Filmarchiv

Internationaler Wettbewerb 2021
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Father Wei Deng
Großvater Wahrsager, Vater Bauunternehmer, Sohn Filmemacher: Ein Generationenporträt über Tradition und Veränderung, Gewalt und Entfremdung in der chinesischen Gesellschaft.
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Father

Ye ye he fu qin
Wei Deng
Internationaler Wettbewerb 2021
Dokumentarfilm
China
2020
97 Minuten
Chinesisch
Untertitel: 
Englisch

„Wenn ich tot bin, zeig deinen Film auf meiner Beerdigung!“ Zuogui, Großvater des Regisseurs, ist 86 und seit Kindheitstagen blind. Der Beruf des Wahrsagers war für ihn ein Ausweg aus der Armut. Noch immer bitten ihn Menschen um Auskunft, auch sein Sohn Donggu, ein Bauunternehmer: „Papa, wie ist mein Schicksal im nächsten Jahr?“ In seinem Generationenporträt über Vater und Großvater erzählt Wei Deng von Tradition und Veränderung, Gewalt und Entfremdung in der chinesischen Gesellschaft.

Blasse Grautöne und schwache Lichtquellen schaffen eine Atmosphäre, die den düsteren Erinnerungen an Hungersnöte, verstorbene Geschwister und die gewaltsam durchgesetzte Ein-Kind-Politik zu entsprechen scheint. Nah bleibt die Kamera am Großvater, wenn er sich an der Fassade seiner Wohnung entlangtastet. Die Orientierung in der eigenen Umgebung ist schwieriger geworden, seit Donggu das alte Haus abreißen und ein neues errichten ließ. Mit dem modernen China, das für Wirtschaftsboom und Prosperität stehen will, kann Zuogui wenig anfangen. Erst als ein weiteres Bauprojekt seines Sohns zu scheitern droht, vor dem der Wahrsager gewarnt hatte, scheint wieder Zuneigung zwischen beiden möglich.
Jan-Philipp Kohlmann

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Regie
Wei Deng
Kamera
Wei Deng
Schnitt
Wei Deng
Produktion
Wei Deng
Nominiert für: FIPRESCI Preis, Preis der Interreligiösen Jury
Ausgezeichnet mit: Goldene Taube (Internationaler Wettbewerb)
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Fati’s Choice

Le choix de Fati
Fatimah Dadzie
Internationaler Wettbewerb 2021
Dokumentarfilm
Ghana,
Südafrika
2021
45 Minuten
Englisch
Untertitel: 
Englisch

Ein Strand erinnert an Fatis jüngste Vergangenheit. Über den Seeweg kam sie nach Italien, ohne Papiere, zum fünften Mal schwanger. Aus Sehnsucht nach den Kindern kehrte sie sechs Monate später – ohne Mann – nach Ghana zurück. Ihr Umfeld kann diese Entscheidung nicht verstehen. „Du hast Mist gebaut“, sagt eine Freundin. „Was erzähle ich den Leuten?“, fragt eine Schwester. Doch Fati will für ihre Familie sorgen. Auch wenn sie drei der Kinder noch aus der Obhut der Schwiegereltern befreien muss.

Widmen sich zahlreiche Dokumentarfilme der letzten Jahre den Erfahrungen von Menschen, die in der EU ankommen und in die unwürdigen Verhältnisse der Asylpolitik geraten, zeigt die Arbeit der ghanaischen Regisseurin Fatimah Dadzie einen Perspektivwechsel. In Fatis Heimatort gilt Europa als Paradies – und welcher Dummkopf würde von dort schon freiwillig abhauen? Ihr Prestige hat die Rückkehrerin damit verloren. Die soziale Ausgrenzung zeigen ihre Angehörigen hier als Talking Heads direkt vor der Kamera. Wenn der Film hingegen Fatis Voiceover über Alltagsbilder von Care-Arbeit und Straßenverkauf legt, verleiht er der standhaften Protagonistin seine Stimme.
Jan-Philipp Kohlmann

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Regie
Fatimah Dadzie
Buch
Fatimah Dadzie
Kamera
Yao Ladzekpo
Schnitt
Gloria Adotevi
Produktion
Don Edkins, Tiny Mungwe
Co-Produktion
Hamid Yakub
Ton
Kofi Sefa
Musik
Tito Marshall Gomez
Filmvertrieb
Bérénice Hahn
Animation und Musique Concrète 2021
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Five Film Exercises – Film 1 John Whitney, James Whitney
Ein Schlagpendel schreibt direkt auf die Filmtonspur und produziert so analoge elektronische Bleeps und Bits. In farbig wechselndem Licht verändern Schatten ihre Gestalt.
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Five Film Exercises – Film 1

Five Film Exercises – Film 1
John Whitney, James Whitney
Animation und Musique Concrète 2021
Experimentalfilm
USA
1943
5 Minuten
ohne Dialog
Untertitel: 
Keine

Die Whitney-Brüder sind Pioniere der abstrakten Animation. 1943/1944 experimentierten sie in fünf Filmetüden mit modernistischen Formen und einem eigenen Apparat, der mittels Schlagpendel direkt auf die Filmtonspur schrieb. Zu den so entstandenen analogen elektronischen Bleeps und Bits bewegen sich in farbig wechselndem Gegenlicht Schablonen im Raum. Ihre Schatten verändern ihre geometrische Gestalt.

Cornelia Friederike Müller aka CFM

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Regie
John Whitney, James Whitney
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Flammes

Flammes
Patrick Bokanowski
Animation und Musique Concrète 2021
Experimentalfilm
Frankreich
1998
4 Minuten
ohne Dialog
Untertitel: 
Keine

Dunkle, perkussive Klänge rufen anthropomorphe Wesen an. Sie leben in kurzen tänzerischen Etüden auf. Optisch manipuliert, dehnen sie sich zu hageren Formen, fächern sich tausendlagig wie exotische Tiere auf, zerlaufen zu abstrakten Gemälden. Sie sind reine Lichtwesen: flüchtig, immateriell. Das rhythmische Klangmotiv färbt mit mal prägnanten, mal gehauchten Variationen ihre Bewegungen ein.

André Eckardt

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Regie
Patrick Bokanowski
Buch
Patrick Bokanowski
Kamera
Daniel Borenstein
Schnitt
Eric Castera, Patrick Bokanowski
Produktion
Patrick Bokanowski
Musik
Michèle Bokanowski
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Flee

Flugt
Jonas Poher Rasmussen
Wettbewerb um den Publikumspreis 2021
Dokumentarfilm
Dänemark,
Frankreich,
Schweden,
Norwegen
2021
86 Minuten
Dänisch,
dari,
Russisch,
Englisch
Untertitel: 
Englisch

Amin konnte viele Jahre nicht über seine Fluchterfahrung sprechen. Erst jetzt findet er den Mut und öffnet sich seinem Schulfreund, dem Filmemacher Jonas Poher Rasmussen. Seit seiner frühesten Kindheit war Amins Leben geprägt von politischen Unruhen in seinem Geburtsland Afghanistan und bald auch vom Erwachsenwerden ohne ein stetes Zuhause. Seine schmerzhaften Erinnerungen werden in eindrücklichen Animationen dargestellt und mit dokumentarischem Material verwoben.

Dass eine Flucht nicht von Punkt A nach Punkt B verläuft und dann einfach endet, ist keine neue Erkenntnis. Wie steinig und verworren es sich tatsächlich gestaltet, zeigt sich an Amins Geschichte, die von Afghanistan über Russland, Estland und einige andere Stationen nach Dänemark führt. Erst als sein Leben mit bevorstehender Hochzeit und guter Karriere in sicheren Bahnen verläuft, findet er die Kraft zu berichten, was er durchmachen musste, um heute dort zu sein, wo er ist. In einem fast psychoanalytisch anmutenden Setting erzählt der Protagonist – im Liegen – von seiner Vergangenheit. Die Narration bewegt sich spiralförmig zwischen Damals und Heute und ermöglicht immer wieder Atempausen zwischen den traumatischen Eindrücken, die durch ergreifende Animationen fast körperlich spürbar werden. Nicht von ungefähr kommt, dass „Flee“ bereits mehrfach preisgekrönt ist und schon jetzt als ein „instant classic“ gilt.
Kim Busch

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Regie
Jonas Poher Rasmussen
Buch
Jonas Poher Rasmussen, Amin
Schnitt
Janus Billeskov Jansen
Produktion
Monica Hellström, Charlotte De La Gournerie, Signe Byrge Sørensen
Musik
Uno Helmerson
Animation
Kenneth Ladekjær
Filmvertrieb
Shoshi Korman
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Floralia III

Floralia III
Sabrina Ratté
Animation und Musique Concrète 2021
Experimentalfilm
Kanada
2021
4 Minuten
ohne Dialog
Untertitel: 
Keine

Eine Vitrine zeigt ein Stück Erdreich mit Pflanzen – plastisch, aber doch nur digitales Abbild. Der Ton verrät einen sterilen Ausstellungsraum. Mit dem Einsetzen von Waldgeräuschen lösen sich Stiele, Blätter und Blüten in Partikel und Schichten auf. Wie aus einem Koma erwacht, flammt eine organische Rebellion auf, ein kurzzeitiges Aufbegehren gegen die technisch perfekte Simulation von Natur.

André Eckardt

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Regie
Sabrina Ratté
Produktion
Sabrina Ratté
Ton
Andrea-Jane Cornell
Musik
Sabrina Ratté
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Fluid Life

Život na vodě
Zora Čápová
Wettbewerb um den Publikumspreis Kurzfilm 2021
Dokumentarfilm
Tschechische Republik
2020
6 Minuten
Tschechisch
Untertitel: 
Englisch

Alles plätschert in dieser poetischen Porträtskizze: der Regen aufs Dach, der Hund in der Pfütze, die Enkel im Planschbecken und die Protagonistin in der Moldau. Eine Frau mittleren Alters hat ein Frachtschiff liebevoll zum Hausboot umgebaut. In impressionistischer, analoger Ästhetik fängt der Film ihren neuen Alltag ein, vom Morgenkaffee im Bademantel bis zur letzten Zigarette an Deck in der Dämmerung. Sie scheint sich einen Wunsch erfüllt zu haben – ein Leben am und im Fluss.

Jan-Philipp Kohlmann

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Regie
Zora Čápová
Kamera
Tomáš Šťastný, Anna Petruželová
Schnitt
Ondřej Nuslauer
Produktion
Ondřej Šejnoha
Ton
Jáchym Vanc
Musik
Daniel Habart
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For a Fistful of Fries

Poulet frites
Jean Libon, Yves Hinant
Wettbewerb um den Publikumspreis 2021
Dokumentarfilm
Frankreich,
Belgien
2021
100 Minuten
Französisch,
Urdu,
Bengali,
Englisch
Untertitel: 
Englisch

In Belgien und Frankreich ist die Doku-Serie „Strip-Tease“ echter Kult. Die Macher der Fernsehproduktion haben nun gut zwanzig Jahre altes Material zu einem in dreckigem Schwarz-Weiß gehaltenen Krimidokumentarfilm verarbeitet. Die Brüsseler Kripo ermittelt in einem Mordfall: Eine Gelegenheitsprostituierte wurde in ihrer Wohnung umgebracht. Durch den Fund von ein paar Pommes gelingt es, dem Täter auf die Spur zu kommen. True Crime.

Kalima Sissou hieß die Tote. Schnell steht ihr Ex-Freund Alain im Zentrum der Ermittlungen, und so sehen wir in unverfälschten, rohen Bildern Inspektor Lemoine und seinen Kollegen bei der Arbeit zu: am Tatort, beim Vernehmen von Zeugen und eben auch im Kreuzverhör mit dem Hauptverdächtigen. Jean Libons und Yves Hinants schräge Mischung aus düsterem Krimi und absurder Realkomik mangelt es trotz der Ernsthaftigkeit der Vorgänge nicht an (schwarzem) Humor. Gedreht im schlichten Cinéma-vérité-Stil, beschönigt der Film nichts von dem, was er zeigt. Gestalterisches und konzeptionelles Vorbild ist natürlich die 1985 von Libon mitentwickelte Serie „Strip-Tease“, die weithin bekannt war für ihre unkonventionelle und unverblümte Art, auch heikle Themen durchaus politisch unkorrekt anzugehen. „For a Fistful of Fries“ setzt dies fort und führt ganz dicht heran an das oftmals unglaublich profane Geschehen.
Lina Dinkla

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Regie
Jean Libon, Yves Hinant
Schnitt
Anouk Zivy
Produktion
Bertrand Faivre, François Clerc
Filmvertrieb
Clémentine Hugot
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The First 54 Years – An Abbreviated Manual for Military Occupation

54 hashanim harishonot – madrikh mekutzar lekibush tzva’i
Avi Mograbi
Hommage Avi Mograbi 2021
Dokumentarfilm
Frankreich,
Finnland,
Israel,
Deutschland
2021
110 Minuten
Hebräisch,
Englisch
Untertitel: 
Englisch

Aus den archivierten Zeugnissen von „Breaking the Silence“, einer Vereinigung von Militärveteranen, sollte eine Kompilation von „Dienstvorfällen“ in den israelisch besetzten Gebieten werden. Aber Avi Mograbi gesteht: „Meine Filme neigen dazu, kompliziert zu werden, selbst wenn ich mir vornehme, sie sehr einfach zu machen.“ Er reagiert auf ein komplexes Verhängnis künstlerisch und intellektuell angemessen: komplex. Erneut tut er dies mit einer eingebauten Kommentarfunktion, in der er selbst, weißbärtig, seinem Publikum die vertrackte Lage erklärt: nicht als Sonderfall „Israel-Palästina“, sondern als bittere Standardanwendung des weltweit eingeführten aporetischen Modells „militärische Okkupation“.

Sylvia Görke

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Regie
Avi Mograbi
Buch
Avi Mograbi
Kamera
Tulik Gallon, Philippe Bellaiche
Schnitt
Avi Mograbi
Produktion
Camille Laemlé, Serge Lalou
Co-Produktion
Annie Ohayon-Dekel, Fabrice Puchault, Heino Deckert, Leila Lyytikäinen, Elina Pohjola, Farid Rezkallah, Anne Grolleron, Avi Mograbi
Ton
Avi Mograbi
Filmvertrieb
The Party Film Sales
Internationaler Wettbewerb Kurzfilm 2021
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The Fourth Wall Mahboobeh Kalaee
Ein stotternder Junge verwandelt eine iranische Küche in eine fantastische Welt, und eine ausgelassene Animation mit realen Einsprengseln ironisiert eingefahrene Familienmuster.
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The Fourth Wall

Divare chaharom
Mahboobeh Kalaee
Internationaler Wettbewerb Kurzfilm 2021
Animationsfilm
Iran
2021
10 Minuten
Persisch (Farsi)
Untertitel: 
Englisch

Ein stotternder Junge verwandelt eine iranische Küche in einen fantastischen Kosmos. Der Körper des Vaters wird zum Kühlschrank, der Bauch der Mutter zur Waschmaschine, die ein laut schreiendes Baby im Schleudergang zur Welt bringt. Auch Vögel an den Kacheln und Reinigungsmittel haben ein überraschendes Eigenleben. Die ausgelassene Animation mit realen Einsprengseln – Spiegeleier, zerbrochene Teller, Schachfiguren – entwickelt einen hintersinnigen Witz und ironisiert eingefahrene Familienmuster.

Anke Leweke

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Mahboobeh Kalaee
Buch
Mahboobeh Kalaee
Kamera
Mahboobeh Kalaee
Schnitt
Mahboobeh Kalaee
Produktion
Mahboobeh Kalaee
Ton
Hossein Ghoorchian
Musik
Hossein Ghoorchian
Animation
Mahboobeh Kalaee
Sprecher*in
Taha Asadi
Ausgezeichnet mit: mephisto 97.6-Publikumspreis