Filmarchiv

Panorama: Mittel- und Osteuropa 2023
Filmstill Valerija
Valerija Sara Jurinčić
Auf einem Inselfriedhof pflegen Frauen ein Grab. Die Beobachtung des Vorgangs löst eine experimentelle, visuell ideenreiche Reflexion über weibliche Verbindungen und verschwundene Männer aus.
Filmstill Valerija

Valerija

Valerija
Sara Jurinčić
Panorama: Mittel- und Osteuropa 2023
Dokumentarfilm
Kroatien
2023
15 Minuten
Kroatisch
Untertitel: 
Englisch

Zwei Frauen reisen mit der Fähre auf einen Inselfriedhof, um eine Grabstelle zu pflegen. Mit höchster Akribie und Ausdauer befreien sie den Stein von Moos und Kerzenwachs, waschen und schrubben jede Ritze, schneiden Blumenschmuck zurecht und stellen Lichter auf, die bei Nacht bunt blinken.

Es ist eine Trauerarbeit unter besonderen Vorzeichen, wie Sara Jurinčić bereits in einer frühen Einstellung klarstellt: Zwei Bildergalerien montiert sie da nebeneinander, eine mit männlichen und eine mit weiblichen Porträts. Die Männer verschwinden plötzlich aus ihren Fotos und somit auch von der Insel. Es bleiben die Gesichter der Frauen. Und diese Gesichter, von ihnen selbst ausgewählte Motive für die eigenen Grabsteine, sind es, die den Film dominieren, seinen experimentellen Erkundungen weiblicher Genealogie ein Antlitz verleihen. Jurinčić hüllt sie in visuelle Metaphern von außerordentlicher Vielschichtigkeit, manchmal auch ganz wortwörtlich wie im spektakulären Finale: Da legen sich die Porträts der toten über die Gesichter der lebenden Frauen – mit geisterhaftem, ebenso verstörendem wie auch erhabenem Effekt.

Felix Mende

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Sara Jurinčić
Kamera
Ivan Slipčević
Produktion
Vanja Jambolic
Filmvertrieb
Marcella Jelić
Filmstill Vika!

Vika!

Vika!
Agnieszka Zwiefka
Publikumswettbewerb 2023
Dokumentarfilm
Polen,
Deutschland,
Finnland
2023
74 Minuten
Polnisch,
Englisch
Untertitel: 
Englisch

Man stelle sich vor, der letzte Tag des Lebens wäre angebrochen. Was hält der Rückschau stand? Was stimmt zufrieden? Was ist zu bereuen? „Vika!“ ist ein Film über den Wert des Lebens und der Selbstentdeckung. Er inspiriert dazu, den eingeschlagenen Weg samt seiner Gabelungen zu überdenken und sich selbst treu zu bleiben.

Vika, die 84-jährige Hauptfigur, mehrfache Mutter und Großmutter, blickt auf eine schwierige Kindheit und viele Arbeitsjahre in einem „ordentlichen“ Beruf zurück. Mit der Pensionierung ergriff sie die Chance, sich neu zu erfinden. Sie wurde DJ und Star der Nachtclubs in Warschau. Regelmäßig versetzt ihr junges Publikum in Begeisterung. Super cool? Unangemessen für eine betagte Dame? Agnieszka Zwiefkas Porträt dekonstruiert die Grenzen zwischen „akzeptablen“ und „nicht akzeptablen“ Rollen einer Frau, die sich weigert, ihr Alter anzuerkennen. Vika möchte im Moment leben, ohne Bindung an die Vergangenheit. Zwiefka kombiniert Elemente aus Musik- und erzählendem Dokumentarfilm und erschafft eine bezaubernde, direkt zugängliche und utopische Welt. Zu Vikas Rhythmen zu tanzen, heißt sich frei zu machen von den Einschränkungen, die die Gesellschaft, das Alter und manchmal sogar die eigenen Kinder diktieren.

Victoria Leshchenko

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Agnieszka Zwiefka
Buch
Agnieszka Zwiefka
Kamera
Monika Kotecka
Schnitt
Katarzyna Orzechowska, Michał Poddębniak
Produktion
Katarzyna Ślesicka, Anna Stylińska
Co-Produktion
Heino Deckert, Tina Börner, Outi Rousu, Elena Filippini
Ton
Katarzyna Szczerba, Anna Rok
Sound Design
Pietari Koskinen
Musik
Paivi Takala
Filmvertrieb
Liselot Verbrugge
Nominiert für: MDR-Filmpreis
Publikumswettbewerb 2023
Filmstill Vista Mare
Vista Mare Florian Kofler, Julia Gutweniger
Surrealistische Beobachtungen an der italienischen Adria, wo Saisonkräfte für die Urlauber*innen schuften. Ein ungeschminkter Blick hinter die Fassade des „unbeschwerten“ Strandurlaubs.
Filmstill Vista Mare

Vista Mare

Vista Mare
Florian Kofler, Julia Gutweniger
Publikumswettbewerb 2023
Dokumentarfilm
Österreich,
Italien
2023
80 Minuten
Italienisch
Untertitel: 
deutsche Untertitel für Menschen mit eingeschränkter Hörfähigkeit, Englisch

Über eine Saison hinweg begleitet der Film die vielen Handgriffe hinter der Fassade des „unbeschwerten“ Strandurlaubs. Ein Ferienort, künstlich angelegt an der Adriaküste Italiens, ist Schauplatz dieser stoisch-surrealistischen Beobachtung. In den Großküchen der Hotels werden im Akkord Mahlzeiten zubereitet, werden Liegen und Schirme in endlosen Reihen am Strand aufgestellt, werden Leuchtbuchstaben auf Hochglanz poliert. Rund um die Uhr sind die Beschäftigten in der Urlaubsproduktion im Einsatz, unermüdlich im Auftrag der ultimativen Zerstreuung. Das Ziel: Die Gäste sollen sich bestmöglich regenerieren und dabei keinen Gedanken an die Zustände hinter den Kulissen verschwenden.

Auch wenn sich hier alles um die schönste Zeit des Jahres zu drehen scheint, steht ein offensichtlicher Widerspruch im Zentrum des Films. Wir sehen Menschen, deren Arbeit es ist, jene zu bespaßen, die sich wiederum von ihrer Arbeit zu erholen versuchen. Ein absurdes Unterfangen, ganz klar. Die Bilder von einer Demonstration für bessere Arbeitsbedingungen stören das perfekte Räderwerk nur kurz. Vielmehr wirkt der Aufmarsch dieser namenlosen Armee von Angestellten wie ein inszenierter und gut kontrollierter Ausbruch aus dem nie enden wollenden Kreislauf. Denn wenn sie es nicht machen, stehen schon Dutzende anderer bereit, um sich im Riesengeschäft Tourismus ein schmales Einkommen zu sichern.

Lina Dinkla

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Florian Kofler, Julia Gutweniger
Buch
Julia Gutweniger, Florian Kofler
Kamera
Julia Gutweniger
Schnitt
Florian Kofler, Julia Gutweniger
Produktion
Bernhard Holzhammer, Victor Kössl
Co-Produktion
Debora Nischler, Wilfried Gufler
Ton
Florian Kofler
Sound Design
Florian Kofler
Musik
Gabriela Gordillo
Filmvertrieb
Michaela Čajková
Animation Night 2023
Filmstill Voice
Voice Tess Martin
Eine dumpfe Unterwasserwelt überspült einen grellweißen Krankenhausflur. In diesem Szenario erzählt die Hauptfigur die Geschichte ihrer Vergewaltigung und wie sie ihre Stimme verlor.
Filmstill Voice

Voice

Voice
Tess Martin
Animation Night 2023
Animationsfilm
Niederlande
2019
3 Minuten
Englisch
Untertitel: 
Englisch

Eine dumpfe Unterwasserwelt, angefüllt mit unheimlichen Kreaturen, überspült einen grellweißen Krankenhausflur. Dieses Szenario bildet die Bühne für eine Erzählung über den Missbrauch einer Frau. Nach einer Vergewaltigung findet sie sich nicht nur mit den standardisierten Untersuchungen, dem Entsetzen ihres Freundes und der Entfremdung von sich selbst konfrontiert: Sie hat auch ihre Stimme verloren.

Franka Sachse

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Regie
Tess Martin
Produktion
Tess Martin
Musik
Jason Staczek
Animation
Tess Martin
Filmstill Vonfelt: Je pars

Vonfelt: Je pars

Vonfelt: Je pars
Michelle Brand
Animation Perspectives 2023
Animationsfilm
Deutschland,
Frankreich
2023
4 Minuten
Französisch
Untertitel: 
Keine

Um den Dingen entfliehen zu können, benötigt es Schwung. Vonfelt packt die dafür nötige Energie in nicht aufzuhaltende Pop-Beats und Sprachbilder. In der Kulisse aus vorbeifliegenden nächtlichen Großstadtlichtern inszeniert Michelle Brand einen erfrischend dynamischen Sog aus sich verlierenden Formen und intensiven Farben. Im Rausch der Beschleunigung lässt man sich sanft und mit einem Lächeln fallen.

André Eckardt

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Michelle Brand
Produktion
Stink Films
Musik
Vonfelt
Animation
Michelle Brand, Toby Auberg, Lisa Cruz, Camille Gibut