Natchez
Es war einmal eine Stadt am Ufer des Mississippi. Neoklassizistische Häuser aus der Antebellum-Ära säumen noch heute die Straßen, Pferdekutschen voller Tourist*innen sind unterwegs, auf einer Truckladefläche spielt ein fahrender Organist. In Natchez scheint die Zeit stehen geblieben. Doch während die Nachfahrinnen der europäischen Kolonist*innen ihre aus aller Welt herbeiströmenden Gäste in historischen Reifröcken als Reinkarnationen der „Southern Belle“ begrüßen und mit Südstaatennostalgie verköstigen, beginnt die Fassade zu bröckeln. Aufgebaut auf den Schultern von Kindern, Frauen und Männern in Ketten, entstand hier Mitte des 19. Jahrhunderts das Epizentrum des Baumwollkapitalismus und mit 750.000 Schwarzen Ausgebeuteten der zweitgrößte Sklav*innenmarkt in den USA.
In der weiß-gewaschenen Geschichtsversion kommt dieser Teil des ehemaligen „Cotton Kingdom“ fast gar nicht vor. Im Gegenteil trieft sie nur so vor Romantisierungen und rassistischen Klischees. Doch Menschen wie der Schwarze Pastor und Tourguide Rev brechen diese Tradition und lassen die nostalgisch-verklärte Illusion einer heilen Welt zerplatzen. Suzannah Herbert inszeniert den Zusammenstoß verschiedener Perspektiven und Charaktere mit unbestechlichem Blick für direkte oder indirekte Widersprüche. Zugleich legt sie eine gesellschaftliche Spaltung frei, die weit über den Mikrokosmos Natchez hinausreicht.
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axelle@cinephil.com
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