Filmarchiv

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A Night of Knowing Nothing

A Night of Knowing Nothing
Payal Kapadia
Camera Lucida – Außer Konkurrenz 2021
Dokumentarfilm
Frankreich,
Indien
2021
96 Minuten
Hindi,
Bengali
Untertitel: 
Englisch

Unruhen und Proteste an einer indischen Filmhochschule, erzählt anhand von Briefen, die Studentin L an ihren Geliebten K verfasst und in denen sie das Geschehen um sie herum reflektiert. Während die staatliche Gewalt den Aufstand immer weiter zurückdrängt, begreift L, dass sie nie eine Antwort bekommen wird, denn K gehört einer höheren Kaste an. Die anonymen Zeilen sind wehmütige Echos einer Liebestragödie in Zeiten des Wiedererstarkens einer nationalistischen Klassengesellschaft.

Das aus vielfältigen Quellen zusammengestellte Bildmaterial, welches von langen, zehrenden Protestnächten, aber auch von großer Geschlossenheit und jugendlicher Lebensfreude zeugt, taucht Regisseurin Payal Kapadia fast durchgängig in grobkörniges Schwarz-Weiß. Selbst Aufnahmen von Handy- und Überwachungskameras rücken so in ästhetische Verwandtschaft zu 16mm-Studentenfilmen vergangener Dekaden. Doch vor diesem Kontrast tritt die unmittelbare, unabgeschlossene Natur des Dargestellten nur umso mehr hervor und verweist so auf den komplexen Dialog, den fragile Erinnerung und eine sich überschlagende Gegenwart im Film miteinander führen. Eine Gegenwart, in der Fragen nach künstlerischer Veranschaulichung, aber auch nach persönlicher Verantwortung neu verhandelt werden müssen.
Felix Mende

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Payal Kapadia
Buch
Payal Kapadia, Himanshu Prajapati
Kamera
Ranabir Das
Schnitt
Ranabir Das
Produktion
Thomas Hakim, Julien Graff, Ranabir Das
Ton
Moinak Bose, Romain Ozanne
Filmvertrieb
Wouter Jansen
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Our Quiet Place

Un endroit silencieux
Elitza Gueorguieva
Camera Lucida – Außer Konkurrenz 2021
Dokumentarfilm
Bulgarien,
Frankreich
2021
68 Minuten
Bulgarisch,
Englisch,
Französisch
Untertitel: 
Englisch, deutsche Untertitel für Menschen mit eingeschränkter Hörfähigkeit

Mit der Aneignung des Französischen hat die belarussische Autorin Aliona Gloukhova eine Möglichkeit gefunden, über ihren verschwundenen Vater zu schreiben. Regisseurin Elitza Gueorguieva folgt diesem Prozess, an dessen Ende eine Buchveröffentlichung steht. Gleichzeitig kreuzen sich damit die Lebenswege zweier Frauen, die es auch deshalb nach Westeuropa verschlug, um Abstand von ihren Heimatländern, Belarus und Bulgarien, zu gewinnen.

Sich das Koordinatensystem einer fremden Sprache zunutze machen, um auszudrücken, was einem sonst dramatisch oder pathetisch vorkäme: Aliona Gloukhova hat diese Methode gewählt, um die Geschichte ihres Vaters zu schreiben, eines stillen Dissidenten und Tschernobyl-Experten, der Mitte der 1990er Jahre plötzlich verschwand. Die Erinnerungen an ihn sind lückenhaft, und vielleicht ist selbst das, was sich als Erinnerung tarnt, nicht echt. Aliona taucht ein in die Fiktion und den französischen Wortschatz, der ihr die Freiheit schenkt, eine eigene Fassung der Geschehnisse zu formulieren. Elitza Gueorguieva verfolgt das Herantasten an den biografisch-linguistischen Komplex, der auch an ihr eigenes Gedächtnis appelliert. Denn auf den Straßen von Minsk, die sie gemeinsam mit Aliona beschreitet, spürt sie sogleich die altbekannte Angst aus ihrer Kindheit. Es überkommt sie wie der Biss in eine Madeleine, die sie besser nicht in den Mund genommen hätte.
Carolin Weidner

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Elitza Gueorguieva
Kamera
Thomas Favel, Elitza Gueorguieva
Schnitt
Mélanie Braux
Produktion
Eugénie Michel Villette
Co-Produktion
Martichka Bozhilova
Ton
Arno Ledoux
Musik
Arno Ledoux