Filmarchiv

Internationaler Wettbewerb 2021
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A Custom of the Sea Fabrizio Polpettini
Drei Freunde erkunden die Strahlkraft des Mittelmeers, das christliche und islamische Länder miteinander verbindet und immer wieder Schauplatz von Konflikten war und ist.
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A Custom of the Sea

Un usage de la mer
Fabrizio Polpettini
Internationaler Wettbewerb 2021
Dokumentarfilm
Frankreich
2021
52 Minuten
Arabisch,
Englisch,
Französisch,
Italienisch
Untertitel: 
Englisch, deutsche Untertitel für Menschen mit eingeschränkter Hörfähigkeit

Porto Maurizio liegt an der ligurischen Küste. Hier ist der heute in Frankreich lebende Regisseur aufgewachsen. Das Dorf ist Ausgangspunkt für eine filmische Reise in die Vergangenheit, die einen überraschend weiten Bogen in eine Zeit schlägt, in der muslimische Piraten, die Korsaren, die Mittelmeerregion unsicher gemacht und Europäer als Sklaven genommen hatten. Dazu bedient sich der Film leichtfüßig im reichhaltigen Fundus der Filmgeschichte und in ihrer Ikonografie.

Abenteuerfilme aus den 1940er Jahren und historische Wandgemälde schildern bildgewaltig die Seeschlachten des früheren 19. Jahrhunderts. Solche visuellen Fundstücke kombiniert der Regisseur geschickt mit analog gefilmten neuen Aufnahmen seiner Reise mit zwei Freunden. Ihre scheinbar lose erzählten Anekdoten und Zufallsbegegnungen fügen sich zu einem zusammenhängenden Ganzen. Sie bilden so ein geopolitisches Koordinatensystem rund um das Mittelmeer, in dem es um Eurozentrismus, Kolonialgeschichte und religiös motivierte Konflikte zwischen christlich und islamisch geprägten Ländern geht. Die Themen könnten aktueller nicht sein.
Annina Wettstein

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Regie
Fabrizio Polpettini
Kamera
Valentina Provini
Schnitt
Marylou Vergès
Produktion
Fabrizio Polpettini
Co-Produktion
Pierre-André Belin
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A Night of Knowing Nothing

A Night of Knowing Nothing
Payal Kapadia
Camera Lucida – Außer Konkurrenz 2021
Dokumentarfilm
Frankreich,
Indien
2021
96 Minuten
Hindi,
Bengali
Untertitel: 
Englisch

Unruhen und Proteste an einer indischen Filmhochschule, erzählt anhand von Briefen, die Studentin L an ihren Geliebten K verfasst und in denen sie das Geschehen um sie herum reflektiert. Während die staatliche Gewalt den Aufstand immer weiter zurückdrängt, begreift L, dass sie nie eine Antwort bekommen wird, denn K gehört einer höheren Kaste an. Die anonymen Zeilen sind wehmütige Echos einer Liebestragödie in Zeiten des Wiedererstarkens einer nationalistischen Klassengesellschaft.

Das aus vielfältigen Quellen zusammengestellte Bildmaterial, welches von langen, zehrenden Protestnächten, aber auch von großer Geschlossenheit und jugendlicher Lebensfreude zeugt, taucht Regisseurin Payal Kapadia fast durchgängig in grobkörniges Schwarz-Weiß. Selbst Aufnahmen von Handy- und Überwachungskameras rücken so in ästhetische Verwandtschaft zu 16mm-Studentenfilmen vergangener Dekaden. Doch vor diesem Kontrast tritt die unmittelbare, unabgeschlossene Natur des Dargestellten nur umso mehr hervor und verweist so auf den komplexen Dialog, den fragile Erinnerung und eine sich überschlagende Gegenwart im Film miteinander führen. Eine Gegenwart, in der Fragen nach künstlerischer Veranschaulichung, aber auch nach persönlicher Verantwortung neu verhandelt werden müssen.
Felix Mende

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Regie
Payal Kapadia
Buch
Payal Kapadia, Himanshu Prajapati
Kamera
Ranabir Das
Schnitt
Ranabir Das
Produktion
Thomas Hakim, Julien Graff, Ranabir Das
Ton
Moinak Bose, Romain Ozanne
Filmvertrieb
Wouter Jansen
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A Solar Dream

Un rêve solaire
Patrick Bokanowski
Animation und Musique Concrète 2021
Animationsfilm
Frankreich
2016
63 Minuten
Französisch
Untertitel: 
Englisch

Patrick Bokanowski unterzieht eigene frühe Schmalfilmaufnahmen einer magischen optischen Verwandlung. Im gleißenden Nieselregen elektronischer Klänge und unter dem tiefen Grollen von Drone-Wellen von Michèle Bokanowski entfalten sich Lichteruptionen, Farbrauschen und schattenhafte Erscheinungen, durch welche die Originalaufnahmen durchschimmern. Ein Tagebuch des wachen träumenden Beobachtens.

André Eckardt

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Regie
Patrick Bokanowski
Buch
Patrick Bokanowski
Kamera
Patrick Bokanowski
Schnitt
Patrick Bokanowski
Produktion
Patrick Bokanowski
Musik
Michèle Bokanowski
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Abyssal

Abisal
Alejandro Alonso
Internationaler Wettbewerb Kurzfilm 2021
Dokumentarfilm
Kuba,
Frankreich
2021
30 Minuten
Spanisch
Untertitel: 
Französisch, Englisch

Ein Schiffsschrottplatz in Westkuba. Die beobachtende Kamera folgt Raudel und seinen Kollegen, die in diesem hermetisch abgeschlossen wirkenden Mikrokosmos arbeiten. Eine Brieftaube verirrt sich hierher; die Arbeiter betrachten sie schweigend und rauchend. Manchmal reden sie über ihre Träume. Aufnahmen fokussieren abwechselnd ihre Körper und ihre Umgebung. Rhythmische, kunstvoll gestaltete, authentisch erzeugte Töne begleiten präzise und klare Bilder, ohne die Härte der Arbeit zu ästhetisieren.

Borjana Gaković

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Regie
Alejandro Alonso
Buch
Lisandra López Fabé, Alejandro Alonso
Kamera
Alejandro Alonso
Schnitt
Emmanuel Peña
Produktion
Boris Prieto, Alejandro Alonso, Oderay Ponce de León
Ton
Glenda Martínez Cabrera, Velia Díaz de Villalvilla, Alejandro Pérez
Musik
Pepe Gavilondo
Filmvertrieb
Boris Prieto
Funding institution
Norwegian Fund for Cuban Cinema, CNC / Aide aux cinémas du monde
Ausgezeichnet mit: Goldene Taube kurzer Dokumentarfilm (Internationaler Wettbewerb Kurzfilm)
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Anxious Body

Fuan na karada
Yoriko Mizushiri
Internationaler Wettbewerb Kurzfilm 2021
Animationsfilm
Frankreich,
Japan
2021
6 Minuten
Englisch
Untertitel: 
Keine

Tzssssidd – beinahe genussvoll langsam trennen sich Haut und Klebeband. Nüchtern physikalisch betrachtet, werden Kräfte zwischen Molekülverbänden überwunden. Yoriko Mizushiri komponiert aus diesem Phänomen kurze, hochsinnliche Variationen über Schmerz und Lust. Zurückhaltend, ruhig und Skalpell-scharf geht sie dabei vor. Ihre flächige, farbreduzierte Zeichenanimation und die begleitenden kühlen elektronischen Klänge explodieren erst im Kopf und streuen dann in den bangen, aber neugierigen Körper.

André Eckardt

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Regie
Yoriko Mizushiri
Produktion
Emmanuel-Alain Raynal, Pierre Baussaron, Nobuaki Doi / New Deer
Filmvertrieb
Luce Grosjean
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Atomu

Atomu
Shariffa Ali, Yetunde Dada
Extended Reality 2021
-
Frankreich,
Kenia,
USA,
UK
2020
12 Minuten
Englisch

Der Mugumo, der kenianische Feigenbaum, steht in der Mythologie der Kikuyu-Community für Transformation und Wiedergeburt. Die Multiplayer-VR-Erfahrung lädt uns ein, einem heiligen Ritual beizuwohnen: Beim Tanz um den Mugumo kann ein Mann zur Frau und eine Frau zum Mann werden. Wir begleiten Waicici, eine Person ohne Geschlecht, auf der Suche nach der ehrlichsten Version ihrer selbst.

Lars Rummel

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Produktion
Antoine Cayrol, Steve Jelly
Co-Produktion
Steve Jelly, Arnaud Colinart, Opeyemi Olukemi, Rafael Pavon, Annick Jakobowicz, Simon Windsor
Produktionsfirma
POV Spark, France Télévisions, Dimension, Atlas V
Choreografie
Stephen Buescher
Key Collaborator
Andrew Orkin, Banna Dasta, Toby Coffey, Steve Jelly, Simon Windsor, Akash Kushwaha, Annick Jakobowicz, Stephen Buescher, Opeyemi Olukemi, Arnaud Colinart, Rafael Pavon, Antoine Cayrol, Derren Sinnott
Regie
Shariffa Ali, Yetunde Dada
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Ceuta’s Gate

Bab Septa
Randa Maroufi
Animation Perspectives 2021
Dokumentarfilm
Frankreich,
Marokko
2019
19 Minuten
Spanisch,
Arabisch
Untertitel: 
Englisch

In Randa Maroufis performativer Rekonstruktion wirkt zunächst alles aufgeräumt. Fein sortiert stehen Autos Schlange, schnüren Händlerinnen ihr Gepäck. Vor dem eintönig-grauen Hintergrund wirken die Szenen schematisch wie ein Anleitungsplan, auf dem sich plötzlich alles grafisch verdichtet. Alltag an der Grenze zwischen der spanischen Exklave Ceuta und Marokko, über die illegal Waren wandern.

André Eckardt

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Regie
Randa Maroufi
Buch
Randa Maroufi
Kamera
Luca Coassin
Schnitt
Randa Maroufi, Ismael Joffroy Chandoutis
Produktion
Saïd Hamich
Ton
Mohamed Bounouar, Léonore Mercier
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Conversations with Siro

Conversations avec Siro
Dima El-Horr
Internationaler Wettbewerb 2021
Dokumentarfilm
Libanon,
Frankreich
2021
52 Minuten
Arabisch,
Französisch
Untertitel: 
Französisch, Englisch

Vor Jahren hat sich die libanesische Filmemacherin Dima El-Horr in Paris niedergelassen. Zu den in der Heimat gebliebenen Freunden zählt die Künstlerin Sirvat Fazlian, die sie regelmäßig in Beirut besucht, bis die gescheiterte Revolution von 2019, der Corona-Lockdown, die verheerende Explosion im Hafen und schließlich die dramatische ökonomische Krise ihren Treffen ein vorläufiges Ende setzen. So beschließt die Regisseurin, ihren Konversationen mit Siro eine filmische Form zu geben.

Seit dem Tod ihres Ehemanns, des bekannten armenischen Schauspielers Berj Fazlian, lebt Siro allein in ihrer mit Erinnerungsstücken angefüllten Wohnung und widmet sich vorwiegend der Musik und der Malerei. Filmaufnahmen aus den Jahren vor 2019 verbinden sich im Film mit aufgezeichneten Telefonaten zwischen Siro und Dima und aktuellen Szenen aus Paris. Auf diese Weise entsteht ein dicht gewobenes Porträt des Lebens im Exil. Während Schnee fällt in Paris, berichtet Siro von warmen Tagen an der Mittelmeerküste und singt armenische Lieder. Sie schimpft auf die Dauerkrise im Libanon, doch ihrer Natur kann das nichts anhaben. Zum einen personifiziert Siro die legendäre libanesische Resilienz. Zum anderen repräsentiert sie für die Filmemacherin jenen Teil des Herzens, den Menschen im Exil zu Hause lassen. So wird „Conversations with Siro“ fast zwangsläufig auch zum Dialog der Regisseurin mit sich selbst.
Christoph Terhechte

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Regie
Dima El-Horr
Kamera
Dima El-Horr
Schnitt
Catherine Zins
Produktion
Paul Rognoni, Sabine Sidawi
Ton
Jean-Pierre Dussardier
Nominiert für: FIPRESCI Preis, Preis der Interreligiösen Jury
Animation und Musique Concrète 2021
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Court-circuit n° 180 – Interview with Michèle Bokanowski Lorenzo Recio
Seit 1972 prägt Michèle Bokanowski mit ihren Klängen die Filmbilder von Patrick Bokanowski. Zwischen Tonbandschleifen erzählt sie über die Arbeit mit oft musikfernem Material.
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Court-circuit n° 180 – Interview with Michèle Bokanowski

Court-circuit n° 180 – Interview de Michèle Bokanowski
Lorenzo Recio
Animation und Musique Concrète 2021
Dokumentarfilm
Frankreich
2004
10 Minuten
Französisch
Untertitel: 
Englisch

Michèle Bokanowski prägt mit ihren Klängen seit 1972 die Filmbilder von Patrick Bokanowski. Der Ursprung ihrer Soundtracks liegt oft in musikfernen Geräuschen. So beschreibt sie mit dem Klacken aufeinanderstoßender Billardkugeln Menschen, die in weiter Ferne auf dem Feld arbeiten. Zwischen Tonbandschleifen und elektronischen Geräten erzählt die Komponistin über ihr Handwerk am tönenden Material.

André Eckardt

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Regie
Lorenzo Recio
Produktion
ARTE France, MK2TV
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Die Odyssee

Die Odyssee
Florence Miailhe
Wettbewerb um den Publikumspreis 2021
Animationsfilm
Tschechische Republik,
Frankreich,
Deutschland
2020
84 Minuten
Deutsch
Untertitel: 
Englisch

Ein Land, das irgendwo sein könnte, nicht näher verortet und doch überall. Es ist ein schöner Sommertag, als sich das Leben der Geschwister Kyona und Adriel für immer verändert. Ihr Dorf wird überfallen, verwüstet und in Brand gesteckt. Die ganze Familie muss fliehen und erlebt auf dem Weg über einen ganzen Kontinent viele reale und surreale Situationen, um vielleicht endlich an einem friedlicheren Ort anzukommen.

Zu Beginn des Films blättert Kyona in ihrem Skizzenblock, zieht das Resümee ihres Lebens und erzählt vom Ende ihrer Kindheit. Erst spät begreifen die Geschwister überhaupt, dass sie Flüchtlinge sind, dass sie sich wie viele andere aus den verschiedensten Gründen auf zur Grenze machen: Naturkatastrophen, Folgen des Klimawandels, Krieg, Verfolgung. Die beiden Kinder geraten an gefährliche und hilfsbereite Menschen, werden voneinander getrennt und finden sich wieder. Der abendfüllende Animationsfilm, umgesetzt in Öl auf Glas, lebt vom rasanten Wechselspiel zwischen Fantasie und Realität. Er entführt, einerseits, in eine fiktive, nichtreale Welt. Doch Orte, Namen, Situationen erinnern andererseits an Bekanntes. Sie zeigen die Flucht, das Exil, das Sich-auf-den-Weg-Machen als universelle Erfahrung.
Lina Dinkla

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Regie
Florence Miailhe
Buch
Florence Miailhe, Marie Desplechin
Schnitt
Nassim Gordji Tehrani, Julie Dupré
Produktion
Dora Benoussilio
Co-Produktion
Luc Camilli, Ralf Kukula, Martin Vandas, Alena Vandasoá
Ton
Florian Marquardt
Musik
Andreas Moisa, Philipp Kümpel
Animation
Marta Szymańska, Zuzana Studená, Anna Paděrová, Eva Skurská, Polina Kazak, Lucie Sunková, Urte Zintler, Paola de Sousa, Ewa Łuczków, Anita Brüvere, Aurore Peuffier, David Martin, Marie Juin, Valentine Delqueux, Aline Helmcke
Ausgezeichnet mit: Gedanken-Aufschluss-Preis
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Flammes

Flammes
Patrick Bokanowski
Animation und Musique Concrète 2021
Experimentalfilm
Frankreich
1998
4 Minuten
ohne Dialog
Untertitel: 
Keine

Dunkle, perkussive Klänge rufen anthropomorphe Wesen an. Sie leben in kurzen tänzerischen Etüden auf. Optisch manipuliert, dehnen sie sich zu hageren Formen, fächern sich tausendlagig wie exotische Tiere auf, zerlaufen zu abstrakten Gemälden. Sie sind reine Lichtwesen: flüchtig, immateriell. Das rhythmische Klangmotiv färbt mit mal prägnanten, mal gehauchten Variationen ihre Bewegungen ein.

André Eckardt

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Regie
Patrick Bokanowski
Buch
Patrick Bokanowski
Kamera
Daniel Borenstein
Schnitt
Eric Castera, Patrick Bokanowski
Produktion
Patrick Bokanowski
Musik
Michèle Bokanowski
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Flee

Flugt
Jonas Poher Rasmussen
Wettbewerb um den Publikumspreis 2021
Dokumentarfilm
Dänemark,
Frankreich,
Schweden,
Norwegen
2021
86 Minuten
Dänisch,
dari,
Russisch,
Englisch
Untertitel: 
Englisch

Amin konnte viele Jahre nicht über seine Fluchterfahrung sprechen. Erst jetzt findet er den Mut und öffnet sich seinem Schulfreund, dem Filmemacher Jonas Poher Rasmussen. Seit seiner frühesten Kindheit war Amins Leben geprägt von politischen Unruhen in seinem Geburtsland Afghanistan und bald auch vom Erwachsenwerden ohne ein stetes Zuhause. Seine schmerzhaften Erinnerungen werden in eindrücklichen Animationen dargestellt und mit dokumentarischem Material verwoben.

Dass eine Flucht nicht von Punkt A nach Punkt B verläuft und dann einfach endet, ist keine neue Erkenntnis. Wie steinig und verworren es sich tatsächlich gestaltet, zeigt sich an Amins Geschichte, die von Afghanistan über Russland, Estland und einige andere Stationen nach Dänemark führt. Erst als sein Leben mit bevorstehender Hochzeit und guter Karriere in sicheren Bahnen verläuft, findet er die Kraft zu berichten, was er durchmachen musste, um heute dort zu sein, wo er ist. In einem fast psychoanalytisch anmutenden Setting erzählt der Protagonist – im Liegen – von seiner Vergangenheit. Die Narration bewegt sich spiralförmig zwischen Damals und Heute und ermöglicht immer wieder Atempausen zwischen den traumatischen Eindrücken, die durch ergreifende Animationen fast körperlich spürbar werden. Nicht von ungefähr kommt, dass „Flee“ bereits mehrfach preisgekrönt ist und schon jetzt als ein „instant classic“ gilt.
Kim Busch

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Regie
Jonas Poher Rasmussen
Buch
Jonas Poher Rasmussen, Amin
Schnitt
Janus Billeskov Jansen
Produktion
Monica Hellström, Charlotte De La Gournerie, Signe Byrge Sørensen
Musik
Uno Helmerson
Animation
Kenneth Ladekjær
Filmvertrieb
Shoshi Korman
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For a Fistful of Fries

Poulet frites
Jean Libon, Yves Hinant
Wettbewerb um den Publikumspreis 2021
Dokumentarfilm
Frankreich,
Belgien
2021
100 Minuten
Französisch,
Urdu,
Bengali,
Englisch
Untertitel: 
Englisch

In Belgien und Frankreich ist die Doku-Serie „Strip-Tease“ echter Kult. Die Macher der Fernsehproduktion haben nun gut zwanzig Jahre altes Material zu einem in dreckigem Schwarz-Weiß gehaltenen Krimidokumentarfilm verarbeitet. Die Brüsseler Kripo ermittelt in einem Mordfall: Eine Gelegenheitsprostituierte wurde in ihrer Wohnung umgebracht. Durch den Fund von ein paar Pommes gelingt es, dem Täter auf die Spur zu kommen. True Crime.

Kalima Sissou hieß die Tote. Schnell steht ihr Ex-Freund Alain im Zentrum der Ermittlungen, und so sehen wir in unverfälschten, rohen Bildern Inspektor Lemoine und seinen Kollegen bei der Arbeit zu: am Tatort, beim Vernehmen von Zeugen und eben auch im Kreuzverhör mit dem Hauptverdächtigen. Jean Libons und Yves Hinants schräge Mischung aus düsterem Krimi und absurder Realkomik mangelt es trotz der Ernsthaftigkeit der Vorgänge nicht an (schwarzem) Humor. Gedreht im schlichten Cinéma-vérité-Stil, beschönigt der Film nichts von dem, was er zeigt. Gestalterisches und konzeptionelles Vorbild ist natürlich die 1985 von Libon mitentwickelte Serie „Strip-Tease“, die weithin bekannt war für ihre unkonventionelle und unverblümte Art, auch heikle Themen durchaus politisch unkorrekt anzugehen. „For a Fistful of Fries“ setzt dies fort und führt ganz dicht heran an das oftmals unglaublich profane Geschehen.
Lina Dinkla

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Regie
Jean Libon, Yves Hinant
Schnitt
Anouk Zivy
Produktion
Bertrand Faivre, François Clerc
Filmvertrieb
Clémentine Hugot
Wettbewerb Publikumspreis 2021
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Garage, Engines & Men Claire Simon
In der lokalen Autowerkstatt halten zwei Mechaniker – ein gelernter und ein auszubildender Superheld des Alltags – die Motoren einer provenzalischen Dorfgemeinschaft am Laufen.
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Garage, Engines & Men

Garage, des moteurs et des hommes
Claire Simon
Wettbewerb um den Publikumspreis 2021
Dokumentarfilm
Frankreich
2021
71 Minuten
Französisch
Untertitel: 
deutsche Untertitel für Menschen mit eingeschränkter Hörfähigkeit, Englisch

Auf dem Dorf ist das Leben ohne Auto undenkbar geworden. Das gilt auch für das verschlafene Claviers in der Provence, wo Claire Simon zur Schule ging und ihre Tochter mit dem Bäckerssohn die erste Liebe erlebte. Rentner und Urlauber dominieren heute den Ort, und die Bäckerei hat längst aufgegeben. Das Herz des Dorfes aber schlägt weiter: in der Autowerkstatt. Hier spielen sich die tagtäglichen Dramen ab, hier entscheiden sich Wohl und Wehe seiner Bürger.

Das Reich von Christophe Scalia ist eines der Männer, das Frauen nur als Zaungäste akzeptiert. Von Claire Simon allerdings lassen sich der Mechaniker und sein Auszubildender Romaric Rousselle nicht nur bereitwillig bei jedem Handgriff an Stoßdämpfern, Zündkerzen und Bremsklötzen zuschauen und bei jedem frotzelnden Gespräch belauschen. Sie gehen in ihrer Rolle ganz und gar auf, verwandeln sich in Superhelden, die nicht nur die Funktionstüchtigkeit all der auf dem Lande so unentbehrlichen zwei- und vierrädrigen Vehikel, sondern die des gesamten Dorfes verantworten. Bei ihnen werden Lokalpolitik und Familienplanung verhandelt, Generationenkonflikte und Ökonomie, ab und an untermalt von der Musik aus Coppolas „Der Pate“, die Christophe auf seinem Handy als Klingelton eingestellt hat. Durch geduldige Beobachtung den Alltag spannender wirken zu lassen als jede Fiktion, das ist das Wunder des dokumentarischen Werks von Claire Simon.
Christoph Terhechte

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Claire Simon
Buch
Claire Simon
Kamera
Claire Simon
Schnitt
Luc Forveille
Produktion
Rebecca Houzel
Ton
Frédéric Buy
Musik
Nicolas Repac
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Handwritten

Escrito à mão
Lui Avallos
Extended Reality 2021
-
Brasilien,
Portugal,
Italien,
Frankreich
2021
9 Minuten
Portugiesisch (Brasilien),
Italienisch,
Französisch,
Englisch

Die globale Covid-19-Pandemie hat menschliche Beziehungen verändert. Aus Archivmaterial, 360°-Aufnahmen und künstlich generierten Bildern entsteht ein synästhetischer Essayfilm über Einsamkeit, Verunsicherung und die zunehmende Verlagerung des Alltags ins Digitale. Dystopische und anonyme Geschichten verbinden sich zu einer Collage der verstörenden sozialen und politischen Phänomene unserer Zeit.

Lars Rummel

Credits DOK Leipzig Logo

Produktion
Rodrigo Moreira
Produktionsfirma
Mundivagante Studio
Schnitt
Lui Avallos
Sprecher*in
Lui Avallos, Agnese Riaudo, Filippo Stagnini, Jessica Menezes
Regie
Lui Avallos
Kamera
Lui Avallos
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Heart

Yollotl
Fernando Colin Roque
Internationaler Wettbewerb Kurzfilm 2021
Dokumentarfilm
Frankreich
2020
17 Minuten
Spanisch
Untertitel: 
Englisch

Eine Stimme in der aztekischen Sprache Nahuatl und ein rituelles Lied begleiten die Spiele der Kinder im Regenwald der Maya. Sie legen ihre Ohren an die Bäume, die miteinander und mit dem Universum zu sprechen scheinen. Sie lauschen einer uralten Liebesgeschichte, die im Heute weitergeht. Ein Mythos der mesoamerikanischen Kultur wird vergegenwärtigt. Animierte Sequenzen und extremes Gegenlicht visualisieren das Eigenleben der Bäume. Welche Bilder mögen vor dem geistigen Auge der Kinder entstehen?

Anke Leweke

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Fernando Colin Roque
Buch
Chloé Belloc
Kamera
Fernando Colin Roque
Schnitt
Fernando Colin Roque, Chloé Belloc, Mathilde Lavenne
Produktion
Eric Prigent
Co-Produktion
Eduardo Martinez
Ton
Nicolas Verhaeghe, Yannick Delmaire
Musik
Fernando Colin Roque
Animation
Fernando Colin Roque
Filmvertrieb
Natalia Trebik
Sprecher*in
Fernando Colin Roque