, Marius Leftărache
Ausgezeichnet mit: Goldene Taube (Internationaler Wettbewerb)
Media Name: 3177325d-0c9a-46ee-8175-41265ec63959.jpg

Anxious Body

Fuan na karada
Yoriko Mizushiri
Internationaler Wettbewerb Kurzfilm 2021
Animationsfilm
Frankreich,
Japan
2021
6 Minuten
Englisch
Untertitel: 
Keine

Tzssssidd – beinahe genussvoll langsam trennen sich Haut und Klebeband. Nüchtern physikalisch betrachtet, werden Kräfte zwischen Molekülverbänden überwunden. Yoriko Mizushiri komponiert aus diesem Phänomen kurze, hochsinnliche Variationen über Schmerz und Lust. Zurückhaltend, ruhig und Skalpell-scharf geht sie dabei vor. Ihre flächige, farbreduzierte Zeichenanimation und die begleitenden kühlen elektronischen Klänge explodieren erst im Kopf und streuen dann in den bangen, aber neugierigen Körper.

André Eckardt

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Yoriko Mizushiri
Produktion
Emmanuel-Alain Raynal, Pierre Baussaron, Nobuaki Doi / New Deer
Filmvertrieb
Luce Grosjean
Media Name: 2eeb26df-3773-4d34-8a7a-837a06c471ff.png

Atomu

Atomu
Shariffa Ali, Yetunde Dada
Extended Reality 2021
-
Frankreich,
Kenia,
USA,
UK
2020
12 Minuten
Englisch

Der Mugumo, der kenianische Feigenbaum, steht in der Mythologie der Kikuyu-Community für Transformation und Wiedergeburt. Die Multiplayer-VR-Erfahrung lädt uns ein, einem heiligen Ritual beizuwohnen: Beim Tanz um den Mugumo kann ein Mann zur Frau und eine Frau zum Mann werden. Wir begleiten Waicici, eine Person ohne Geschlecht, auf der Suche nach der ehrlichsten Version ihrer selbst.

Lars Rummel

Credits DOK Leipzig Logo

Produktion
Antoine Cayrol, Steve Jelly
Co-Produktion
Steve Jelly, Arnaud Colinart, Opeyemi Olukemi, Rafael Pavon, Annick Jakobowicz, Simon Windsor
Produktionsfirma
POV Spark, France Télévisions, Dimension, Atlas V
Choreografie
Stephen Buescher
Key Collaborator
Andrew Orkin, Banna Dasta, Toby Coffey, Steve Jelly, Simon Windsor, Akash Kushwaha, Annick Jakobowicz, Stephen Buescher, Opeyemi Olukemi, Arnaud Colinart, Rafael Pavon, Antoine Cayrol, Derren Sinnott
Regie
Shariffa Ali, Yetunde Dada
Filmstill Beauty and the Lawyer

Beauty and the Lawyer

Beauty and the Lawyer
Hovhannes Ishkhanyan
Internationaler Wettbewerb Dokumentarfilm 2023
Dokumentarfilm
Armenien,
Frankreich
2023
105 Minuten
Armenisch
Untertitel: 
deutsche Untertitel für Menschen mit eingeschränkter Hörfähigkeit, Englisch

Am Anfang des Films steht die Heirat von Garik und Hasmik, am Ende ein geschmückter Baum für das erste Weihnachtsfest, das der Sohn der beiden erlebt, im neuen, vom Vater selbst gebauten Haus. Zwischen diesen Fixpunkten einer familialen Bürgerlichkeit ist nichts so heteronormativ, wie es diese Klammer und wie es vor allem der politische und religiöse Mainstream in Armenien erwarten lassen.

Hasmik setzt sich als Anwältin für LGBTQIA+-Rechte ein, ihr Mann ist als Drag-Performer Carabina in den Medien präsent, betreibt Sexarbeit und macht in einer autobiografischen Theaterperformance sein Leben in einem queerphoben Umfeld zum Thema. Der Film, aus freundschaftlicher Nähe entstanden und immer einen Schritt hinter der wilden Energie von Garik/Carabina zurück, wirft einen prekären, rauen, aber auch utopisch gefärbten Blick in aktuelle gesellschaftliche Kämpfe. Normalitätssehnsucht, Emanzipation und Verantwortungsbewusstsein sehen sich – manchmal ohnmächtig und ungeschützt – gewalttätiger Diffamierung ausgesetzt. TV-Bilder zeigen den Eifer, mit dem man versucht, Homosexuelle und trans Menschen als „unarmenisch“ zu konstruieren. Carabina dagegen, in einem Moment der Ruhe, beim Verputzen des Hauses, die Mörtelkelle in der Hand, lässt einen Song von Charles Aznavour laufen, dessen Familie aus Armenien kam – „What Makes a Man?“

Jan Künemund

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Hovhannes Ishkhanyan
Kamera
Hovhannes Ishkhanyan
Schnitt
Wei-Yuan Song
Produktion
Jean-Marie Gigon
Co-Produktion
Hovhannes Ishkhanyan
Sound Design
Thomas Fourel
-
Hasmik Petrosyan, Garik Amolikyan
Ausgezeichnet mit: Silberne Taube Langfilm (Internationaler Wettbewerb Dokumentarfilm)
Seelendinge 2022
Filmstill Bird in the Peninsula
Bird in the Peninsula Atsushi Wada
Ein Vogel mit Schwanenhals, der sich in Hände schmiegt, eine Halbinsel der Sehnsucht, sanft bewaldet: Atsushi Wada’s Traum- und Schamlogik eines geschlechtlichen Erwachens.
Filmstill Bird in the Peninsula

Bird in the Peninsula

Hantō no tori
Atsushi Wada
Seelendinge 2022
Animationsfilm
Frankreich,
Japan
2022
16 Minuten
ohne Dialog
Untertitel: 
Keine

Ein Junge, ein Mädchen, ein Vogel mit sich in Hände schmiegendem Schwanenhals, eine sanft bewaldete Halbinsel der Sehnsucht: Atsushi Wada’s in uniformen und unifarbenen Motiv- und Ereignisketten entwickelte, fast sprachlose Animation folgt der Traum- und Schamlogik eines geschlechtlichen Erwachens. Traurigkeit liegt über den rundlich-kindlichen Figuren, vielleicht die eines ersten „kleinen Todes“.

Sylvia Görke

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Atsushi Wada
Schnitt
Atsushi Wada
Produktion
Emmanuel-Alain Raynal, Pierre Baussaron, Nobuaki Doi
Sound Design
Masumi Takino
Musik
Mio Adachi
Animation
Atsushi Wada, Chikako Iwasaki, Margot Barbé, Marilou Soller, Josselin Facon
Filmstill Bye Bye Tiberias

Bye Bye Tiberias

Bye Bye Tibériade
Lina Soualem
Publikumswettbewerb 2023
Dokumentarfilm
Frankreich,
Palästina,
Belgien,
Katar
2023
82 Minuten
Französisch,
Arabisch
Untertitel: 
Englisch

Die in Frankreich lebende Schauspielerin Hiam Abbass ist einer der größten Filmstars aus dem Nahen Osten. Sie übernahm Hauptrollen in den prämierten Filmen des israelischen Regisseurs Eran Riklis, spielte in Steven Spielbergs „München“ und kürzlich im US-Serienhit „Succession“. Sie saß in der Jury der großen Festivals in Cannes und Berlin, stellte ihr eigenes Regiedebüt in Venedig vor. Sie ist aber auch: Mutter, Tochter und Schwester in einer großen palästinensischen Familie voller tatkräftiger Frauen. In dieser realen Rolle tritt sie im Werk ihrer Tochter Lina Soualem vor die Kamera und reist zurück in ihren Heimatort Deir Hanna im Norden von Israel – ein arabisches Dorf im jüdischen Staat.

„Öffne nicht das Tor zu vergangenen Sorgen“, zitiert die Regisseurin eine Art Dogma ihrer Verwandten. Es bezieht sich unter anderem auf die traumatische Vertreibung der Familie aus Tiberias, der Stadt am See Genezareth, im Palästinakrieg von 1948. Doch Soualem öffnet mit ihrer Konfrontation der familiären Geschichte auch Tore zu vergangenen Freuden und vermeintlich abgelegten Identitäten. Zwischen Home-Videos, historischen Archivaufnahmen, Fotos und Briefen zeigt Abbass eine berührende und nahbare Leinwandpräsenz in der Rückbesinnung auf ihre Wurzeln. Der lange Schatten der eigenen Herkunft fällt auch auf eine Frau von Welt.

Jan-Philipp Kohlmann

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Lina Soualem
Buch
Lina Soualem, Nadine Naous, Gladys Joujou
Kamera
Frida Marzouk
Schnitt
Gladys Joujou
Produktion
Jean-Marie Nizan
Co-Produktion
Guillaume Malandrin, Ossama Bawardi
Ton
Ludovic Escallier, Lina Soualem
Sound Design
Julie Tribout, Benoit Biral, Rémi Durel
Musik
Amine Bouhafa
Filmvertrieb
Anna Berthollet
Redaktion
Rasha Salti
Media Name: 0d1f38ea-94d8-4963-b890-69e121d8cb82.jpg

Ceuta’s Gate

Bab Septa
Randa Maroufi
Animation Perspectives 2021
Dokumentarfilm
Frankreich,
Marokko
2019
19 Minuten
Spanisch,
Arabisch
Untertitel: 
Englisch

In Randa Maroufis performativer Rekonstruktion wirkt zunächst alles aufgeräumt. Fein sortiert stehen Autos Schlange, schnüren Händlerinnen ihr Gepäck. Vor dem eintönig-grauen Hintergrund wirken die Szenen schematisch wie ein Anleitungsplan, auf dem sich plötzlich alles grafisch verdichtet. Alltag an der Grenze zwischen der spanischen Exklave Ceuta und Marokko, über die illegal Waren wandern.

André Eckardt

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Randa Maroufi
Buch
Randa Maroufi
Kamera
Luca Coassin
Schnitt
Randa Maroufi, Ismael Joffroy Chandoutis
Produktion
Saïd Hamich
Ton
Mohamed Bounouar, Léonore Mercier