Filmarchiv

Doc Alliance Award 2023
Filmstill waking up in silence
waking up in silence Mila Zhluktenko, Daniel Asadi Faezi
Einst deutsche Kaserne, jetzt Unterkunft für Geflüchtete: Ukrainische Kinder üben die neue Sprache, erkunden fremde Räume. Ein sommerlich flirrender Moment zwischen Weggehen und Ankommen.
Filmstill waking up in silence

waking up in silence

waking up in silence
Mila Zhluktenko, Daniel Asadi Faezi
Doc Alliance Award 2023
Dokumentarfilm
Deutschland,
Ukraine
2023
17 Minuten
Ukrainisch,
Englisch,
Russisch
Untertitel: 
Englisch

Das Rufen von Mauerseglern liegt in der Luft. Ein Geräusch als Inbegriff des Sommers. Die Sonne strahlt vom Himmel über einem klobigen Gebäude. Inmitten dieser flirrenden und scheinbar unbeschwerten Stimmung üben Kinder deutsche Vokabeln, erkunden leere Räume und malen mit Kreide auf den Boden vor dem Haus. Es sind aber keine Hüpfspiele wie Hinke-Pinke, sondern immer wieder schreiben sie auf den Bordstein: „Putin, hör auf, Menschen zu töten.“

Ehemals Wehrmachtskaserne, später genutzt von der US-Armee, dient der hellgelbe Komplex nun als Unterkunft für Geflüchtete aus der Ukraine. Der poetische Film des Regieduos zeigt einen Augenblick im Leben dieser jungen Menschen: ein kurzer und doch einschneidender Moment zwischen zwei Welten, schon weggegangen aus der einen, noch nicht angekommen in der anderen und eine vage Zukunft in Aussicht.

Lina Dinkla

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Mila Zhluktenko, Daniel Asadi Faezi
Buch
Mila Zhluktenko, Daniel Asadi Faezi
Kamera
Tobias Blickle
Schnitt
Mila Zhluktenko, Daniel Asadi Faezi
Produktion
Mila Zhluktenko, Daniel Asadi Faezi
Co-Produktion
Andrii Kotliar
Ton
Kristina Kilian
Sound Design
Daniel Asadi Faezi, Andrew Mottl
Musik
Anton Baibakov
Filmvertrieb
Wouter Jansen
Internationaler Wettbewerb Kurzfilm 2022
Filmstill When Will the Winter of 2022 End?
When Will the Winter of 2022 End? Hanna Trofimova
Das Videotagebuch einer Kyjiwer Künstlerin, die angesichts des Kriegsalltags zwischen Angst, Agonie und Aktionismus schwankt. Dafür findet sie berührende Worte und Bilder.
Filmstill When Will the Winter of 2022 End?

When Will the Winter of 2022 End?

Koly zakinchyt’sya zyma 2022?
Hanna Trofimova
Internationaler Wettbewerb Kurzfilm 2022
Dokumentarfilm
Ukraine
2022
23 Minuten
Ukrainisch,
Russisch
Untertitel: 
Englisch

Mit diesem persönlichen Videotagebuch aus Kyjiw gelingt es der Künstlerin Hanna Trofimova, ein Stück weit nachvollziehbar zu machen, wie der Krieg das Leben und den Alltag infiltriert und zerstört – selbst dann, wenn die eigene Wohnung noch nicht durch eine Bombe getroffen wurde. Bilder aus der beklemmenden „Normalität“ zwischen Sirenenalarm und Explosionen verbinden sich mit den berührenden Worten einer jungen Frau, die versucht, sich und ihr Dasein nicht ganz an die neue Realität zu verlieren.

Luc-Carolin Ziemann

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Hanna Trofimova
Kamera
Hanna Trofimova
Schnitt
Hanna Trofimova
Produktion
Hanna Trofimova
Ton
Hanna Trofimova
Internationales Programm 2014
Ein Weg aus Pflastersteinen zwischen zwei Reihen aus Wohncontainern.
Willkommen auf Deutsch Hauke Wendler, Carsten Rau

Zwei gutsituierte norddeutsche Gemeinden sollen Asylbewerber aufnehmen: Während einige den Fremden helfen, gründen sich Bürgerinitiativen dagegen. Gruselige Provinzposse.

Ein Weg aus Pflastersteinen zwischen zwei Reihen aus Wohncontainern.

Willkommen auf Deutsch

Dokumentarfilm
Deutschland
2014
89 Minuten
Untertitel: 
deutsche
englische

Credits DOK Leipzig Logo

Produktion
Hauke Wendler, Carsten Rau
Regie
Hauke Wendler, Carsten Rau
Musik
Sabine Worthmann
Kamera
Boris Mahlau
Schnitt
Stephan Haase
Buch
Hauke Wendler, Carsten Rau
Ton
Torsten Reimers, Detlev Meyer
Bildung DOK Leipzig Logo

Altersempfehlung: ab 14 Jahren 
Klassenstufen: 9-13

Themen: Integration, Flüchtlinge, Rassismus, Fremde Kulturen, Heimat, Vorurteile 
Unterrichtsfächer: Gemeinschaftskunde/Sozialkunde, Politik, Geschichte, Philosophie, Ethik/Religion

Zum Inhalt

Willkommen auf Deutsch zeigt, was passiert, wenn in der Nachbarschaft plötzlich Asylbewerber einziehen. Der Film wirft dabei die Frage auf, was einem nachhaltigen Wandel der Asyl- und Flüchtlingspolitik tatsächlich im Wege steht. 

Der Dokumentarfilm Willkommen auf Deutsch zeigt die Probleme, die durch die stetig wachsenden Flüchtlingszahlen entstehen und setzt bei den Menschen, ihren Sorgen und Vorurteilen an. Dabei fokussiert der Film keinen Brennpunkt wie Berlin Hellersdorf, sondern bewegt sich in der bürgerlichen Mitte Westdeutschlands: Im Landkreis Harburg, der sich zwischen der Lüneburger Heide und Hamburg erstreckt. 240.000 Einwohner, Backsteinhäuser, Weideland – hier scheint die Welt noch in Ordnung zu sein. Doch jetzt leben traumatisierte Flüchtlinge neben Dorfbewohnern, die sich angesichts der neuen Nachbarn um ihre Töchter und den Verkaufswert ihrer Eigenheime sorgen. Junge Männer, die Krieg, Armut und Perspektivlosigkeit entfliehen wollten, sollen in einem 400-Seelen-Dorf untergebracht werden, das weder Bäcker noch Supermarkt hat. Was passiert, wenn Menschen aufeinander prallen, die sich fremd sind?

Über einen Zeitraum von fast einem Jahr begleitet der Film Flüchtlinge, Anwohner sowie den Bereichsleiter der überlasteten Landkreisverwaltung – stellvertretend für die 295 Landkreise bundesweit. 

Willkommen auf Deutsch ist kontrovers, sehr emotional und auch amüsant und zeigt, dass die Situation schwierig, aber nicht hoffnungslos ist.

„Willkommenskultur“ könnte das neue euphemistische Unwort des Jahres werden. Es zieht sich durch diesen Film, der über einen längeren Zeitraum verfolgt, was passiert, wenn zwei gutsituierte norddeutsche Gemeinden Asylbewerber aufnehmen sollen. Da sind die Bürger in ihren Reihenhäusern, die ihre Töchter nicht mehr auf die Straße lassen können, wenn der Weltuntergang in Form von 53 Flüchtlingen (im schlimmsten Fall Schwarze) bevorsteht. Flugs gründen sich Bürgerinitiativen, um das Unheil juristisch abzuwenden. Da ist der Gastwirt, der vorgeblich selbstlos seine leerstehenden Gästezimmer anbietet, was als „sozialverträgliche“ Variante präsentiert wird. Da ist die Verwaltung, die verzweifelt nach Unterkünften sucht, um Akzeptanz dafür ringt, schließlich Container aufstellt und sich zufrieden auf die Schulter klopft. Sie alle können nicht oft genug betonen, wie willkommen die Fremden ihnen grundsätzlich sind (nur nicht so viele, nur nicht bei uns). Und da sind die Fremden selbst, die am Ende einer Odyssee traumatisiert auf eine neue Heimat hoffen. Wendler und Rau zeigen einen Alltagsrassismus, der nicht in Springerstiefeln, sondern im Gewand der Nächstenliebe und Demokratie daherkommt – aber auch Menschen, die bei Flüchtlingskindern übernachten, als deren Mutter ins Krankenhaus muss. Und wie der Wirt am Ende Schnitzel mit den Albanern brät – mitten in der deutschen Provinz.



Grit Lemke