Ein Film über das Wasser. Schönheit, Kraft und Bedrohung mischen sich in den Bildern von Victor Kossakovskys neuester Arbeit: Die Ruhe des Eises am Baikalsee trügt. Unter der Oberfläche brodelt es, schmilzt es – deutlich früher als sonst. Viel zu tun für eine Gruppe von Nothelfern. Ein Auto nach dem anderen ziehen sie aus den gefrorenen Massen und bergen die Fahrer.
Eisberge versinken hier im Meer, Stürme peitschen Regenfluten in Florida an Land, ganze Ozeane stürzen den Salto Ángel in Venezuela hinunter. 40 Jahre nach seinen Anfängen als Filmemacher, 30 Jahre nach seinem Abschluss an den Höheren Kursen für Drehbuch und Regie in Moskau und rund sieben Jahre nach seinem Dokumentarfilm „Vivan Las Antipodas!“, der den Globus in geografischen Gegensätzen durchmaß, hat Victor Kossakovsky einen weiteren Film gedreht, der die Landschaften der Welt zu seinen Protagonisten erhebt. „Aquarela“ zeigt Gewässer aus aller Welt, in all ihren Erscheinungsformen, in all ihren sich wandelnden, von vergleichsweise winzigen Temperaturunterschieden bedingten Aggregatzuständen. Die Kamera kartografiert auf Booten, taucht unter die Oberflächen, erhebt sich in die Luft, um die Weite des Raumes zu erfassen. Kossakovsky komponiert zu Heavy-Metal-Musik eine visuelle Symphonie der Urgewalten. Die mächtigen Bilder gebieten Ehrfurcht. Staunen flutet wie die Gischt von der Leinwand.
Fabian Tietke