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Pa va hêng

Pa va hêng
Franziska von Stenglin
Deutscher Wettbewerb 2021
Dokumentarfilm
Frankreich,
Deutschland
2021
82 Minuten
Sedang,
Vietnamesisch
Untertitel: 
Englisch

Liem gehört der ethnischen Minderheit der Sedang an und ist in einer abgelegenen Region von Vietnam zu Hause. Knapp skizziert die beobachtende Kamera einen Alltag, den mehr das Überleben denn das Leben bestimmt. Mit seinen Freunden bereitet er eine Expedition in den Dschungel vor. Dort wollen die jungen Männer eine Auszeit nehmen, an die Tradition ihrer Ahnen anknüpfen, Jäger und Sammler werden. Je verschlungener die Pfade, desto tiefer scheint sich auch der Film in eine andere Sphäre zu begeben.

Man lernt Liem bei alltäglichen Verrichtungen kennen. Mit dem Baby im Tragetuch kocht er, hängt Wäsche auf, geht aufs Feld. Die gigantischen Lautsprecher, die an den Laternen befestigt sind, beschallen sein Dorf mit offiziellen Nachrichten und Werbung. In seinem Stelzenhaus hört Liem lieber vietnamesischen Pop. Schon bald erspürt man den Rhythmus, den ganz eigenen Takt dieses Lebens. Wenn Liem und seine Freunde mit Gummilatschen und Rucksäcken losziehen, heftet sich die Kamera an ihre Fersen, nimmt ihre Perspektive ein. Auf Super-16 gedreht, fängt der Film die Grüntöne des zentralen Hochlands in Vietnam ein, die Bilder entwickeln eine soghafte Tiefe. Blätterrauschen, Insektensummen, Vogelgezwitscher und permanenter Regen setzen sich zu einer melodischen Geräuschkulisse zusammen. Plötzlich scheint die Zeit stillzustehen, die Trennung zwischen Leinwand und Zuschauerraum wird aufgehoben.
Anke Leweke

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Franziska von Stenglin
Kamera
Lucie Baudinaud
Schnitt
Zuniel Kim, Marylou Vergez
Produktion
Lucas Tothe, Franziska von Stenglin
Co-Produktion
Cinegrell, Umlaut Films
Ton
Christian Wittmoser, Nguyen Ngoc Tân
Musik
Thomas Höhl
Deutscher Wettbewerb 2014
Zwei Männer, einer mit Glatze, einer mit langen Haaren sitzen nebeneinander.
Striche ziehen. Gerd Kroske

Punk in Weimar, zwei Brüder und ein Verrat, Knast, Ausreise und eine Mauerkunstaktion. DDR-Archäologie voller fröhlich lärmender Anarchie und Striche, die ins Heute reichen.

Zwei Männer, einer mit Glatze, einer mit langen Haaren sitzen nebeneinander.

Striche ziehen.

Dokumentarfilm
Deutschland
2014
96 Minuten
Untertitel: 
englische

Credits DOK Leipzig Logo

Produktion
Gerd Kroske
Regie
Gerd Kroske
Musik
Klaus Janek, Die Madmans, KG Rest
Kamera
Anne Misselwitz
Schnitt
Karin Gerda Schöning
Buch
Gerd Kroske
Ton
Mark Meusinger, Sylvia Grabe, Helge Haack
Bildung DOK Leipzig Logo

Altersempfehlung: ab 14 Jahren 
Klassenstufen: 9-13

Themen: (Deutsche) Geschichte, DDR, Grenze, Rebellion, Meinungsfreiheit, Verrat, Geheimdienst, Familie, Stasi, Widerstand 
Unterrichtsfächer: Geschichte, Gemeinschaftskunde/Sozialkunde, Politik, Philosophie, Ethik

 

Zum Inhalt

Als „Der weiße Strich“ wird eine Kunstaktion bekannt, bei der 1986 fünf junge Männer die Mauer auf der Westberliner Seite mit einem durchgezogenen weißen Strich markieren. Sie alle stammen aus der Weimarer Punk- und Undergroundszene und sind erst kurz vorher aus der DDR ausgereist. Schon am zweiten Tag ihrer Performance lauern ihnen DDR-Grenzsoldaten auf, einer der Freunde wird durch eine verborgene Tür in der Mauer verschleppt und landet im Stasi-Gefängnis in Bautzen.

Als die Männer sich viele Jahre später im Rahmen eines Buchprojekts wieder mit der Geschichte beschäftigen und ihre Stasi-Akten durchgehen wollen, taucht plötzlich einer der ehemaligen Mitstreiter ab…. Langsam wird den Beteiligten klar, warum die Stasi schon Anfang der 1980er in Weimar immer genauestens über ihre Aktivitäten Bescheid wusste: gab es eine undichte Stelle innerhalb ihrer Gruppe?

Heute, knapp 30 Jahre später, wird der Filmdreh zum Anlass, sich noch einmal mit dieser Zeit zu beschäftigen. Gerd Kroske zeigt die Freunde von damals bei ihrem Versuch, die eigene Vergangenheit zu verstehen und damit umzugehen. In Gesprächen mit allen Beteiligten, flankiert von reichhaltigem Archivmaterial lotet Gerd Kroske die Untiefen von Verrat, Verdrängen und Vergeben aus. Er insistiert, ohne zu diskreditieren. „Striche ziehen.“ gelingt es auf eindrückliche Weise, den andauernden Balanceakt spürbar werden zu lassen, den jeder vollziehen muss, der sich ernsthaft mit Verrat und Vergebung beschäftigen will.

Als „der weiße Strich“ wurde eine Kunstaktion bekannt, bei der 1986 fünf ausgereiste DDR-Bürger aus der Weimarer Punk- und Undergroundszene die Mauer auf Westberliner Seite mit einem aufgemalten Strich umrunden wollten. Am zweiten Tag lauerten ihnen die DDR-Grenztruppen auf, einer der Freunde landete in Bautzen. Erst nach Jahren im Westen stellte sich heraus, dass einer in ihrem Kreis war, der in der DDR über ihre Aktivitäten berichtet hatte. Und über seinen Bruder. In Gesprächen mit den Beteiligten bis hin zum nassforschen (nicht unsympathischen) Grenzsoldaten, flankiert von reichhaltigem Archivmaterial mit dem angekratzten Anarcho-Charme von Super 8 und ORWO, lotet Gerd Kroske die Untiefen von Verrat, Verdrängen und Vergeben aus. Er insistiert, ohne zu diskreditieren. Je tiefer er in die Vergangenheit dringt, desto mehr tritt sie zurück hinter der Frage, wie beide Seiten mit dem Verrat weiterleben. Wie gegenwärtig die Geschichte ist, wird im großen, finalen Showdown der Brüder ebenso deutlich wie in wiederkehrenden Bildern von der Mauer, die Israel und Palästina trennt. Auch heute ist es mit dem Striche-Ziehen nicht so einfach. Besonders, wenn es sich um einen Schlussstrich handelt.



Grit Lemke