Über den Barockmaler Diego Velázquez heißt es, er habe nicht Figuren, sondern die Luft und das Licht zwischen ihnen gemalt. Über diesen Film könnte man sagen, dass eben nicht Velázquez‘ überlebensgroßes Gemälde „Las Meninas“ sein Gegenstand sei, sondern der bohrende Blick, mit dem es auf seine Betrachter zurückschaut. Rund um die vielen klugen Köpfe, die sich hier zum Künstler und zum vertrackten Aufbau der Bildkomposition äußern, traumwandelt die Schaulust höchstselbst.
„Gemälde sind keine Filme, sondern eben Gemälde“, insistiert die Kunstkritikerin und -historikerin Svetlana Alpers. Natürlich hat sie damit recht – und doch auch wieder nicht. Sie gehört zu den renommierten Talking Heads, die Regisseur Andrés Sanz Vicente zum Verhör bittet, um ein Verbrechen aufzuklären. Aber wer oder was ist eigentlich gestorben? Vielleicht die Fähigkeit zu sehen, wie Alpers behauptet? Diego Velázquez‘ Gemälde setzt sich seit etwa 400 Jahren den Augen seines Publikums, den Analysen seiner wissenschaftlich avancierten Kritiker aus, die sich darüber den Kopf zerbrechen, wer auf der Leinwand warum durch welche Tür tritt. „The Painting“ ist eine Fortsetzung dieser Bild-Augen-Begegnung mit den Mitteln des Kinos. Die Luft und das Licht zwischen dem Konkreten und seiner vor Leidenschaft glühenden Aura werden gebannt. Darin, aber nur darin kann ein Gemälde eben doch auch Film sein.
Sylvia Görke