Filmarchiv

Deutscher Wettbewerb Dokumentarfilm 2023
Filmstill The Wind Is Taking Them
Der Wind nimmt die mit Ann Carolin Renninger
Urknall, Bärtierchen, aussterbende Menschen: Darüber macht sich ein kindlicher Forscher auf einem Hof an der Ostsee erstaunliche Gedanken – und steckt uns mit seiner Gegenwartsneugier an.
Filmstill The Wind Is Taking Them
Filmstill The Wind Is Taking Them
Filmstill The Wind Is Taking Them

Der Wind nimmt die mit

Der Wind nimmt die mit
Ann Carolin Renninger
Deutscher Wettbewerb Dokumentarfilm 2023
Dokumentarfilm
Deutschland
2023
25 Minuten
Deutsch
Untertitel: 
Englisch

Es ist ein Glücksfall, wenn es einem Film gelingt, dem Leben einfach so beim Ablaufen zuzuschauen und uns ganz nebenbei die Wunder in den Ecken des Alltags zu zeigen. Mit großer Gelassenheit und einer spürbaren Freude am Bilder-Suchen und Bilder-Finden nähert sich Ann Carolin Renninger den Menschen und den Dingen.

Rovin wohnt auf einem abgelegenen Hof an der Ostsee und erkundet seine Umgebung mit unstillbarer Neugier. Er interessiert sich für das Universum, Planeten, unbekannte Wesen – und für Bärtierchen, diese klitzekleinen Vielzeller, die aussehen wie Staubsaugerbeutel auf Beinen und echte Überlebenskünstler sind. Ganz anders als die Menschen, betont Rovin, denn die würden sicher irgendwann aussterben. Das betrachtet er als logische Tatsache, keineswegs als Bedrohung. Und wenn man sich auf die körnigen, erdigen Filmbilder und die unaufgeregte Filmerzählung einlässt, fragt man sich irgendwann auch nicht mehr, warum das ein Problem sein könnte. Solange der Wind weiter durch die Bäume streicht und die Bärtierchen verweht, geht schließlich alles seinen Gang. Neben dem bestechend wachen Jungen trifft Renninger auch noch Marie, die alles über Steine weiß, und Christopher, der mit diesen Steinen einen Ort gestaltet. Sie alle sind auf der Suche und finden dabei täglich ein Stück von dem, was sich nicht festhalten lässt: Gegenwart.

Luc-Carolin Ziemann

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Ann Carolin Renninger
Kamera
Ann Carolin Renninger, René Frölke
Schnitt
Ann Carolin Renninger
Produktion
Ann Carolin Renninger
-
Zane Zlemesa, Miro Denck
Filmstill The Wages of John Pernia

The Wages of John Pernia

The Wages of John Pernia
Ben Young
Internationaler Wettbewerb Dokumentarfilm 2023
Dokumentarfilm
UK
2023
8 Minuten
Englisch
Untertitel: 
Deutsch

Bevor die Fotografie und der Film erfunden wurden und den „Wilden Westen“ konstruierten, starb der berühmte Entdecker Meriwether Lewis, dessen Reisen eine Expansion der jungen USA nach Westen ermöglichten, unter mysteriösen Umständen. Der heutige Erzähler des Films, ein entfernter Nachfahre, macht ihn zum tragischen Helden einer spekulativen schwulen Liebesgeschichte. Der mögliche Liebhaber, Meriwethers Angestellter John Pernia, ein „Louisiana Creole“, ist historisch verbürgt. Doch das Archivmaterial, das die weiße Folklore der sogenannten Pionierzeit begünstigte, legt keine Fährte zu dieser Romanze.

Ben Young verwildert die frühen Westernbilder und queert die nationalistische Geschichtsschreibung aus der Perspektive von Menschen, die in den ruhmreichen Erzählungen fehlen und deren ursprünglich freier Raum durch die Siedlerbewegung und ihre anschließende Legendenbildung besetzt wurde. Er rehabilitiert John und Meriwether, das undokumentierte Liebespaar, mithilfe von assoziativer Montage und Gossip als die eigentlichen Pioniere. Und die haben mit den USA noch eine Rechnung offen.

Jan Künemund

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Regie
Ben Young
Buch
Ben Young
Schnitt
Theo Watkins
Produktion
Ben Young
Ton
Andrew Ludbrook
Sound Design
Theo Watkins, Andrew Ludbrook
Musik
Blessed are the Hearts that Bend
Retrospektive 2023
Filmstill The Wall
The Wall Anatolijs Pjatkins
Ein Stück der Berliner Mauer steht in Riga – als Symbol für die Freiheit, die dort erst noch errungen werden muss. Die Blicke der Menschen schwanken zwischen Hoffnung und Ungewissheit.
Filmstill The Wall

The Wall

Mūris
Anatolijs Pjatkins
Retrospektive 2023
Dokumentarfilm
Lettland
1991
10 Minuten
ohne Dialog
Untertitel: 
Keine

Die Mauer als Symbol. Während in Berlin die tödliche Grenze bereits überwunden ist, muss die Freiheit in anderen Staaten erst noch erkämpft werden. Ein Stück der Mauer wurde 1990 nach Riga gesandt – als Zeichen der Solidarität. Ein kurzer filmischer Essay, in dem die Blicke der Menschen zwischen Hoffnung und Ungewissheit schwanken.

Katharina Franck, Andreas Kötzing

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Regie
Anatolijs Pjatkins
Buch
Anatolijs Pjatkins
Kamera
Moisejs Bitke
Produktion
Riga Documentary Film Studio
Musik
Mārtiņš Brauns
Animation Night 2023
Filmstill The Whale Story
The Whale Story Tess Martin
Während einer kurzen Begegnung scheint sich zwischen einem Wal und einem Taucher eine echte Verbindung aufzubauen. Doch dann verschwindet der Wal wieder in den Tiefen des Ozeans.
Filmstill The Whale Story

The Whale Story

The Whale Story
Tess Martin
Animation Night 2023
Animationsfilm
USA,
Niederlande
2012
4 Minuten
Englisch
Untertitel: 
Englisch

Ein Taucher begegnet einem verletzten Wal. Er beschließt, dem Tier zu helfen, und erhält zum Dank einen freundlichen Blick. Für einige Sekunden scheint die Grenze zwischen den beiden Spezies durchlässig zu werden. Der Wal verschwindet in den Tiefen des Ozeans und lässt den Taucher mit der Frage zurück, ob all dies nur die Projektion menschlicher Hoffnungen war.

Franka Sachse

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Regie
Tess Martin
Musik
Spencer Thun
Animation
Tess Martin, Webster Crowell, Stefan Gruber, Britta Johnson, Amanda Moore
Doc Alliance Award 2023
Filmstill waking up in silence
waking up in silence Mila Zhluktenko, Daniel Asadi Faezi
Einst deutsche Kaserne, jetzt Unterkunft für Geflüchtete: Ukrainische Kinder üben die neue Sprache, erkunden fremde Räume. Ein sommerlich flirrender Moment zwischen Weggehen und Ankommen.
Filmstill waking up in silence

waking up in silence

waking up in silence
Mila Zhluktenko, Daniel Asadi Faezi
Doc Alliance Award 2023
Dokumentarfilm
Deutschland,
Ukraine
2023
17 Minuten
Ukrainisch,
Englisch,
Russisch
Untertitel: 
Englisch

Das Rufen von Mauerseglern liegt in der Luft. Ein Geräusch als Inbegriff des Sommers. Die Sonne strahlt vom Himmel über einem klobigen Gebäude. Inmitten dieser flirrenden und scheinbar unbeschwerten Stimmung üben Kinder deutsche Vokabeln, erkunden leere Räume und malen mit Kreide auf den Boden vor dem Haus. Es sind aber keine Hüpfspiele wie Hinke-Pinke, sondern immer wieder schreiben sie auf den Bordstein: „Putin, hör auf, Menschen zu töten.“

Ehemals Wehrmachtskaserne, später genutzt von der US-Armee, dient der hellgelbe Komplex nun als Unterkunft für Geflüchtete aus der Ukraine. Der poetische Film des Regieduos zeigt einen Augenblick im Leben dieser jungen Menschen: ein kurzer und doch einschneidender Moment zwischen zwei Welten, schon weggegangen aus der einen, noch nicht angekommen in der anderen und eine vage Zukunft in Aussicht.

Lina Dinkla

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Regie
Mila Zhluktenko, Daniel Asadi Faezi
Buch
Mila Zhluktenko, Daniel Asadi Faezi
Kamera
Tobias Blickle
Schnitt
Mila Zhluktenko, Daniel Asadi Faezi
Produktion
Mila Zhluktenko, Daniel Asadi Faezi
Co-Produktion
Andrii Kotliar
Ton
Kristina Kilian
Sound Design
Daniel Asadi Faezi, Andrew Mottl
Musik
Anton Baibakov
Filmvertrieb
Wouter Jansen
Retrospektive 2023
Filmstill We Summon You
We Summon You Bohdan Kosiński
Ein Film, der verunmöglicht werden sollte: Im Dezember 1980 wird vor der Danziger Schiffswerft in einem Gedenkakt an die Toten des Aufstands zehn Jahre zuvor erinnert.
Filmstill We Summon You

We Summon You

Wzywamy was
Bohdan Kosiński
Retrospektive 2023
Dokumentarfilm
Polen
1981
8 Minuten
Polnisch

Zehn Jahre nach der blutigen Niederschlagung der Arbeiteraufstände wird vor der Danziger Schiffswerft im Dezember 1980 der Toten gedacht. Der von Andrzej Wajda konzipierte Gedenkakt konnte nur auf nachhaltigen Druck dokumentarisch begleitet werden. Die daraus entstandene Montage, die Bilder der Veranstaltung mit emotionalen Zeitzeug*innenberichten verknüpft, hätte es so nie geben sollen.

Katharina Franck, Andreas Kötzing

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Regie
Bohdan Kosiński
Kamera
Jacek Petrycki
Schnitt
Katarzyna Maciejko-Kowalczyk
Produktion
Wytwórnia Filmów Dokumentalnych
Ton
Małgorzata Jaworska
DEFA Matinee 2023
Filmstill Woe to the Vanquished – The Workers’ Uprising, 17 June 1953
Wehe den Besiegten – Der 17. Juni 1953 Andrea Kuschel-Korzecka
Mithilfe von Originalaufnahmen aus westlichen Archiven und neu gedrehten Zeitzeug*innen-Interviews entstand 1990 eine filmische Rekonstruktion des Volksaufstandes in der DDR am 17. Juni 1953.
Filmstill Woe to the Vanquished – The Workers’ Uprising, 17 June 1953

Wehe den Besiegten – Der 17. Juni 1953

Wehe den Besiegten – Der 17. Juni 1953
Andrea Kuschel-Korzecka
DEFA Matinee 2023
Dokumentarfilm
DDR
1990
87 Minuten
Deutsch

„17. Juni 1990, Berlin-Ost. Die DDR wird noch drei Monate existieren. Keine Zeit mehr all jener zu gedenken, die ’53 aufstanden, Zivilcourage bewiesen und besiegt wurden. Ihnen ist dieser Film gewidmet.“ So klingt es am Anfang des Films aus dem Off zu Bildern einer Kundgebung für die Opfer des 17. Juni.

Regisseurin Andrea Ritterbusch hat gleich nach dem Zusammenbruch des DDR-Regimes in den westlichen Archiven nach Quellen zur Aufarbeitung des Volksaufstandes am 17. Juni 1953 in der DDR geforscht. Sie fand eine Fülle von wertvollen Originalaufnahmen, die sie mit neu gedrehten Interviews mit Zeitzeug*innen der Revolte zu diesem Dokumentarfilm kombinierte. Darin rekonstruiert sie die Wochen vor und nach den landesweiten Unruhen, beleuchtet Propaganda und interpretiert mithilfe ihrer Gesprächspartner*innen Ablauf, Gegenstand und politische Einordnung der Streiks und Demonstrationen im Wandel der Zeit. Das SED-Regime stand in diesen Tagen auf der Kippe und wäre ohne das Einschreiten der sowjetischen Armee womöglich gestürzt worden. Dieser Rückblick auf ein Ereignis, das zur Entstehungszeit des Films bereits 37 Jahre zurücklag, ist wirklichkeitsnah und zeugt gleichzeitig von der Aufregung und Neuorientierung der ostdeutschen Bevölkerung in den Wendejahren.

Linda Söffker

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Regie
Andrea Kuschel-Korzecka
Buch
Andrea Kuschel-Korzecka
Kamera
Toralf Teschner, Andreas Bergmann, Alexander Laschet, Niko Pawloff
Schnitt
Petra Barthel
Produktion
DEFA-Studio für Dokumentarfilme
Ton
Horst Piel, Lutz Laschet, Andreas Walter, Rainer Pape
Musik
Eckardt Enkelmann
Panorama: Mittel- und Osteuropa 2023
Filmstill Who, If Not Us? The Fight for Democracy in Belarus
Wer, wenn nicht wir? Der Kampf für Demokratie in Belarus Juliane Tutein
Immer restriktiver entwickelt sich das politische Klima in Belarus, stets müssen Aktivist*innen mit Haftstrafen rechnen. Drei mutigen Aufbegehrenden ist dieser Film gewidmet.
Filmstill Who, If Not Us? The Fight for Democracy in Belarus

Wer, wenn nicht wir? Der Kampf für Demokratie in Belarus

Wer, wenn nicht wir? Der Kampf für Demokratie in Belarus
Juliane Tutein
Panorama: Mittel- und Osteuropa 2023
Dokumentarfilm
Deutschland
2023
77 Minuten
Belarusisch,
Russisch,
Ukrainisch
Untertitel: 
Englisch

2020 formierten sich in Belarus die bis dato größten Proteste gegen die Regierung. Den Demonstrierenden wurde mit Gewalt und Restriktionen begegnet, viele von ihnen erhielten drakonische Haftstrafen. Ein gefährliches Klima, das politischen Aktivismus bereits in der Entstehung zu unterbinden sucht, setzte sich fest. Juliane Tutein filmte und recherchierte für „Wer, wenn nicht wir? Der Kampf für Demokratie in Belarus“ drei Jahre lang in einem Land, das mit seiner vermeintlichen Unabhängigkeit 1991 keinen Elitenwechsel erlebt hat. An der Spitze der mutigen Aufbegehrenden entdeckt sie vor allem Frauen. Dreien von ihnen widmet sie dieses Porträt: Nina Bahinskaja, Mitte siebzig und seit den 1980er Jahren im Kampf für ein offenes Belarus engagiert, Tatsjana „Tanja“ Hatsura-Jaworskaja, Gründerin des Menschenrechtsfilmfestivals „Watch Docs“, und Darja Rubleuskaja, mit 22 die Jüngste, die für das von Friedensnobelpreisträger Ales Bjaljazki gegründete Menschenrechtszentrum „Wjasna“ arbeitet. Tutein entwickelt so eine mehrstimmige Collage, in der Minsks einschüchternde Architektur ebenso eindrücklich wirkt wie Hatsura-Jaworskajas Flucht in die von Russland attackierte Ukraine.

Carolin Weidner

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Juliane Tutein
Buch
Juliane Tutein
Kamera
Siarhei Kavaliou, Feline Gerhardt, Juliane Tutein
Schnitt
Maria Hemmleb
Produktion
Ümit Uludağ, Martin Roelly, Erik Winker
Ton
Cécilia Marchat, Sirius Kestel, Juliane Tutein
Sound Design
Andreas Mühlschlegel
Musik
Julian Erhardt, Mirko Büchele
Animation
Georg Krefeld
Nominiert für: MDR-Filmpreis, Dokumentarfilmpreis des Goethe-Instituts, Filmpreis Leipziger Ring
Kids DOK 2023
Filmstill What’s in That Crate?
What’s in That Crate? Bram Algoed
Die turbulente Reise einer riesengroßen Kiste nimmt kein Ende. Immer kleiner wird sie und alle haben ganz eigene Vorstellungen, was sich darin verbirgt. Elefant, Löwe oder doch ein Bär?
Filmstill What’s in That Crate?

What’s in That Crate?

Wat zit er in die kist?
Bram Algoed
Kids DOK 2023
Animationsfilm
Belgien
2023
9 Minuten
ohne Dialog
Untertitel: 
Keine

Die kunterbunte, turbulente Reise einer riesengroßen Kiste scheint kein Ende zu nehmen. Was mag nur darin sein? Elefant, Löwe, Bär? Erst wird sie in ein Flugzeug geladen, dann auf ein Schiff. Auf einem Zug geht es die Berge hoch, auf einem Bus weiter über Stock und Stein. Immer kleiner wird die Kiste und alle haben ganz eigene Vorstellungen, was sich darin verbirgt. Doch verraten wird hier nichts!

Lina Dinkla

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Bram Algoed
Buch
Bram Algoed, Pieter Gaudesaboos
Kamera
Bram Algoed
Schnitt
Bram Algoed
Produktion
Brecht Van Elslande
Ton
David Kamp
Sound Design
David Kamp
Musik
Boris Zeebroek
Animation
Eno Swinnen, Jeroen Ceulebrouck, William Lebrun
Filmstill When Adam Changes

When Adam Changes

Adam change lentement
Joël Vaudreuil
Internationaler Wettbewerb Animationsfilm 2023
Animationsfilm
Kanada
2023
94 Minuten
Französisch
Untertitel: 
Englisch

Adam ist 15, wird von seinen Mitschülern gemobbt und vom Mädchen seiner Träume ignoriert. Seine Großmutter, die ihn sein Leben lang mit fiesen Bemerkungen über sein Äußeres aufgezogen hat, nutzt den letzten Atemzug vor ihrem Tode, um ihm erneut seine vermeintlichen physischen Unzulänglichkeiten vor Augen zu führen. Auch die Aussicht auf die anstehenden Sommerferien kann Adams Stimmung kaum heben, denn sein Vater hat ihm zur Charakterbildung diverse unerquickliche Ferienjobs besorgt. Obendrein manifestieren sich Hänseleien und negative Kommentare bei Adam in seltsamen Verformungen seines Körpers, die zusätzlich für Stress und Spott sorgen.

Adam ist anders. Er bleibt außen vor, während die Menschen um ihn herum ihren gewohnten – ihren „normalen“ – Aktivitäten nachgehen. Er beobachtet, wie seine Schwester von ihrem Freund betrogen wird, muss die fanatische Akkuratesse seines Nachbarn bei der Rasenpflege ertragen und entdeckt, dass ein Bewohner seiner Straße Beutel mit Hundefäkalien in die Äste der Alleebäume wirft. Je deutlicher der alltägliche Wahnsinn um ihn herum zutage tritt, desto mehr entpuppt sich Adam als empathischer und reifer junger Erwachsener. Er, den andere für einen seltsamen Sonderling halten, hat entgegen aller Behauptungen sein Leben im Griff.

Franka Sachse

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Joël Vaudreuil
Buch
Joël Vaudreuil
Schnitt
Joël Vaudreuil
Produktion
David Pierrat, Olivier Picard
Ton
Olivier Calvert
Sound Design
Olivier Calvert
Musik
Joël Vaudreuil
Animation
Nicolas Moussette, Hrsito Karastoyanov
Filmstill Where Zebus Speak French

Where Zebus Speak French

Sitabaomba
Nantenaina Lova
Internationaler Wettbewerb Dokumentarfilm 2023
Dokumentarfilm
Burkina Faso,
Frankreich,
Deutschland,
Madagaskar
2023
103 Minuten
Französisch,
Madagassisch
Untertitel: 
Englisch

Ob Bauer Ly etwas mit den Chinesen zu tun habe, die sich neuerdings an der Infrastruktur des Dorfes Sitabaomba, unweit der madagassischen Hauptstadt Antananarivo, zu schaffen machen, fragt Regisseur Nantenaina Lova so unverblümt wie verschmitzt. Ly verneint. Dass die verschiedenen Entwicklungsmaßnahmen, häufig eingeleitet von ausländischen Initiativen und befeuert durch korrumpierte Politik, jedoch auch ihn betreffen, wird im Verlauf von „Where Zebus Speak French“ immer klarer.

Fokussiert auf Sitabaomba, zeigt Lova über mehrere Jahre hinweg den Versuch der Dorfbevölkerung, ihr Ackerland zu verteidigen. Ihr Kampf erinnert an den von David gegen Goliat, führt jedoch nicht zu Verzagtheit. Denn in Madagaskar wird seit jeher auch eine sehr eigenständige Form des künstlerischen Ausdrucks, insbesondere des sprachlichen, gepflegt, der es im besten Fall vermag, eine innere Unabhängigkeit zu bewahren. So liefert den Kommentar zum Geschehen eine Stimme im Stil der „Kabary“. Diese höfliche, rhetorisch ausgefeilte und bisweilen spöttische Rede umschifft direkte Kritik elegant und trägt sie damit umso deutlicher vor. Auch ein Künstler besucht wiederholt das Dorf, bringt mit Kindern Steine zum Sprechen und festigt so eine Haltung, die Nantenaina Lova selbst folgendermaßen beschreibt: „Über Ungerechtigkeit lachen, statt zu weinen, Widerstand leisten, statt sich zu bemitleiden.“

Carolin Weidner

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Nantenaina Lova
Buch
Nantenaina Lova, Eva Lova-Bély
Kamera
Nantenaina Lova, Nantenaina Fifaliana
Schnitt
Nantenaina Lova, Emmanuel Roy
Produktion
Eva Lova-Bély, Candy Radifera
Co-Produktion
Nicole Gehards, Nina Fernandez, Michel Zongo
Ton
Jonathan Narlysh Rafidiarison, Nantenaina Fifaliana
Sound Design
Julien Verstraete
Musik
Various Malagasy Music Bands
Animation
Herizo Ramilijaonina
Sprecher*in
Claudia Tagbo
Ausgezeichnet mit: Filmpreis Leipziger Ring
Hommage Peter Mettler 2023
Filmstill While the Green Grass Grows
While the Green Grass Grows Peter Mettler
Was erkennen wir, wenn wir auf unser Leben zurückblicken, auf den Lebenszyklus und den konstanten Wandel der Welt? Ist das Gras auf der anderen Seite tatsächlich immer grüner?
Filmstill While the Green Grass Grows

While the Green Grass Grows

While the Green Grass Grows
Peter Mettler
Hommage Peter Mettler 2023
Dokumentarfilm
Kanada,
Schweiz
2023
166 Minuten
Englisch
Untertitel: 
Deutsch

Ein Film, der uns Achtsamkeit lehrt. In seinem audiovisuellen Tagebuch nimmt der preisgekrönte schweizerisch-kanadische Filmemacher Peter Mettler Abschied von seiner Mutter und von seinem Vater. Der Film geht jedoch weit über eine persönliche Trauerarbeit hinaus. In einer stets dialogisch ausgerichteten Suchbewegung über den Lebenszyklus denkt er über das Diesseits und das Jenseits, über das Sein und die Zeit nach. Es ist ein ewiger Kreislauf und ein Fließen – wie das fortwährende Vorbeiziehen von Wolken und Flüssen.

Visuell und inhaltlich schöpft Peter Mettler aus persönlichen Gesprächen, aus philosophischen und spirituellen Texten wie auch aus seinem eigenen Film- und Soundarchiv. Sein Zugang ist geprägt von Offenheit und Demut gegenüber dem Leben und der Natur. Diese aufmerksame Haltung charakterisiert die Auffassung des Regisseurs vom „Filme Machen“ per se, die sein ganzes Werk bestimmt. „While the Green Grass Grows“ umfasst zwei Teile eines größer angelegten epischen Tagebuchprojekts mit gleichnamigem Titel.

Annina Wettstein

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Peter Mettler
Buch
Peter Mettler
Kamera
Peter Mettler
Schnitt
Jordan Kawai, Peter Mettler
Produktion
Cornelia Seitler, Peter Mettler, Brigitte Hofer
Ton
Peter Mettler
Sound Design
Jordan Kawai
Ausgezeichnet mit: Goldene Taube Langfilm (Internationaler Wettbewerb Dokumentarfilm)
Eröffnungsfilm 2023
Filmstill White Angel – The End of Marinka
White Angel – Das Ende von Marinka Arndt Ginzel
Sommer 2022 im Osten der Ukraine: Die Polizei evakuiert Menschen aus dem Kriegsgebiet, Bodycams zeichnen das dramatische Geschehen auf. 2023 spricht das Filmteam mit Überlebenden.
Filmstill White Angel – The End of Marinka
Filmstill White Angel – The End of Marinka

White Angel – Das Ende von Marinka

White Angel – Das Ende von Marinka
Arndt Ginzel
Eröffnungsfilm 2023
Dokumentarfilm
Deutschland
2023
103 Minuten
Ukrainisch,
Russisch
Untertitel: 
Deutsch, Englisch

Die Kleinstadt Marinka liegt in der ukrainischen Oblast Donezk. Fast 10.000 Menschen lebten dort, obwohl der Ort bereits seit 2014 beständig durch prorussische Separatisten attackiert wurde. Mit der Eskalation des Krieges im Frühjahr 2022 geriet Marinka jedoch unter schweren Artilleriebeschuss und praktisch alle Bewohner*innen mussten bis September die Stadt verlassen. Bei der Räumung half die örtliche Polizei. Einer der Polizisten ist Wassyl, der Protagonist dieses Films. In einem weißen Transporter, den die Bevölkerung bald „weißer Engel“ tauft, holen er und seine Kollegen Zivilist*innen aus der Schusslinie, bergen Verwundete und Tote. Wassyls Helmkamera zeichnet das dramatische Geschehen bei den Einsätzen auf: die Evakuierung verängstigter Menschen aus ihren Kellern, die erste Hilfe für Schwerverletzte, das überstürzte Zusammenraffen persönlicher Gegenstände, den schmerzlichen Abschied auf Dauer.

Ein halbes Jahr nach dem Ende von Marinka kehren der Leipziger Investigativjournalist Arndt Ginzel und sein Team in den Osten der Ukraine zurück. Sie finden die Überlebenden, Retter und Gerettete, und lassen sie die Action-Cam-Bilder kommentieren. Von Verlusten wird gesprochen, von Schmerz und Trauer, aber auch von Hoffnungen und Träumen. „White Angel – Das Ende von Marinka“ ist mehr als ein Film über den Krieg. Es ist ein Dokument der Menschlichkeit und der Sehnsucht nach Frieden.

Christoph Terhechte

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Arndt Ginzel
Kamera
Gerald Gerber
Produktion
Martin Kraushaar
-
Guntram Schuschke, Beatrix Grundt, Claudia Huber , Nicole Schuschke, Christina Susanne Marx, Annina Wolf
Nominiert für: Dokumentarfilmpreis des Goethe-Instituts, MDR-Filmpreis
Beyond Animation 2023
Filmstill Winchester Trilogy: 1906
Winchester Trilogy: 1906 Jeremy Blake
Das Mittelstück von Jeremy Blakes bewegtem Triptychon blickt ins Herz des Winchester-Hauses. Vom San-Francisco-Erdbeben 1906 hart getroffen, ging der Innenausbau trotzdem weiter. Nur anders.
Filmstill Winchester Trilogy: 1906

Winchester Trilogy: 1906

Winchester Trilogy: 1906
Jeremy Blake
Beyond Animation 2023
Animationsfilm
USA
2003
21 Minuten
ohne Dialog
Untertitel: 
Keine

Wie viel berichten ins Nichts führende Treppen und Türen im kalifornischen Winchester-Haus über den Aberglauben der Bauherrin und wie viel über die jahrelangen Um- und Ausbauten nach dem Erdbeben von 1906? Im Mittelstück seiner Trilogie füllt Jeremy Blake die verwinkelten Innenräume des Architekturunikums mit unwirklichen Licht- und Farberscheinungen von beeindruckender Schönheit und beklemmender Wirkung.

André Eckardt

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Jeremy Blake
Beyond Animation 2023
Filmstill Winchester Trilogy: Century 21
Winchester Trilogy: Century 21 Jeremy Blake
1964 baute man dem verträumten Winchester-Haus ein spaciges Gegenüber zum Weiterträumen: das Filmtheater „Century 21“. Die stilgeschichtliche Pointe von Jeremy Blakes Architektur-Trilogie.
Filmstill Winchester Trilogy: Century 21

Winchester Trilogy: Century 21

Winchester Trilogy: Century 21
Jeremy Blake
Beyond Animation 2023
Animationsfilm
USA
2004
12 Minuten
ohne Dialog
Untertitel: 
Keine

Im dritten Teil der Studie über das Winchester-Anwesen in San Jose wandert der Blick zum 1964 gegenüber erbauten „Century 21“-Kino. Jeremy Blake lässt die Traumhäuser mit Übermalungen in Time-based-Painting-Technik und massenmedialen Bildzitaten visuell korrespondieren. Das Filmhaus schrieb an dem Mythos mit, dass dem American Dream im Frontierland mit Waffengewalt ein Zuhause errichtet wurde.

André Eckardt

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Jeremy Blake
Beyond Animation 2023
Filmstill Winchester Trilogy: Winchester
Winchester Trilogy: Winchester Jeremy Blake
Jeremy Blakes dreiteilige Studie über den in 38 Jahren von 8 auf 500 Zimmer angewachsenen Alterssitz der Witwe Winchester beginnt mit einer Seelenerkundung in farbigen Faltbildern.
Filmstill Winchester Trilogy: Winchester

Winchester Trilogy: Winchester

Winchester Trilogy: Winchester
Jeremy Blake
Beyond Animation 2023
Animationsfilm
USA
2002
18 Minuten
ohne Dialog
Untertitel: 
Keine

1884 bis 1922 baute die Witwe des Waffenfabrikanten Winchester ein bescheidenes Gutshaus in San Jose zum Alterssitz mit zeitweise 500 Zimmern aus. Um sich vor den Geistern der im Frontierland Erschossenen zu schützen, munkelt man. Zum Auftakt seiner Winchester-Trilogie diagnostiziert Jeremy Blake wie in einem Rorschachtest mit fantastischen Faltbildern den Seelenzustand des exzentrischen Baus.

André Eckardt

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Jeremy Blake