Filmarchiv

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Water Has No Borders

Tskals sazghvrebi ar akvs
Maradia Tsaava
Internationaler Wettbewerb 2021
Dokumentarfilm
Frankreich,
Georgien
2021
85 Minuten
Georgisch,
Russisch
Untertitel: 
Englisch

Seit Ende des Bürgerkriegs zu Beginn der 1990er Jahre agiert die Region Abchasien unabhängig von Georgien. Eine enorme Staumauer ist dadurch zur Grenze geworden. Doch das Wasserkraftwerk verbindet die beiden politischen Gebilde auch: Denn über eine Strecke von fünfzehn Kilometern fließt, im Untergrund, das Wasser frei von einer Seite zur anderen. Als eine junge Journalistin hier strandet, treten Geschichten der Teilung hervor.

Auf dem Rückweg von einer Reportagereise an den Staudamm bleibt das Auto der Regisseurin Maradia und ihres Kameramanns liegen. Ika nimmt sich ihrer an. Seit Jahrzehnten arbeitet der lebensfrohe Ingenieur – in Kooperation mit den Kollegen auf abchasischem Gebiet – an der Instandhaltung des Werks. Maradia, stellvertretend für eine ganze Generation von Georgiern, die den Sehnsuchtsort am Schwarzen Meer nur aus Erzählungen kennt, wird neugierig. Doch während die Arbeiter allmorgendlich den Bus nach drüben nehmen, scheitert das Filmteam an der Bürokratie. Mal um Mal wird ihnen das Passieren verwehrt. Für den Film erweist sich das als Glück: Denn im Warten auf die Erlaubnis, in der Kantine des Staudamms, in Autofahrten rund um den Fluss treten die Geschichten von Menschen in den Vordergrund, deren Alltag von der Abspaltung geprägt ist. Sie berichten von legalen und klandestinen Grenzübertritten, von Hochzeiten und Beerdigungen und vom Leben im Hier und Dort.
Marie Kloos

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Maradia Tsaava
Buch
Maradia Tsaava
Kamera
Nik Voigt
Schnitt
Maradia Tsaava, Anne Jochum, Jérôme Huguenin-Virchaux
Produktion
Mariam Chachia, Luciano Goor
Co-Produktion
Edith Farine
Ton
Geoffroy Garing, Paata Godziashvili
Camera Lucida 2022
Filmstill We Had the Day Bonsoir
We Had the Day Bonsoir Narimane Mari
Narimane Mari widmet ihrem mittlerweile verstorbenen Gefährten, dem Künstler Michel Haas, ein berührendes Porträt, das vom Abschied erzählt. Eine kontemplative Hommage an die Liebe.
Filmstill We Had the Day Bonsoir

We Had the Day Bonsoir

On a eu la journée bonsoir
Narimane Mari
Camera Lucida 2022
Dokumentarfilm
Frankreich
2022
61 Minuten
Französisch,
Englisch
Untertitel: 
Englisch

Narimane Mari widmet ihrem mittlerweile verstorbenen Geliebten, dem Künstler Michel Haas, ein berührendes Porträt, das vom Abschied erzählt. Eingefangen werden vor allen Dingen die kleinen alltäglichen Momente – Straßenszenen, die Arbeit im Atelier, gemeinsam Filme schauen, sich im Bett gegenseitig vorlesen. Die Abwesenheit einer herkömmlichen Narration, lange Kameraeinstellungen und intensive Gespräche laden zum Sinnieren über das eigene Verhältnis zur Endlichkeit ein.

Ein immer wieder eingestreutes Potpourri an Gedichten, Prosa und Musik von Nâzım Hikmet über Stéphane Mallarmé bis Sun Ra gibt dem Film seinen ganz eigenen, gemächlichen Rhythmus. Auch die Szenen im Atelier sind von dieser Stimmung getragen. Wie bei Jackson Pollock entsteht die Kunst zumeist am Boden. Doch statt mit Leinwand und dünnflüssiger Farbe arbeitet Michel Haas mit Tusche, großformatigen Papierbögen und heißem Wasser. Fröhlich summend, traktiert er mit festen Hieben der bloßen Hand das aufgeweichte Papier, bis Kanten, Knicke und Falten entstehen. Die abstrakten Umriss- und Flächenformen geben sich erst aus der Ferne betrachtet als Figuren zu erkennen: Häufig sind es ineinander verschlungene Paare. Eine kontemplative Hommage an die Liebe.
Samuel Döring

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Narimane Mari
Kamera
Narimane Mari, Nacer Medjkane
Schnitt
Narimane Mari
Produktion
Narimane Mari
Ton
Antoine Morin, Benjamin Laurent
Filmvertrieb
Pascale Ramonda
Camera Lucida 2022
Filmstill When There Is No More Music to Write, and Other Roman Stories
When There Is No More Music to Write, and Other Roman Stories Éric Baudelaire
Eine opulente filmische Collage, die um das Schaffen des Komponisten Alvin Curran und das menschliche Bedürfnis kreist, sich mithilfe von Musik in der Welt zurechtzufinden.
Filmstill When There Is No More Music to Write, and Other Roman Stories

When There Is No More Music to Write, and Other Roman Stories

When There Is No More Music to Write, and Other Roman Stories
Éric Baudelaire
Camera Lucida 2022
Dokumentarfilm
Frankreich
2022
59 Minuten
Englisch
Untertitel: 
Keine

Die Entführung und Ermordung des Politikers Aldo Moro; vier aufgeschlitzte Reifen, die einem Blumenhändler das Leben retten sollten; der verschollene Soundtrack zu Antonionis Spielfilm „Zabriskie Point“; das Aufeinandertreffen zweier Avantgarde-Komponisten; Archivmaterial und Found Footage – das sind die Bestandteile dieses „frei komponierten“ Films, der von der Stadt Rom durchdrungen ist und den menschlichen Drang zur steten Rebellion gegen die These vom Ende der Geschichte stellt.

Musik ist für den US-amerikanischen Elektronik-Komponisten Alvin Curran, dessen Gedanken- und künstlerische Welt im Zentrum von Éric Baudelaires ausnehmend reichhaltiger Collage steht, ein Vehikel, welches uns an Orte trägt, die wir nie zuvor bereist haben. In Rom, wo sich Curran in den 1960er Jahren niederließ, begegnete ihm damals der um einiges erfahrenere Berufskollege Franco Evangelisti und schockierte ihn mit der Frage: „Wissen Sie denn nicht, dass es gar keine Musik mehr zu schreiben gibt?“ Baudelaires kongeniale Montage von Film- und Tonfragmenten legt nahe, dass Currans Solo-Werk – wie auch seine Arbeiten mit dem bahnbrechenden Kollektiv „Musica Elettronica Viva“ – die Antwort auf Evangelistis Frage ist: Wir müssen uns die Welt immer wieder neu zusammensetzen.
Christoph Terhechte

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Éric Baudelaire
Kamera
Éric Baudelaire
Schnitt
Claire Atherton
Produktion
Éric Baudelaire
Ton
Éric Lesachet
Filmstill Where Zebus Speak French

Where Zebus Speak French

Sitabaomba
Nantenaina Lova
Internationaler Wettbewerb Dokumentarfilm 2023
Dokumentarfilm
Burkina Faso,
Frankreich,
Deutschland,
Madagaskar
2023
103 Minuten
Französisch,
Madagassisch
Untertitel: 
Englisch

Ob Bauer Ly etwas mit den Chinesen zu tun habe, die sich neuerdings an der Infrastruktur des Dorfes Sitabaomba, unweit der madagassischen Hauptstadt Antananarivo, zu schaffen machen, fragt Regisseur Nantenaina Lova so unverblümt wie verschmitzt. Ly verneint. Dass die verschiedenen Entwicklungsmaßnahmen, häufig eingeleitet von ausländischen Initiativen und befeuert durch korrumpierte Politik, jedoch auch ihn betreffen, wird im Verlauf von „Where Zebus Speak French“ immer klarer.

Fokussiert auf Sitabaomba, zeigt Lova über mehrere Jahre hinweg den Versuch der Dorfbevölkerung, ihr Ackerland zu verteidigen. Ihr Kampf erinnert an den von David gegen Goliat, führt jedoch nicht zu Verzagtheit. Denn in Madagaskar wird seit jeher auch eine sehr eigenständige Form des künstlerischen Ausdrucks, insbesondere des sprachlichen, gepflegt, der es im besten Fall vermag, eine innere Unabhängigkeit zu bewahren. So liefert den Kommentar zum Geschehen eine Stimme im Stil der „Kabary“. Diese höfliche, rhetorisch ausgefeilte und bisweilen spöttische Rede umschifft direkte Kritik elegant und trägt sie damit umso deutlicher vor. Auch ein Künstler besucht wiederholt das Dorf, bringt mit Kindern Steine zum Sprechen und festigt so eine Haltung, die Nantenaina Lova selbst folgendermaßen beschreibt: „Über Ungerechtigkeit lachen, statt zu weinen, Widerstand leisten, statt sich zu bemitleiden.“

Carolin Weidner

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Nantenaina Lova
Buch
Nantenaina Lova, Eva Lova-Bély
Kamera
Nantenaina Lova, Nantenaina Fifaliana
Schnitt
Nantenaina Lova, Emmanuel Roy
Produktion
Eva Lova-Bély, Candy Radifera
Co-Produktion
Nicole Gehards, Nina Fernandez, Michel Zongo
Ton
Jonathan Narlysh Rafidiarison, Nantenaina Fifaliana
Sound Design
Julien Verstraete
Musik
Various Malagasy Music Bands
Animation
Herizo Ramilijaonina
Sprecher*in
Claudia Tagbo
Ausgezeichnet mit: Filmpreis Leipziger Ring
Internationaler Wettbewerb 2021
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Words of Negroes Sylvaine Dampierre
Eine Zuckerfabrik auf Guadeloupe als Bühne der Vergangenheit: Während Maschinen und Menschen Schwerstarbeit verrichten, tritt eine Gruppe von Sklaven in den Zeugenstand.
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Words of Negroes

Paroles de nègres
Sylvaine Dampierre
Internationaler Wettbewerb 2021
Dokumentarfilm
Frankreich
2020
78 Minuten
Französisch
Untertitel: 
Englisch, deutsche Untertitel für Menschen mit eingeschränkter Hörfähigkeit

Auf Guadeloupe, einer Inselgruppe in der Karibik, ergreift die Vergangenheit das Wort. Sylvaine Dampierre lässt die Arbeiter einer alten Zuckerfabrik Passagen aus den Protokollen eines Gerichtsprozesses von 1842 verlesen, während im Hintergrund die Maschinen tosen und ächzen. Die Aussagen der Sklaven von damals in den rostigen Hallen von heute ergeben eine Vielstimmigkeit von gleichsam brisanter wie poetischer Qualität.

Die Zuckerfabrik „Grand Anse“ ist ein Ungeheuer ferner Zeit: Aus den Öfen speien die Flammen wie lange Zungen, überall Haufen, die an Knochen erinnern. Die Arbeiter schlagen sie mit Macheten in den Plantagen von Marie-Galante, einer winzigen Insel, die zum Archipel Guadeloupe gehört. Die langen Knochen, das Zuckerrohr, sind das Gerüst, das hier alles zusammenhält. Sylvaine Dampierre ist mittendrin, zeigt das Pulsieren der Fabrik und die schwere Arbeit, die in ihr verrichtet wird. Saisonkräfte kommen und gehen, die Männer organisieren ihr Tun selbst. Sie sind frei. Die eigenartige Bindung an Frankreich, dessen integraler Bestandteil das Überseegebiet ist, blitzt dennoch gelegentlich auf. In den Vordergrund aber stellt Dampierre die Aufzeichnungen einer fast zweihundert Jahre zurückliegenden Gerichtsverhandlung, in der Sklaven gegen ihren gewalttätigen Herren aussagten. Ein Akt der Selbstermächtigung, dessen Gestus die Regisseurin in Dialog mit der Gegenwart bringt.
Carolin Weidner

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Sylvaine Dampierre
Kamera
Renaud Personnaz
Schnitt
Sophie Reiter
Produktion
Sophie Salbot
Ausgezeichnet mit: FIPRESCI Preis