Murmuration
Die Stare kreisen in Schwärmen über dem Altersheim. Murmurationen nennt man diese beeindruckenden Naturschauspiele, die von fern wie ein kollektives Murmeln klingen. Nicht alle hören oder sehen sie, aber der alte Mann nimmt sie wahr. Manchmal entsenden die Stare einen einzelnen zwitschernden Boten vor sein Fenster. Oft sind die Vögel für ihn präsenter als seine Mitmenschen, präsenter als der alte demente Heimkollege, der regelmäßig ein Blumenstillleben wässert, präsenter als die Heimnachbar*innen im Freizeitchor. Und dann passiert es: Der alte Mann findet die erste Feder im Haar, darauf eine zweite, schließlich mehrere. Bald wächst ihm ein Schnabel, sodass er statt singen nur mehr krächzen kann.
Der letzte Lebensabschnitt, dem wir hier beiwohnen, ist liebevoll animiert: Die Puppenanimation wurde mit Mullbinden gestaltet – eine schöne Annäherung an die Verletzlichkeit, die dem Älterwerden anhaftet. Der hier gezeigte Abschied vom Leben kommt ganz ohne Pathos aus, sogar ohne jene überinszenierte Trauer, die man von vielen Todeserzählungen kennt. Selbst das Altersheim ist ein völlig banaler, wertfrei porträtierter Ort. Stattdessen verfolgen wir dieses Tschüss-Sagen im Fiedergewand als eine leise, aber zunehmende Entfremdung von der Welt, ein Nicht-mehr-Dazugehören. Und irgendwann wachsen uns allen die dazu passenden Flügelschwingen.
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