Filmarchiv

Retrospektive 2023
Filmstill Birth of Solidarity
Birth of Solidarity Bohdan Kosiński
Die Behörden entscheiden über die Zukunft der Solidarność, die Massen protestieren in den Straßen. Der Generalstreik liegt in der Luft. Für einen Moment scheint der politische Umbruch möglich.
Filmstill Birth of Solidarity

Birth of Solidarity

Narodziny Solidarności
Bohdan Kosiński
Retrospektive 2023
Dokumentarfilm
Polen
1981
29 Minuten
Polnisch
Untertitel: 
Englisch

Während drinnen die kommunistischen Behörden über die Konditionen der staatlichen Registrierung der Bewegung Solidarność entscheiden, demonstrieren draußen breite Massen vor dem Gericht. Ein Zeitdokument des Augenblicks, in dem eine beständige kulturelle Öffnung durch die Macht des Volkes nicht mehr nur Verheißung, sondern Möglichkeit schien. Zum damaligen Zeitpunkt beim Leipziger Festival „unerwünscht“.

Katharina Franck, Andreas Kötzing

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Bohdan Kosiński
Buch
Bohdan Kosiński
Kamera
Michał Bukojemski
Schnitt
Lidia Zonn
Produktion
Wytwórnia Filmów Dokumentalnych
Ton
Małgorzata Rok, Jan Kalisz
Wettbewerb Publikumspreis Kurzfilm 2020
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Bless You! Tatiana Chistova
Corona-Lockdown in Sankt Petersburg. Aufgezeichnete Anrufe bei einer Hilfe-Hotline werden zum Spiegelbild eines maroden Systems, in dem alte und schwache Menschen besonders leiden.
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Bless You!

Zdrastvuyte!
Tatiana Chistova
Wettbewerb um den Publikumspreis Kurzfilm 2020
Dokumentarfilm
Polen
2020
30 Minuten
Russisch
Untertitel: 
Englisch

Sankt Petersburger Hinterhöfe während des Corona-Lockdowns. Tatyana Chistova verschmilzt Aufnahmen der fast leeren Stadt mit den aufgezeichneten Anrufen bei einer kommunalen Hotline. Sie soll Hilfe und Rat bieten. Das Themenspektrum reicht aber von Banalem bis zu existenziellen Fragen. Vor allem ältere Menschen sind von Armut, Hunger und Vereinsamung betroffen. Chistova zeigt auf, dass in einem System, welches seine Schwächsten vernachlässigt, das Virus nicht die einzige Bedrohung ist.

Kim Busch

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Regie
Tatiana Chistova
Buch
Maciek Hamela
Kamera
Marina Levashova
Schnitt
Tatiana Chistova
Produktion
Maciek Hamela
Musik
Patryk Zakrocki
Filmvertrieb
Georg Gruber
Panorama: Mittel- und Osteuropa 2023
Filmstill Blue
Blue Weronika Szyma
Ein Ausflug zum Strand weitet sich zur Familienbeobachtung über zwei Generationen. Diese betörend minimalistische Dehnübung kommt mit wenig aus: Schwarz-Weiß und das tiefe Blau des Meeres.
Filmstill Blue

Blue

Jestem błękitem
Weronika Szyma
Panorama: Mittel- und Osteuropa 2023
Animationsfilm
Polen
2023
7 Minuten
Polnisch
Untertitel: 
Englisch

Von einem dichten, pulsierenden Blau ist das Meer, an dem Weronika Szyma ihren Film angesiedelt hat. Der angrenzende Strand und die Familie, die sich dort aufhält, sind derweil auf feingliedrige Schwarz-Weiß-Strichzeichnungen beschränkt. Ihr Minimalismus lässt das Blau umso betörender hervortreten: Mal präsentiert es sich als horizontaler Streifen, der Freiheit verspricht, aber auch Unsicherheit schürt. Mal schwappt es diagonal über die Leinwand, verschluckt das Bild für einen kurzen Moment komplett und markiert eine Zäsur. Und Zäsuren gibt es so einige, denn die sieben Filmminuten umspannen die Geschichte gleich mehrerer Generationen.

Einmal verschwindet der Vater, und die Mutter und ihre erwachsen werdende Tochter sind ganz auf sich allein gestellt. Sie lernen, den Verlust zu begreifen, geben einander Halt, lassen Gesten der Distanz zu Gesten der Zuneigung werden. Bis das Vertrauen gewachsen ist, wieder von vorn anzufangen. Unveränderlich bleibt hier nur das Blau des Meeres.

Felix Mende

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Weronika Szyma
Buch
Weronika Szyma
Schnitt
Filip Dziuba
Produktion
Piotr Furmankiewicz, Mateusz Michalak
Co-Produktion
Weronika Szyma
Ton
Tomasz Sierpiński
Animation
Weronika Szyma
Internationaler Wettbewerb 2021
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Bucolic Karol Pałka
Romantisch ist das Landleben, wie es Karol Pałka zeigt, nur bedingt: zwei Frauen, ein marodes Haus, die Erde nass, die Kleidung schmutzig. Ein eigenwilliger Besuch in der Einöde.
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Bucolic

Bukolika
Karol Pałka
Internationaler Wettbewerb 2021
Dokumentarfilm
Polen
2021
70 Minuten
Polnisch
Untertitel: 
deutsche Untertitel für Menschen mit eingeschränkter Hörfähigkeit, Englisch

Danusia und Basia sind Mutter und Tochter. Und sie bestreiten das Leben, welches Regisseur Karol Pałka als ein ultimativ abgeschiedenes präsentiert, gemeinsam. Fernab jeglichen Komforts vergehen die Jahreszeiten, kommt ein Geistlicher zu Besuch, waten die Frauen im Schlamm und halten an ihren Gewohnheiten fest. Doch Basia bewegt sich, unbeobachtet von Danusia, auf eigenen Nebenstraßen, die in andere Richtungen weisen.

Die nächste Stadt scheint Lichtjahre entfernt. Zurückgezogen leben Danusia und ihre Tochter Basia in einem maroden Haus auf dem Land. Die Wohnräume sind mit Blumenarrangements geschmückt, dazwischen immer wieder Devotionalien. Mutter und Tochter pflegen ihre Verbindung zum Übernatürlichen, sei es in Form eines strengen Katholizismus oder kleiner Rituale in der Natur. In einer Szene etwa tanzt Basia wie eine Hexe um ein Feuer. Sie ist es auch, die wiederholt den Kontakt zur Außenwelt sucht. Dann sehen wir sie mit einem Handy. Die Person am anderen Ende bleibt jedoch ungreifbar, kann oder will den Bann, der um das Mutter-Tochter-Gespann liegt, nicht überschreiten. Es ist eine dichte, gleichsam verlassene Welt, die Karol Pałka in seinem Debüt in düsteren, verschatteten Bildern inszeniert. Erst mit Einsetzen des Frühlings hellen sie auf. Doch selbst dann hallt das dramatische Eröffnungsstück, „Specially for You“ der ukrainischen Band DakhaBrakha, noch nach.
Carolin Weidner

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Karol Pałka
Buch
Karol Pałka
Kamera
Karol Pałka
Schnitt
Katarzyna Boniecka
Produktion
Karolina Mróz, Wojciech Marczewski
Co-Produktion
National Film Archive – Audiovisual Institute
Ton
Piotr Knop, Anna Rok
Filmvertrieb
Marcella Jelic
Ausgezeichnet mit: Silberne Taube (Internationaler Wettbewerb)
Wettbewerb Publikumspreis 2021
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The Balcony Movie Paweł Łoziński
Paweł Łoziński stellte zwei Jahre lang seine Kamera auf dem Balkon auf und kam von dort oben mit den Menschen ins Gespräch, die vorbeigingen. Eine faszinierende Versuchsanordnung.
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The Balcony Movie

Film balkonowy
Paweł Łoziński
Wettbewerb um den Publikumspreis 2021
Dokumentarfilm
Polen
2021
100 Minuten
Polnisch,
Russisch
Untertitel: 
Englisch

Die ganze Welt, eingefangen auf einem etwas tristen Gehweg in Warschau. Regisseur Paweł Łoziński stellte sich zwei Jahre lang mit der Kamera auf den Balkon seiner Wohnung und beobachtete von dort oben die Menschen, die unten vorbeigingen. Jene, die er sah und zum Reden brachte, sind jung und alt, Nachbarn oder einfach Passanten. Der Filmemacher spricht sie an, stellt Fragen, hört zu und schafft einen Raum für Gespräche, wie es sie zwischen Unbekannten selten gibt.

Wie reagieren Vorbeigehende, wenn sie vom Balkon aus gefilmt und von oben herab angesprochen, aufgehalten werden? Gehen sie kopfschüttelnd weiter? Oder lassen sie sich auf den Dialog ein? Dieser Ort und diese herbeigeführte Gelegenheit scheinen perfekt zu sein, um einen Film zu drehen, der seine eigenen Prämissen reflektiert. Denn offenbar haben Menschen ein ziemlich großes Bedürfnis, aus dieser ungewöhnlichen Position heraus von sich zu erzählen. Ob in Eile oder schlendernd, fröhlich oder nachdenklich, posierend oder ganz natürlich: Alle zufällig ins Blickfeld geratenden Beteiligten offenbaren etwas Besonderes. Jede Begegnung, so ungeplant sie ist, entpuppt sich als einzigartig. Manche Erwartung an einen bestimmten Typ Mensch wird enttäuscht, denn in Schubladen lässt sich kaum jemand stecken. Łozińskis Versuchsanordnung lädt zum Innehalten ein, zum Warten, bis die Welt in den Kamerawinkel tritt.
Lina Dinkla

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Paweł Łoziński
Buch
Paweł Łoziński
Kamera
Paweł Łoziński
Schnitt
Paweł Łoziński, Piasek & Wójcik
Produktion
Paweł Łoziński, Agnieszka Mankiewicz, Izabela Lopuch
Ton
Paweł Łoziński, Franciszek Kozłowski
Musik
Jan Duszyński
Filmvertrieb
Katarzyna Wilk
Ausgezeichnet mit: MDR-Filmpreis