Opulent, verspielt und bisweilen heiter erzählt Youlian Tabakow in seinem Debut die wechselvolle Lebensgeschichte einer Bulgarin, die drei politische Systeme erlebt hat: Die Monarchie, den Sozialismus und das Heute. Dem Regisseur kommt zu Gute, dass er Kostüm und Design studiert hat. Davon inspiriert, vermag er das dokumentarische Material so mit Passagen von Animationen und Inszenierungen zu verweben, dass es sich in einen Strom phantasievoller und überraschender Bilder verwandelt.
Seine Großmutter Swetanka Goschewa, Jahrgang 1926, entstammt einer reichen Kaufmannsfamilie, die ihr den Besuch einer privilegierten Schule in Sofia ermöglichte. Aber gerade dieser bürgerliche Hintergrund wird ihr nach dem Krieg zum Verhängnis. Ihre Eltern kommen als Feinde der Partei ins Gefängnis, der Vater wird sich davon nie erholen. Nur durch viel Glück gelingt es ihr, zum Studium zugelassen zu werden. Sie wird Ärztin, erfährt jedoch viele Demütigungen und Behinderungen in der Arbeit. Dennoch bleibt sie im Land, obwohl sie Möglichkeiten gehabt hätte, im Ausland zu bleiben. In der Krankheit ändern sich die Menschen, sagt sie. Ihr letzter Arbeitstag ist ironischerweise der 10. November 1989, der Tag an dem Todor Schiwkow gestürzt wird. Was folgt, nennt sich Demokratie. Swetanka bleibt politisch hellsichtig, auch wenn sie langsam ihr Augenlicht verliert. Das neue System erlebt sie als korrupt. Ursprünglich wollte sie Schauspielerin werden: in diesem Film hat die zierliche Frau einen ganz großen Auftritt.
– Cornelia Klauß