Filmarchiv

Filmstill Eat Bitter

Eat Bitter

Eat Bitter
Pascale Appora-Gnekindy, Ningyi Sun
Publikumswettbewerb 2023
Dokumentarfilm
Zentralafrikanische Republik,
China
2023
93 Minuten
Chinesisch,
Französisch
Untertitel: 
deutsche Untertitel für Menschen mit eingeschränkter Hörfähigkeit, Englisch

Ein Mann im Morgengrauen auf dem Fluss. Er betet, springt ins Wasser und kommt mit einem Eimer voll Sand wieder hoch. Der alleinerziehende Vater Thomas Boa schlägt sich in Bangui, der Hauptstadt der Zentralafrikanischen Republik, mühsam als Sandtaucher durch. Der Sand landet schließlich auf der Baustelle von Jianmin Luan, einem chinesischen Bauleiter, der nach Afrika ging, um beruflich aufzusteigen. Für diese Chance zahlt Luan einen Preis: Er lebt sehr einfach, wird von Stromausfällen, der Angst vor Malaria, vor Typhus und dem Bürgerkrieg geplagt. Nach Jahren im Ausland hat sich seine Familie in China von ihm entfremdet, seiner Frau geht es psychisch schlecht.

Die Regisseurinnen Ningyi Sun und Pascale Appora-Gnekindy erzählen eine Geschichte von Globalisierung, Armut und Arbeit und fragen, wie man sein Leben in Würde bestreiten kann. Statt Klischees zu perpetuieren, lernen wir zwei Männer (und ihre Familien) kennen, die Rädchen im Getriebe einer weltumspannenden Konkurrenzmaschine sind. In diesem System gibt es viel Ungleichheit, aber kaum Gewinner. Doch es gibt auch Momente, für die sich all das zu lohnen scheint: wenn Luans Frau nach Afrika kommt und plötzlich wieder Nähe entsteht, oder wenn Thomas ein Feld bestellt und endlich nach vorne schauen kann. Ein bildgewaltiger, spannender und horizonterweiternder Film, der Stereotype gekonnt umschifft.

Luc-Carolin Ziemann

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Pascale Appora-Gnekindy, Ningyi Sun
Buch
Mathieu Faure, Ningyi Sun, Pascale Appora-Gnekindy
Kamera
Orphée Zaza Emmanuel Bamoy
Schnitt
Hannah Choe, Mathieu Faure
Produktion
Mathieu Faure
Co-Produktion
Ningyi Sun, Pascale Appora-Gnekindy, Orphée Zaza Emmanuel Bamoy
Ton
Aaron Koyassoukpengo
Sound Design
Hollis Smith
Musik
Cal Freundlich Moore
Animation
Michael Kosciesza
Ausführende Produktion
Mathieu Faure, Steve Dorst
Retrospektive 2023
Filmstill One Wednesday in June – 20 Years Ago: People’s Uprising, Workers’ Revolt or Secret Services Putsch?
Ein Mittwoch im Juni – Vor 20 Jahren: Volksaufstand, Arbeiterrevolte oder Agentenputsch? Lutz Lehmann
Arbeiterrevolte oder Volksaufstand? Oder etwa doch ein westlicher Putschversuch? 20 Jahre nach dem 17. Juni 1953 sucht eine Fernsehreportage nach Antworten. Die Deutungen sind noch offen.
Filmstill One Wednesday in June – 20 Years Ago: People’s Uprising, Workers’ Revolt or Secret Services Putsch?

Ein Mittwoch im Juni – Vor 20 Jahren: Volksaufstand, Arbeiterrevolte oder Agentenputsch?

Ein Mittwoch im Juni – Vor 20 Jahren: Volksaufstand, Arbeiterrevolte oder Agentenputsch?
Lutz Lehmann
Retrospektive 2023
Dokumentarfilm
BRD
1973
60 Minuten
Deutsch
Untertitel: 
Keine

Was ist am 17. Juni 1953 in der DDR geschehen? Anhand zahlreicher Originalaufnahmen blickte der Norddeutsche Rundfunk zum 20. Jahrestag in einer ausführlichen Reportage auf die Ereignisse zurück und zeigt unterschiedliche Interpretationen und Erklärungen auf. Agentenputsch? Arbeiterrevolte? Volksaufstand? Die Deutungen waren umstritten, auch unter Zeitzeug*innen und westlichen Historiker*innen.

Katharina Franck, Andreas Kötzing

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Lutz Lehmann
Kamera
Hans Jacob
Schnitt
Elke Düring
Produktion
NDR Norddeutscher Rundfunk / German TV ARD Network
Ton
Jürgen Jannsen, Norbert Kinsky
Filmstill One Hundred Four

Einhundertvier

Einhundertvier
Jonathan Schörnig
Deutscher Wettbewerb Dokumentarfilm 2023
Dokumentarfilm
Deutschland
2023
93 Minuten
Englisch,
Deutsch
Untertitel: 
Englisch

Die tödlichste Fluchtroute der Welt fordert jedes Jahr Tausende Leben. Allein in der ersten Hälfte 2023 starben fast 2.000 Menschen im Mittelmeer, weil die Grenzpolitik der Europäischen Union systematisch geltende Rechte verletzt. Statt Schiffbrüchigen beizustehen, praktiziert Frontex illegale Pushbacks, finanziert das gewaltvolle Vorgehen der libyschen Küstenwache und geht massiv gegen private Seenotrettungsmissionen vor, die dort tätig werden, wo die EU versagt. All das ist medial belegt, und dennoch bleibt es für alle, die diese Situation noch nicht selbst erleben mussten, unbegreiflich: Wie kann man Hunderten Menschen in Todesgefahr Hilfe verweigern, die zivilen Helfenden sogar bedrohen und kriminalisieren?!

Jonathan Schörnig beschäftigte das Dilemma der mangelnden Wahrnehmung und er beschloss, eine Seenotrettung als Echtzeitdokumentation auf die Leinwand zu bringen, um zu zeigen, wie quälend lange es dauert, 104 Personen von einem sinkenden Gummiboot zu bergen. Mensch für Mensch, Schritt für Schritt begleitet der Film die Aktion mit mehreren parallelen Kameras. Mit dem Auftauchen der libyschen Küstenwache spitzt sich die Lage zu. Tagelang harren die Geretteten und die Crew auf hoher See aus, da kein Mittelmeerland ihnen erlaubt anzulegen. Erst nach einem schlimmen Sturm erbarmt sich ein Hafen. Was wie ein schlechtes Drehbuch klingt, ist tatsächlich – tägliche – Realität.

Luc-Carolin Ziemann

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Jonathan Schörnig
Kamera
Jonathan Schörnig, Johannes Filous
Schnitt
Jonathan Schörnig, Moritz Petzold
Produktion
Uwe Nitschke
Co-Produktion
Adrian Then
Ausgezeichnet mit: Dokumentarfilmpreis des Goethe-Instituts, Goldene Taube Langfilm (Deutscher Wettbewerb Dokumentarfilm), Filmpreis Leipziger Ring, ver.di Preis für Solidarität, Menschlichkeit und Fairness
Filmstill El Shatt – A Blueprint for Utopia

El Shatt – A Blueprint for Utopia

El Shatt – nacrt za utopiju
Ivan Ramljak
Internationaler Wettbewerb Dokumentarfilm 2023
Dokumentarfilm
Kroatien,
Serbien
2023
96 Minuten
Kroatisch,
Arabisch
Untertitel: 
Englisch

El Shatt in Ägypten, mitten in der Wüste, war Zufluchtsort und Projektion zugleich. Hier entstand 1944 aufgrund eines Deals der von Tito angeführten jugoslawischen Partisanen mit britischen Alliierten nicht nur ein Geflüchtetenlager für die Angehörigen der antifaschistischen Kämpfer*innen aus der Region Dalmatien. Hier entstand gleichzeitig auch ein Modell: für die spätere Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien – einen Staat, der sein Gründungsnarrativ auf den Volksbefreiungskampf gegen den Faschismus bauen und die in Kollektiven organisierte Selbstverwaltung zum gesellschaftlichen Ideal erklären würde.

Regisseur Ivan Ramljak gewährt uns einen vielschichtigen Einblick in diese längst vergessene, in der Realität durchbuchstabierte kommunistische Ur-Geschichte. Nach akribischer Recherche kombiniert er Hunderte historischer Fotografien und einige (wenige) Filmaufnahmen mit Zeitzeug*innen-Interviews. Die lebhaften Stimmen derer, die in jenen Tagen Kinder waren und heute oft über 80 sind, erzählen aus dem Off: von Überlebenskampf, Solidarität und gelebter Ideologie, von einem Alltag also, zu dem selbstorganisierte Schulen, Werkstätten, Großküchen, sogar eine Zeitung gehörten. Augenzwinkernd nimmt Ramljak den Geschichtsfaden auf und stellt seinem gekonnt geordneten Archivmaterial inszenierte Szenen mit Ensemblemitgliedern eines Theaters zur Seite, das damals in El Shatt gegründet wurde.

Borjana Gaković

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Ivan Ramljak
Buch
Ivan Ramljak
Kamera
Boris Poljak
Schnitt
Jelena Maksimović
Produktion
Tibor Keser
Co-Produktion
Iva Plemić Divjak, Mladen Kovačević, Sunčica Fradelić
Ton
Miloš Drndarević
Sound Design
Vladimir Živković
Filmvertrieb
Marcella Jelić
Nominiert für: Preis der Interreligiösen Jury, FIPRESCI Preis, MDR-Filmpreis
Extended Reality 2023
Filmstill Elele
Elele Sjoerd van Acker
Wir überlassen unsere Hände der Musik von Max Cooper. Auf einer virtuellen, hypnotischen Bühne dürfen sie tanzen: intuitiv, spielerisch oder anmutig. Hier ist alles erlaubt.
Filmstill Elele

Elele

Elele
Sjoerd van Acker
Extended Reality 2023
XR
Niederlande
2022
7 Minuten
Englisch
Untertitel: 
Keine

Inmitten einer blauviolett getönten Bergkette befinden sich die Überreste eines verlassenen Pavillons. Begleitet durch die Musik von Max Cooper, wird die Szenerie zur Bühne für eine Tanzperformance – in der unsere Hände die Hauptrollen übernehmen. Intuitiv überlassen wir sie dem Rhythmus, bewegen sie spielerisch, formen anmutige Gesten. An diesem hypnotischen Ort ist den Tänzerinnen alles erlaubt.

Lars Rummel

Credits DOK Leipzig Logo

Produktion
Firat Sezgin, Ecegül Bayram
Produktionsfirma
Institute of Time
Künstlerisches Design
Tolga Tarhan, Gamze Yavuz
Musik
Max Cooper
Regie
Sjoerd van Acker
Retrospektive 2023
Filmstill Exit
Exit Małgorzata Bieńkowska-Buehlmann
Geflüchtete aus der DDR in Warschau, kurz vor dem Fall der Mauer. Emotionale Schicksale, ungefiltert. Die Interviews gerieten in Vergessenheit und wurden erst 20 Jahre später wiederentdeckt.
Filmstill Exit

Exit

Wyjście
Małgorzata Bieńkowska-Buehlmann
Retrospektive 2023
Dokumentarfilm
Polen
1991
29 Minuten
Polnisch,
Deutsch

Kurz vor dem Fall der Mauer fliehen Zehntausende DDR-Bürger*innen in den Westen, die meisten über Ungarn. Viele stranden in den westdeutschen Botschaften von Prag und Warschau. In Polen wurden Geflüchtete aus der DDR interviewt – sie berichten offen und emotional von ihren Schicksalen. Das Filmmaterial geriet in Vergessenheit und wurde erst 20 Jahre später wiederentdeckt.

Katharina Franck, Andreas Kötzing

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Małgorzata Bieńkowska-Buehlmann
Kamera
Andrzej Adamczak
Schnitt
Katarzyna Rudnik
Produktion
Wytwórnia Filmów Dokumentalnych
Ton
Ryszard Krupa
Filmstill Extended Presences

Extended Presences

Cinzas e nuvens
Margaux Dauby
Internationaler Wettbewerb Dokumentarfilm 2023
Dokumentarfilm
Portugal,
Belgien
2023
12 Minuten
Portugiesisch (Portugal)
Untertitel: 
Englisch, deutsche Untertitel für Menschen mit eingeschränkter Hörfähigkeit

Der Blick ist fest auf den Horizont und weit entfernte Baumreihen gerichtet. Er unterscheidet natürliche von Rauchwolken. Saisonarbeit von Frauen in Portugal, hinter den Glasscheiben ihrer Feuerwachttürme observieren sie die Landschaft, das Funkgerät in Greifweite, um Waldbrände sofort nach Entdecken zu melden. Während im Korn des Analogfilms die Grenze des Sichtbaren verschwimmt, erscheinen Dina, Adriana, Ana Paula, Helena, Luisa, Cristina, Dulce, Lídia, Inês, Fátima, Francisca und Vera als Agentinnen der Antizipation, als moderne Seherinnen, deren sanftes, aber beharrliches Schauen über die brennende Welt hinausführt. Ihre männlichen Kollegen überwachen die Lage derweil auf Computerbildschirmen. Poetische Texturen des Wartens und der Wokeness. Der weibliche Weitblick ist geschärft und hat Erwartungen an die noch nicht sichtbare Zukunft.

Jan Künemund

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Margaux Dauby
Kamera
Margaux Dauby, Afonso Marmelo
Schnitt
Raul Domingues
Produktion
Margaux Dauby
Co-Produktion
Roxanne Gaucherand
Ton
Margaux Dauby
Sound Design
Margaux Dauby, Paulo Lima, Selia Çakir