Filmarchiv

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Land (Film Archive)

Internationaler Wettbewerb 2022
Filmstill A Hawk as Big as a Horse
A Hawk as Big as a Horse Sasha Kulak
Am Stadtrand von Moskau arbeitet Transgender-Ornithologin Lydia an der Erfüllung ihres Traumes: Das Universum von „Twin Peaks“ soll sich mehr und mehr in ihrem Leben manifestieren.
Filmstill A Hawk as Big as a Horse

A Hawk as Big as a Horse

Yastreb razmerom s loshad’
Sasha Kulak
Internationaler Wettbewerb 2022
Dokumentarfilm
Frankreich
2022
74 Minuten
Russisch
Untertitel: 
Englisch

Ein blaues Holzhaus am Waldrand, einsam steht es, doch nicht friedlich und still. Lydia lebt hier, eine Transgender-Ornithologin, die sich mal in High Heels und Perlenkette präsentiert, dann wieder in Cargohose und Funktionskleidung. Als dokumentarisches Märchen bezeichnet Regisseurin Sasha Kulak ihren Film. Und tatsächlich verschwimmen die Grenzen zwischen Realität und Fiktion, denn Lydia liebt das Spiel, die Inszenierung, das Unheimliche – und David Lynch.

Über dreißig Mal hat Lydia „Twin Peaks“ gesehen, Charaktere und Handlung sind längst nach Schtscherbinka, eine kleine Stadt im Süden von Moskau, geschwappt. Sie behauptet, auf Leichen im Unterholz zu stoßen, und sogar Lynchs „roter Raum“ findet sich als Nachbau unterm Dach ihres Hauses. Jetzt steht sie vor einer neuen Herausforderung: der Erschaffung von Lara, einer lebensecht wirkenden Silikonpuppe, die mit ihrer Stimme auch durch Kulaks Filmerzählung geleitet. Lydia arbeitet hart an der Erfüllung ihrer Träume, widmet sich aber ebenso passioniert der Erforschung von Vögeln und den sogenannten Neschuljas, scheuen Wesen ohne Augen, die überaus kuschelbedürftig sind und über tantrisches Potenzial verfügen. „A Hawk as Big as a Horse“ macht sich zum Vehikel von Lydias Visionen. Mittels dreidimensionaler Animationen und verschiedener Filmpraktiken öffnet sich das Portal zu einer sehr spezifischen Fantasie.
Carolin Weidner

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Sasha Kulak
Kamera
Sasha Kulak
Schnitt
Sasha Kulak
Produktion
Louis Beaudemont
Ton
Andrei Dergatchev
Musik
Iakov Mironchev
Animation
Elizaveta Federmesser
Ausgezeichnet mit: Special Mention (Internationaler Wettbewerb)
Internationaler Wettbewerb 2022
Filmstill A Night Song
A Night Song Félix Lamarche
Sterben kann manchmal ganz unaufgeregt sein, wie dieser überraschende, beobachtende Dokumentarfilm über medizinisch assistierte Sterbehilfe, ganz unaufgeregt, zeigt.
Filmstill A Night Song

A Night Song

Le chant de la nuit
Félix Lamarche
Internationaler Wettbewerb 2022
Dokumentarfilm
Kanada
2022
45 Minuten
Französisch
Untertitel: 
Englisch

Eine geduldige Kamera richtet sich auf die Alltagsgegenstände: Stillleben an der Wand, Blumen in der Vase, eine schwankende Hängelampe. Die Sonne dringt ein in das traute Heim. Noëlla sitzt rauchend vor ihrem Laptop, sie spielt Solitaire. Die Lage ist aussichtslos. Einmal mehr wird sie gegen den Computer verlieren. Ihr Schwiegersohn Pierre organisiert währenddessen pragmatisch und freundlich alles, was sie braucht: das Frühstück, den (letzten) Arztbesuch – und den anschließenden Abtransport.

Noëlla gedenkt nämlich zu sterben und sie ist fest entschlossen. Pierre kümmert sich gewissenhaft um den Papierkram und lädt die Liebsten zu einem Abschied ein. Sie bringen Fotos mit und plaudern mit der aus dem Leben scheidenden Protagonistin. Die winkt noch einmal, bevor der Doktor ihr die tödliche Dosis verabreicht. Tschüss, das war’s. Sterben kann so unaufgeregt sein. Ganz langsam kommt dieser entschleunigten, minutiösen Zeitstudie eine völlig andere Bedeutung zu, als zunächst zu vermuten war. Wie gern würde man die langen Einstellungen vom Anfang noch einmal sehen. So avanciert diese unprätentiöse Beobachtung von Félix Lamarche zu einer Metapher des Lebens. Der eindringliche frontale Blick von Noëlla, direkt von der Leinwand in die Augen der Zuschauenden, bleibt unvergesslich.
Borjana Gaković

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Félix Lamarche
Kamera
Félix Lamarche
Schnitt
René Roberge
Produktion
Félix Lamarche
Ton
Samuel Gagnon-Thibodeau
Filmvertrieb
Robin Miranda das Neves
Nominiert für: FIPRESCI Preis, Preis der Interreligiösen Jury