Das Langfilmdebüt der argentinischen Regisseurin Agustina Pérez Rial über die neunte Ausgabe des Internationalen Filmfestivals in ihrer Heimatstadt Mar del Plata aus dem Jahr 1968 scheint auf eine selten ausgewogene Art das Urdilemma des dokumentarischen Erzählens zu lösen. In einer beeindruckend gelungenen Montage des Archivmaterials wird eine Geschichte konstruiert, die – so die Regisseurin selbst – zwar nicht unbedingt wahr, aber realistisch sei.
Historische Schwarz-Weiß-Fotografien von bestechender Schönheit, Filmaufnahmen aus unterschiedlichsten Quellen und Dokumente aus inzwischen geöffneten Archiven der damaligen Überwachungsbehörden werden durch einen vermeintlichen Zeuginnenbericht – de facto eine weibliche Stimme aus dem Off – konterkariert. Subtil und klug beherrscht Pérez Rial die filmischen Mittel und zieht dabei alle Register: Dokumentarisches und Fiktion, Historie und Gegenwart, Ästhetisches, Wissenswertes und Anekdotisches. Die genau recherchierten Fakten fördern einerseits eine in Vergessenheit geratene Mikrofacette des Kalten Krieges samt Militarisierung, Verfolgung und Paranoia zutage. Andererseits zeigen sie ein Filmfestival als Umschlagplatz von Ideologien und beschreiben es als einen hochpolitisierten Ort. Dadurch eröffnen sich unerwartete Reflexionsräume für die Rolle, die einer solchen Kulturveranstaltung zufällt – historisch wie aktuell.
Borjana Gaković