Filmarchiv

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Internationales Programm 2018
Eine Person liegt in einem Bällebad.
All Creatures Welcome Sandra Trostel

Kreativer Kopfsprung in die Hacker-Philosophie des CCC, die nicht die fortschreitende Digitalisierung des Lebens beklagt, sondern sich der Technologie bemächtigt, um das Leben zu verbessern.

Eine Person liegt in einem Bällebad.

All Creatures Welcome

Dokumentarfilm
Deutschland
2018
87 Minuten
Untertitel: 
deutsche
englische

Credits DOK Leipzig Logo

Produktion
Sandra Trostel
Regie
Sandra Trostel
Musik
Thies Mynther
Kamera
Sandra Trostel, Lilli Thalgott
Schnitt
Sandra Trostel
Animation
Jon Frickey
Buch
Sandra Trostel, Thies Mynther
Ton
Jonas Hummel
Bildung DOK Leipzig Logo

Dokumentarfilm über den Chaos Computer Club und die Themen Datenschutz, Überwachung und Demokratie 

Altersempfehlung: ab 14 Jahre
Klassenstufen: ab 9. Klasse 

Themen: Internet, Computer, Digitalisierung, Demokratie, Utopie, Fantasie, Idealismus, Meinungs- und Pressefreiheit, Diversität 
Lehrplanbezüge: Politik und Medien, Digitalisierung, Datenschutz
Unterrichtsfächer: Informatik, Gemeinschaftskunde, Politik, Ethik, Religion, Deutsch, Geschichte, Musik, Kunst

Zum Inhalt

Der Chaos Computer Club (CCC) ist weit mehr als eine Vereinigung von Nerds und Hackern. Seit seiner Gründung vor mehr als 30 Jahren agiert der CCC als Vermittler im Spannungsfeld technischer und sozialer Entwicklungen. Inzwischen wird sogar die Bundesregierung in Digitalisierungsfragen vom CCC beraten. Längst sind die Aktivisten zu anerkannten Experten für Themen wie Datenschutz, Netzneutralität, Zensur und Massenüberwachung geworden.

Immer wieder weist der CCC darauf hin, wie unverzichtbar es ist, die Digitalisierung aller Lebensbereiche kritisch zu begleiten und ihre Folgen – seien sie intendiert oder nicht – zu reflektieren. Zentraler Grundsatz des Chaos Computer Clubs ist die Freiheit von Wissen und Information auf der Basis demokratischer Entscheidungen. Jedes Jahr organisiert der CCC diverse Arbeitscamps und internationale Kongresse, um für ein paar Tage die Utopie einer radikal demokratischen Welt ohne Wissensgrenzen Wirklichkeit werden zu lassen. Seit 2017 findet der jährliche Kongress in Leipzig statt. Die Tickets sind immer Monate vorher ausverkauft.

Der vorliegende Dokumentarfilm ist ein verspielter und höchst informativer Versuch, die anarchische Vielfalt der Lebensformen zu beschreiben, die sich in den Hacker-Camps oder auf den Kongressen trifft. Wir blicken den Nerds, politischen Aktivistinnen und Aktivisten und „anderen galaktischen Lebensformen“ über die Schulter und erleben – ergänzt durch kurze
Animationssequenzen – was es heißt, die Gesellschaft nicht als gegebene Tatsache, sondern als gestaltbares Material zu betrachten, das es zu „hacken“ gilt. Ohne Glorifizierung, dafür mit viel Sinn für die inneren Widersprüche zeichnet der Film das Bild einer sehr eigenen (Sub-)Kultur, deren Themen längst zum Mainstream geworden sind.

Ein verspielter und höchst informativer Versuch, die anarchische Vielfalt der Wesenheiten zu beschreiben, die sich unter dem Schirm von Europas größter Hacker-Vereinigung, dem Chaos Computer Club, regelmäßig in Camps oder auf internationalen Kongressen trifft. Sandra Trostel blickt Nerds, politischen Aktivistinnen und Aktivisten, Makern und „anderen galaktischen Lebensformen“ über die Schulter und zeigt, ergänzt durch kurze Animationssequenzen, was es heißt, die Gesellschaft nicht als gegebene Tatsache, sondern als gestaltbares Material zu betrachten, die es zu „hacken“ gilt. Ohne Glorifizierung, dafür mit viel Sinn für die inneren Widersprüche zeichnet der Film das Bild einer sehr eigenen (Sub-)Kultur, deren Themen längst zum Mainstream geworden sind.



Luc-Carolin Ziemann





Nominiert für den Dokumentarfilmpreis des Goethe-Instituts


Deutscher Wettbewerb Dokumentarfilm 2023
Filmstill We Call Her Hanka
Bei uns heißt sie Hanka / Pla nas gronje jej Hanka / Pola nas rěka wona Hanka Grit Lemke
Sorbisches Leben in der Lausitz, heute. Begegnungen mit einem Volk, das sich seine Identität, Sprache und Kultur aus den Heimatmuseen in die bundesrepublikanische Gegenwart zurückholt.
Filmstill We Call Her Hanka

Bei uns heißt sie Hanka / Pla nas gronje jej Hanka / Pola nas rěka wona Hanka

Bei uns heißt sie Hanka / Pla nas gronje jej Hanka / Pola nas rěka wona Hanka
Grit Lemke
Deutscher Wettbewerb Dokumentarfilm 2023
Dokumentarfilm
Deutschland
2023
92 Minuten
Deutsch
Untertitel: 
Englisch

Eine Grünfläche wie ein unbenutzter Teppich, gesäumt von einem sauberen Waldrand, dahinter die dampfenden Kühltürme eines Kohlekraftwerks – impressionistische Kameraeindrücke aus der Lausitz. Sie fassen in einem Schwenk zusammen, wie eine verbrauchte Nutzlandschaft sich zu rekultivieren versucht. Lassen sich in dieser seltsamen Künstlichkeit altansässige Identität und Sprache wiederentdecken? Die Regisseurin bereist die Gegend auf der Suche nach ihrer Herkunft. Hier, in der Lausitz, wurde sie geboren. Hier sind sie und das kleinste aller slawischen Völker beheimatet: die Sorben.

Sie denkt mit den Indigenen über die Assimilation dieser Kultur- und Sprachgemeinschaft nach, über die Geschichte ihrer Unterdrückung in den verschiedenen deutschen Systemen, über eine Region im Strukturwandel und über die identitätsstiftende Kraft von Worten – selbst wenn man sie erst neu lernen muss. Sie trifft eine deutsche Anna, aus der eine sorbische Hanka wird. Sie begegnet Menschen, die Traditionen mit Hingabe pflegen. Gerade die jüngeren Leute verstehen ihr Sorbisch-Sein auch als Bekenntnis zum Gemeinsinn, wenn nicht gar – wie die Künstlerin Hella – als alternative Lebensform. Zu alten und neuen sorbischen Klängen, entlang an den Reflexionen der Filmemacherin im Off entsteht das vielstimmige Porträt einer Nation in der Nation, die sich ihre Kultur aus den Heimatmuseen in den Alltag zurückholt.

Sylvia Görke

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Grit Lemke
Buch
Grit Lemke
Kamera
Uwe Mann, Martin Farkas, Reiner Nagel
Schnitt
Sven Kulik
Produktion
Annekatrin Hendel
Co-Produktion
Thomas Beyer, Roman Nuck, Rolf Bergmann
Ton
Oliver Prasnikar
Sound Design
Michael Kaczmarek
Musik
Walburga Walde, Izabela Kałduńska
Nominiert für: Gedanken-Aufschluss-Preis, Dokumentarfilmpreis des Goethe-Instituts, DEFA Förderpreis, VER.DI Preis für Solidarität, Menschlichkeit und Fairness
Filmstill Clown*esses

Clown*esses

Clown*esses
Jana Rothe
Deutscher Wettbewerb Dokumentarfilm 2023
Dokumentarfilm
Deutschland
2023
22 Minuten
Deutsch,
Türkisch,
Englisch
Untertitel: 
Englisch

Clown*innen sind nicht nur Spaßmacher*innen, sondern halten der Gesellschaft einen Spiegel vor. Sie bewegen sich zwischen den Welten und brechen – meist mit einem Augenzwinkern – auch gern die Regeln. Dabei sind Clown*innen von Haus aus Expert*innen für Widersprüche, denn sie wissen einerseits, dass das Leben viel zu kurz ist, um traurig zu sein, und nutzen andererseits die Möglichkeit, mit ihrer Kunst nicht nur zu unterhalten, sondern Unterdrückung und Gewalt sichtbar und angreifbar zu machen.

So nehmen die Künstler*innen, die in diesem Film porträtiert werden, patriarchale Strukturen und gelernte gesellschaftliche Muster in den Blick. Wenn etwa Gözde mit ihren treffsicheren Performances die in der Türkei bis heute gängigen Frauenbilder hinterfragt und persifliert, dann wurzelt diese Kritik im eigenen Erleben – und ist genau deshalb so komisch. Lokke aus Deutschland betont hingegen den transformativen Aspekt der Clownerie, der es erlaubt, verschiedene Identitäten und Charaktere auszuprobieren, Festlegungen zu verweigern und Klischees der Lächerlichkeit preiszugeben. Jana Rothes stimmiges Kurzporträt stellt diese und andere clown*inneneske Haltungen zur Welt vor. Und man fragt sich, wie es eigentlich passieren konnte, dass wir im Alltag Spaß und Subversion der Rationalität geopfert haben.

Luc-Carolin Ziemann

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Jana Rothe
Buch
Jana Rothe
Kamera
Elena Friedrich
Schnitt
Jannis Lange
Produktion
Lilli Thalgott, Maike Mia Höhne
Sound Design
Roman Vehlken
Musik
Periklis Liakakis
Filmvertrieb
Ben Vandendaele
-
Gözde Atalay, Lokke Schlegel
Deutscher Wettbewerb Dokumentarfilm 2023
Filmstill The Wind Is Taking Them
Der Wind nimmt die mit Ann Carolin Renninger
Urknall, Bärtierchen, aussterbende Menschen: Darüber macht sich ein kindlicher Forscher auf einem Hof an der Ostsee erstaunliche Gedanken – und steckt uns mit seiner Gegenwartsneugier an.
Filmstill The Wind Is Taking Them
Filmstill The Wind Is Taking Them
Filmstill The Wind Is Taking Them

Der Wind nimmt die mit

Der Wind nimmt die mit
Ann Carolin Renninger
Deutscher Wettbewerb Dokumentarfilm 2023
Dokumentarfilm
Deutschland
2023
25 Minuten
Deutsch
Untertitel: 
Englisch

Es ist ein Glücksfall, wenn es einem Film gelingt, dem Leben einfach so beim Ablaufen zuzuschauen und uns ganz nebenbei die Wunder in den Ecken des Alltags zu zeigen. Mit großer Gelassenheit und einer spürbaren Freude am Bilder-Suchen und Bilder-Finden nähert sich Ann Carolin Renninger den Menschen und den Dingen.

Rovin wohnt auf einem abgelegenen Hof an der Ostsee und erkundet seine Umgebung mit unstillbarer Neugier. Er interessiert sich für das Universum, Planeten, unbekannte Wesen – und für Bärtierchen, diese klitzekleinen Vielzeller, die aussehen wie Staubsaugerbeutel auf Beinen und echte Überlebenskünstler sind. Ganz anders als die Menschen, betont Rovin, denn die würden sicher irgendwann aussterben. Das betrachtet er als logische Tatsache, keineswegs als Bedrohung. Und wenn man sich auf die körnigen, erdigen Filmbilder und die unaufgeregte Filmerzählung einlässt, fragt man sich irgendwann auch nicht mehr, warum das ein Problem sein könnte. Solange der Wind weiter durch die Bäume streicht und die Bärtierchen verweht, geht schließlich alles seinen Gang. Neben dem bestechend wachen Jungen trifft Renninger auch noch Marie, die alles über Steine weiß, und Christopher, der mit diesen Steinen einen Ort gestaltet. Sie alle sind auf der Suche und finden dabei täglich ein Stück von dem, was sich nicht festhalten lässt: Gegenwart.

Luc-Carolin Ziemann

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Ann Carolin Renninger
Kamera
Ann Carolin Renninger, René Frölke
Schnitt
Ann Carolin Renninger
Produktion
Ann Carolin Renninger
-
Zane Zlemesa, Miro Denck
Deutscher Wettbewerb Dokumentarfilm 2023
Filmstill Make Up the World
Die Ausstattung der Welt Susanne Weirich, Robert Bramkamp
Die Requisiten eines Filmfundus lassen Geschichten in unseren Köpfen entstehen. Aber wovon erzählen afrikanische Objekte und rassistische Figuren? In welches Lagerregal sortiert man sie ein?
Filmstill Make Up the World

Die Ausstattung der Welt

Die Ausstattung der Welt
Susanne Weirich, Robert Bramkamp
Deutscher Wettbewerb Dokumentarfilm 2023
Dokumentarfilm
Deutschland
2023
99 Minuten
Deutsch
Untertitel: 
Englisch

Fährt man mit der Kamera an den Requisiten in den Regalen eines Filmfundus entlang, entstehen in unseren Köpfen Geschichten. Mit dem orangefarbenen Telefon geht es in die futuristischen 1970er Jahre, Plastik-Lachshäppchen auf künstlichen Zitronenscheiben laden zur Party ein, Hieb- und Stichwaffen künden von Todesgefahr.

Die Expert*innen verschiedener Fundus erklären ihr Handwerk des Aufbewahrens, des Archivierens. Doch unter welchem Schlagwort lassen sich folkloristische Masken, afrikanische oder auch pseudoafrikanische Objekte katalogisieren? Auftritt von Thelma Buabeng: Die deutsche Schauspielerin und BIPoC-Aktivistin schlüpft in die dokumentarisch anmutende Rolle einer Doktorandin der Postcolonial Studies, die im Requisitenfundus des Studio Babelsberg für ihre Forschungsarbeit recherchiert. In ihrem Blick bekommen die Gegenstände einen anderen Kontext, treten in einen Dialog und werfen ganz eigene Fragen auf. Derweil sucht eine Mitarbeiterin einen passenden Rahmen für eine Kopie des Barockgemäldes „Porträt einer afrikanischen Frau mit Uhr“ von Annibale Carracci. Aber kann es diesen Rahmen überhaupt geben?

Anke Leweke

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Susanne Weirich, Robert Bramkamp
Buch
Susanne Weirich, Robert Bramkamp
Kamera
Markus Koob
Schnitt
Janine Dauterich
Produktion
Robert Bramkamp, Susanne Weirich
Co-Produktion
Doris Hepp, Anne-Kathrin Brinkmann
Ton
Angelo Wemmje, Stefan Bück, David Jahn, Silvio Naumann, Robert Bramkamp
Sound Design
Silvio Naumann
Musik
Georg Friedrich Händel
Deutscher Filmverleih
Inka Milke
Redaktion
Doris Hepp
Funding institution
Medienboard Berlin-Brandenburg GmbH, MOIN Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein
Sprecher*in
Thelma Buabeng
-
Janine Dauterich, Robert Bramkamp, Elena Friedrich, Susanne Weirich
Nominiert für: Dokumentarfilmpreis des Goethe-Instituts, VER.DI Preis für Solidarität, Menschlichkeit und Fairness
Filmstill The Children of Korntal

Die Kinder aus Korntal

Die Kinder aus Korntal
Julia Charakter
Deutscher Wettbewerb Dokumentarfilm 2023
Dokumentarfilm
Deutschland
2023
90 Minuten
Deutsch
Untertitel: 
Englisch

In Korntal, einem 9.000-Seelen-Ort in Baden-Württemberg, wurden seit den 1950er Jahren Hunderte Kinder in den Heimen der evangelikalen Brüdergemeinde missbraucht. Zwangsarbeit, körperliche Züchtigung und sexualisierte Gewalt waren an der Tagesordnung. Bis heute haben mehr als 150 ehemalige Heimkinder ihr Schweigen gebrochen, mehr als 80 Täter*innen wurden ermittelt. Weil diese sich gegenseitig deckten und die Umgebung wegsah, waren die Kinder dem Missbrauch jahrzehntelang schutzlos ausgeliefert. Als der Skandal 2013 an die Öffentlichkeit kommt, reagieren Gemeinde und Dorfgemeinschaft ablehnend: Es darf nicht sein, was sich nicht gehört. Erst als der Druck von außen wächst, initiiert die Gemeinde einen Aufarbeitungsprozess. Doch der ist umstritten: Opfer werden re-traumatisiert, ihre Aussagen angezweifelt. Bis heute kämpfen die Heimkinder aus Korntal um Aufklärung und Wiedergutmachung.

Der Film setzt die Betroffenen ins Zentrum und verzichtet auf jede Dramatisierung. Schließlich ist das Geschehene dramatisch genug. Wo Erfahrungsberichte zum Schutz der Sprechenden nur als Tonaufzeichnung eingespielt werden, füllt eine schlichte Animation die Bildleerstellen. Wenn sich die heute Verantwortlichen äußern, bleibt die Kamera zurückhaltend und wertet nicht. Das ist auch nicht nötig, denn die unfassbare Relativierung der Verbrechen tönt laut genug – in Korntal genauso wie anderswo.

Luc-Carolin Ziemann

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Julia Charakter
Buch
Julia Charakter
Kamera
Jonas Eckert
Schnitt
Jonas Eckert, Julia Charakter
Produktion
Birgit Schulz
Sound Design
Volker Ambruster
Musik
Leonard Küßner
Animation
Mick Mahler
Broadcaster
ZDF Das kleine Fernsehspiel, GeoTelevision
Funding institution
Film- und Medienstiftung NRW GmbH
Ausgezeichnet mit: DEFA Förderpreis
Filmstill One Hundred Four

Einhundertvier

Einhundertvier
Jonathan Schörnig
Deutscher Wettbewerb Dokumentarfilm 2023
Dokumentarfilm
Deutschland
2023
93 Minuten
Englisch,
Deutsch
Untertitel: 
Englisch

Die tödlichste Fluchtroute der Welt fordert jedes Jahr Tausende Leben. Allein in der ersten Hälfte 2023 starben fast 2.000 Menschen im Mittelmeer, weil die Grenzpolitik der Europäischen Union systematisch geltende Rechte verletzt. Statt Schiffbrüchigen beizustehen, praktiziert Frontex illegale Pushbacks, finanziert das gewaltvolle Vorgehen der libyschen Küstenwache und geht massiv gegen private Seenotrettungsmissionen vor, die dort tätig werden, wo die EU versagt. All das ist medial belegt, und dennoch bleibt es für alle, die diese Situation noch nicht selbst erleben mussten, unbegreiflich: Wie kann man Hunderten Menschen in Todesgefahr Hilfe verweigern, die zivilen Helfenden sogar bedrohen und kriminalisieren?!

Jonathan Schörnig beschäftigte das Dilemma der mangelnden Wahrnehmung und er beschloss, eine Seenotrettung als Echtzeitdokumentation auf die Leinwand zu bringen, um zu zeigen, wie quälend lange es dauert, 104 Personen von einem sinkenden Gummiboot zu bergen. Mensch für Mensch, Schritt für Schritt begleitet der Film die Aktion mit mehreren parallelen Kameras. Mit dem Auftauchen der libyschen Küstenwache spitzt sich die Lage zu. Tagelang harren die Geretteten und die Crew auf hoher See aus, da kein Mittelmeerland ihnen erlaubt anzulegen. Erst nach einem schlimmen Sturm erbarmt sich ein Hafen. Was wie ein schlechtes Drehbuch klingt, ist tatsächlich – tägliche – Realität.

Luc-Carolin Ziemann

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Jonathan Schörnig
Kamera
Jonathan Schörnig, Johannes Filous
Schnitt
Jonathan Schörnig, Moritz Petzold
Produktion
Uwe Nitschke
Co-Produktion
Adrian Then
Ausgezeichnet mit: Dokumentarfilmpreis des Goethe-Instituts, Goldene Taube Langfilm (Deutscher Wettbewerb Dokumentarfilm), Filmpreis Leipziger Ring, ver.di Preis für Solidarität, Menschlichkeit und Fairness
Zwei tätowierte Hände mit dunkel lackierten Fingernägeln tippen auf einer Computertastatur.

Exit

Dokumentarfilm
Deutschland,
Norwegen,
Schweden
2018
80 Minuten
Untertitel: 
englische

Credits DOK Leipzig Logo

Produktion
Eirin Gjørv
Regie
Karen Winther
Musik
Michel Wenzer
Kamera
Peter Ask
Schnitt
Robert Stengård
Buch
Karen Winther
Ton
Yvonne Stenberg, Gisle Tveito
Bildung DOK Leipzig Logo

Dokumentarfilm über Wege aus dem Extremismus

 

Altersempfehlung: ab 14 Jahre
Klassenstufen: ab 9. Klasse

Themen: Extremismus, Rassismus, Gewalt, Schuld, Neuanfang, Ausstieg
Unterrichtsfächer: Gemeinschaftskunde, Religion, Ethik, Politik, Deutsch, Philosophie

 

Zum Inhalt

Als Karen Winther wegen eines Umzugs alte Kisten in die Hände fallen, ist sie mit ihrer Vergangenheit konfrontiert. Gleich obenauf liegen Aufkleber mit Hakenkreuzen, daneben eine Kassette mit der Aufschrift „Blitz“ und „Hits“, einiges anderes Material mit Reichsadlern. Vor zwanzig Jahren schloss sie sich einer rechtsextremistischen Organisation in Norwegen an, suchte dort das Abenteuer und Gleichgesinnte. Heute schämt sie sich für dieses Material und für das, wofür es steht: ihre Zeit als Rechtsextreme. „Exit“ ist Karen Winthers Weg, die eigene Geschichte zu verstehen und ein Stück weit Frieden mit sich selbst zu schließen. Sie macht sich auf die Suche nach Menschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben. In den USA trifft sie mehrere Frauen, die jahrelang in der rechten Szene aktiv waren und sich heute gegenseitig unterstützen. Mit Sören, einem ehemaligen Linksextremisten aus Schweden unterhält sie sich darüber, was es heißt, die eigene Meinung mit Gewalt durchzusetzen. In Deutschland besucht sie Ingo Hasselbach, „The Führer of Berlin“, von
dessen Ausstieg aus der ostdeutschen Neonazi-Szene der Wendejahre Winfried Bonengels Film „Führer Ex“ handelt. In Paris lernt sie den ehemaligen Dschihadisten David kennen, der mit den Attentätern der ersten Terroranschläge in Frankreich bekannt war und während seines Gefängnisaufenthalts den Absprung aus der Dschihadisten-Gemeinschaft geschafft hat. Winther interessiert sich vor allem dafür, was ihren Gesprächspartner/innen als Weckruf diente, Gewalt und Radikalismus hinter sich zu lassen. Was gab bei jedem Einzelnen den Ausschlag zum Ausstieg?

Als Karen Winther wegen eines Umzugs alte Kisten in die Hände fallen, ist sie mit ihrer Vergangenheit konfrontiert. Gleich obenauf liegen Aufkleber mit Hakenkreuzen, daneben eine Kassette mit der Aufschrift „Blitz“ und „Hits“, einiges anderes Material mit Reichsadlern. Vor zwanzig Jahren schloss sie sich einer rechtsextremistischen Organisation in Norwegen an, suchte dort das Abenteuer und Gleichgesinnte. „It‘s embarrassing to look at“, spricht sie im Off-Kommentar. „Exit“ ist ihr Film, ihre Geschichte und doch weist die Handlung schnell in andere Richtungen, bleibt nicht im eigenen Gefüge verhaftet. Winther reist in die USA, um Frauen zu treffen, die sich ebenfalls im rechtsextremen Milieu bewegten. Sie sitzt mit einem ehemaligen linksextremen Aktivisten im Auto und unterhält sich über eine prägende Begegnung, viele Jahre zuvor. Sie lernt Ingo Hasselbach, „The Führer of Berlin“, kennen, von dessen Ausstieg aus der ostdeutschen Neonazi-Szene der Wendejahre Winfried Bonengels Film „Führer Ex“ handelt. Und sie kommt mit einem Ex-Dschihadisten zusammen, der seine Strafe in einem Pariser Gefängnis abgesessen hat. Neben überraschend verbindenden Motivationen und Erfahrungen teilen alle Schwierigkeiten, die mit ihren „Exits“ zusammenhängen, Schuldgefühle, aber auch Gefährdungen seitens noch aktiver Mitglieder.



Carolin Weidner





Ausgezeichnet mit dem Dokumentarfilmpreis des Goethe-Instituts, mit dem Young Eyes Film Award und dem Gedanken-Aufschluss-Preis der Jury aus Jugendlichen und jungen Erwachsenen Strafgefangenen der JSA Regis-Breitingen


Filmstill For the Time Being

For the Time Being

For the Time Being
Nele Dehnenkamp
DOK im Knast 2023
Dokumentarfilm
Deutschland
2023
90 Minuten
Englisch
Untertitel: 
Deutsch

Zu Beginn zeigt und kommentiert Michelle Bastien-Archer Fotos ihrer Hochzeit. 2007 haben die Afroamerikanerin und ihr Jugendfreund Jermaine in der unwirtlichen Besuchshalle von Sing Sing geheiratet. 1998 war er wegen vorsätzlicher Tötung zu 22 Jahren bis lebenslänglich verurteilt worden. Seit damals kämpft sie unermüdlich dafür, seine Unschuld zu beweisen. Nun sind neue Dokumente aufgetaucht, die Zweifel an der prozessentscheidenden Zeugenaussage verstärken. Michelles Zuversicht wächst. Sie treibt ihre Bemühungen um Jermaines Freilassung noch entschlossener voran. Die Kamera ist wie live dabei, beinahe eine Dekade lang.

Man glaubt sich in einem Thriller, dessen Drehbuch das Leben und das US-amerikanische Justizsystem schrieben. Ein Alltag im Ausnahmezustand, Szenen einer ungewöhnlichen Ehe. Zeitlich begrenzte Telefonate aus dem Gefängnis, unzählige Besuche im Anwaltsbüro, Auftritte bei Solidaritätsveranstaltungen für zu Unrecht verurteilte Afroamerikaner. Michelle arbeitet als Anstreicherin für die Stadt New York, zieht ihre zwei Kinder alleine groß. Beiläufig erfahren wir, dass deren leiblicher Vater einem brutalen Verbrechen zum Opfer fiel. Es entsteht das Porträt einer selbstbewussten Frau, die uns an ihren Ängsten und Hoffnungen teilhaben lässt.

Anke Leweke

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Nele Dehnenkamp
Kamera
Nele Dehnenkamp
Schnitt
Nele Dehnenkamp
Produktion
Nele Dehnenkamp, Christine Duttlinger
Ausgezeichnet mit: Gedanken-Aufschluss-Preis
Filmstill

getty abortions

getty abortions
Franzis Kabisch
Deutscher Wettbewerb Dokumentarfilm 2023
Dokumentarfilm
Deutschland,
Österreich
2023
22 Minuten
Deutsch
Untertitel: 
Englisch

Welche Bilder verbinden wir mit dem Thema Abtreibung und warum? Woher stammen diese Bilder und die emotionalen Skripts in unserem Kopf? Wie beeinflussen sie Frauen, die abtreiben (wollen), wie prägen sie die gesellschaftliche Diskussion? Mit großer Präzision, Klarheit und Humor (ja, auch Humor!) untersucht Franzis Kabischs persönliche Desktop-Dokumentation diese Fragen.

Dabei bewegt sie sich von Mädchen-Zeitschriften der frühen 2000er Jahre bis ins späte 19. Jahrhundert, durchforstet feministische Wissensschätze und überprüft vermeintliche kulturgeschichtliche Fakten (etwa über die Entdeckung der Hysterie bei Frauen), die bis heute in Alltagsweisheiten herumspuken. Am Ende des Films steht nicht nur eine beispielgebende Auseinandersetzung mit Bildpolitiken und wie sie dazu beigetragen haben, das Thema Abtreibung ins gesellschaftliche Abseits zu drängen und mit Scham und Schuld zu verknüpfen. Franzis Kabisch gelingt es quasi „im gleichen Atemzug“, die falsche Hybris des Dokumentarischen zu brechen und deutlich zu machen, dass die Beweiskraft filmischer und fotografischer „Zeugnisse“ unbedingt und immer unter die Lupe zu nehmen ist. Letztlich muss bei jeder medienkritischen Reflexion das „cui bono?“, die Wem-nützt-es-Frage mitbedacht werden – nicht nur in Zeiten von Stock-Fotos, Bearbeitungssoftware und KI, sondern streng genommen zu Beginn jeder dokumentarischen Bildproduktion.

Luc-Carolin Ziemann

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Franzis Kabisch
Buch
Franzis Kabisch
Kamera
Franzis Kabisch
Schnitt
Franzis Kabisch
Produktion
Franzis Kabisch
Sound Design
Franzis Kabisch, Katharina Pelosi, Laura Schick
Ausgezeichnet mit: Goldene Taube Kurzfilm (Deutscher Wettbewerb Dokumentarfilm)
Filmstill Gudow Nord

Gudow Nord

Gudow Nord
Sophia Schachtner
Deutscher Wettbewerb Dokumentarfilm 2023
Dokumentarfilm
Deutschland
2023
20 Minuten
Ukrainisch,
Spanisch
Untertitel: 
Englisch

Die Autobahn rauscht im Hintergrund, noch ist es dunkel auf dem Rastplatz. Ein Lkw-Fahrer raucht, ein anderer schaltet das Licht in seiner Schlafkoje ein. Ein sommerlicher Sonntag bricht an, alles steht still. Präzise gestaltete Detailaufnahmen nehmen uns mit in einen Zustand des Wartens. Auch so kann der Alltag on the road aussehen. Kochend, dösend, in die Luft schauend. Haare werden kurz geschoren, Worte gewechselt. Aus einem Cockpit erschallen polnische Schlager.

Das Leben scheint wie weggeblendet. Und doch findet es statt. Einer der Männer streift durch den Wald, er ruft zu Hause an. Plötzlich ist eine Familie im Bild präsent: Der Mann erinnert sich an einen Badeausflug, als die Kinder noch klein waren. Ein seltsam schöner Augenblick. Er hält sein Handy in die Luft, damit auch das Gegenüber am anderen Ende der Leitung den Specht hören kann.

Anke Leweke

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Sophia Schachtner
Kamera
Marlon Weber
Schnitt
Sophia Schachtner
Produktion
Sophia Schachtner
Sound Design
Patrick Dadaczynski
Nominiert für: Gedanken-Aufschluss-Preis
Filmstill Home Sweet Home

Home Sweet Home

Home Sweet Home
Annika Mayer
Deutscher Wettbewerb Dokumentarfilm 2023
Dokumentarfilm
Deutschland
2023
67 Minuten
Deutsch
Untertitel: 
Englisch

Rose und Rolf in der noch jungen BRD. Er, 13 Jahre älter, war im Zweiten Weltkrieg. Sie, die viele Kinder haben möchte, nimmt seinen Heiratsantrag an und geht von der Schule ab. Mit ihrer Enkelin Annika Mayer, der Regisseurin von „Home Sweet Home“, schaut sich Rose Super-8-Familienfilme der fünfziger, sechziger und siebziger Jahre an: ihre zwei Jungs in kurzen Lederhosen, ein Eigenheim mit gepflegtem Vorgarten, Papa kommt von der Arbeit, Mama kocht Suppe mit Würstcheneinlage. In diesen Idealbildern des deutschen Wirtschaftswunders erkennt sich Rose nicht wieder. Die junge hübsche Frau ist ihr fremd.

Annika beginnt, Fragen zu stellen. Sie geht gemeinsam mit ihrer Großmutter auf Spurensuche nach der häuslichen Gewalt in deren Ehe, die in den Aufnahmen jedoch nicht sichtbar ist. Durch die offenen Erzählungen von Rose wird das Erlebte aber allmählich spürbar. Welche biografischen Abgründe mögen hinter Rolfs stolzem Lächeln lauern? Mit Bedacht eingesetzte Zeitlupeneffekte sezieren das vermeintliche Familienglück. Die verfremdete Tonspur ist mit atonalen und hyperrealistischen Klängen unterlegt. Allzu fröhlich zwitschern die Vögel, die Idylle wirkt plötzlich trügerisch.

Anke Leweke

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Annika Mayer
Buch
Annika Mayer
Kamera
Jakob Krese
Schnitt
Annika Mayer
Produktion
Annika Mayer, Jakob Krese
Sound Design
Gaston Ibarroule
Musik
Gaston Ibarroule
Nominiert für: VER.DI Preis für Solidarität, Menschlichkeit und Fairness, DEFA Förderpreis
Deutscher Wettbewerb Dokumentarfilm 2023
Filmstill Weeding
Kassieren Amelie Vierbuchen, Lea Sprenger, Franca Pape
Drei Filmemacher*innen recherchieren zur Geschichte der Chemiefabrik in Köln-Kalk. Off- und Online-Archive lehren sie die Kunst des Aussortierens und Wegschmeißens, den Mut zur Lücke.
Filmstill Weeding
Filmstill Weeding
Filmstill Weeding

Kassieren

Kassieren
Amelie Vierbuchen, Lea Sprenger, Franca Pape
Deutscher Wettbewerb Dokumentarfilm 2023
Dokumentarfilm
Deutschland
2023
9 Minuten
Deutsch
Untertitel: 
Englisch

Drei Regisseur*innen bereiten einen Film über die chemische Fabrik im Kölner Stadtbezirk Kalk vor, auf deren Gelände mittlerweile eine Shoppingmall steht. Selbstironisch thematisieren sie ihre Recherche und Quellensuche, ihre Kapitulation vor der Widerständigkeit des Materials. Ein Archivar kämpft wiederum mit einem falsch aufgespulten 16mm-Film. Historische Bilder ruckeln über den Monitor seines analogen Schneidetisches. Man erkennt die Umrisse der Fabrik mit ihren mächtigen Schornsteinen. Lagepläne werden eingeblendet, Chemikalien munter gemischt. In einem Album entdecken die Filmemacher*innen verblichene Fotos von Zwangsarbeiterinnen. Plötzlich stehen Fragen im Raum: Welche Geschichten werden aufbewahrt, welche vergessen? Wegschmeißen sei nun einmal Teil seiner Arbeit, erklärt der Archivar im schönsten rheinischen Akzent. Was bedeutet diese Aussage für das Regie-Trio?

Anke Leweke

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Amelie Vierbuchen, Lea Sprenger, Franca Pape
Kamera
Amelie Vierbuchen, Lea Sprenger, Franca Pape
Schnitt
Lea Sprenger, Franca Pape
Produktion
Kunsthochschule für Medien Köln
Sound Design
Lea Sprenger, Franca Pape
Filmstill Kathy and Teresa

Kathy and Teresa

Kathy and Teresa
Marie Zrenner
Deutscher Wettbewerb Dokumentarfilm 2023
Dokumentarfilm
Deutschland,
Kanada
2023
14 Minuten
Englisch,
Inuktitut
Untertitel: 
Deutsch, Englisch

Zwei junge Mädchen in einem Schwimmbad lassen sich im Wasser treiben. Der Film übernimmt dieses driftende Lebensgefühl, wenn er sich mit ihnen durch das nächtliche Montreal und ihren Alltag bewegt. Manchmal sprechen die beiden Englisch, manchmal Inuktitut. Kathy und Teresa kommen aus einer kleinen Inuit-Siedlung im Norden Kanadas. Sie zeigen sich Handyfotos von Robben und Bären, die sie selbst erlegt haben. In Büchern lesen sie vom besonderen Verhältnis zwischen den Inuit und ihren Schlittenhunden, das heute an Bedeutung verloren hat. In einem Park werden die Hausaufgaben erledigt – der Duft der Bäume erinnert die beiden ein wenig an zu Hause. Sie schließen die Augen. Mit großer Zartheit fängt die Kamera die tiefe Verbundenheit dieser besten Freundinnen ein, die eine gemeinsame Herkunft und Sprache teilen. Kathy hat einen bewegenden Song in Inuktitut geschrieben. Mit einfachen, klaren Worten singt sie von den Gefühlen und Sehnsüchten einer jungen indigenen Frau.

Anke Leweke

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Marie Zrenner
Buch
Marie Zrenner, Kathy Snowball
Kamera
Youssef Nassar
Schnitt
Ulrike Tortora
Produktion
Sabrina Kleder
Co-Produktion
Caroline Bergoin
Ton
Teresa Annanack, Sabrina Kleder, Youssef Nassar
Sound Design
Cornelia Böhm
Musik
Kathy Snowball
Deutscher Filmverleih
Hochschule für Fernsehen und Film München
Filmstill Projekt

Projekt

Projekt
Dane Komljen
Deutscher Wettbewerb Dokumentarfilm 2023
Dokumentarfilm
Deutschland,
Nigeria
2023
25 Minuten
Englisch,
Yoruba,
Igbo,
Pigdin
Untertitel: 
Deutsch, Englisch

Zu Beginn ein knappes geschichtliches Resümee: Erbaut wurde die Lagos International Trade Fair Mitte der 1970er Jahre. Sie sollte den blockfreien Staaten als Handelsplatz dienen. Archivaufnahmen und Inserts wechseln einander abrupt ab. Haben die damaligen Nachrichtenbilder einen eher propagandistischen Tonfall, liefern die Schrifttafeln nüchtern die Fakten.

Rund fünfzig Jahre später stehen weite Teile der Messehallen unter Wasser – ein idealer Ort für Farne und andere feuchtigkeitsliebende Pflanzen. Die zunächst statische Kamera setzt sich in Bewegung. Junge Handwerker haben einen Trakt des gigantischen Komplexes zu Werkstätten umfunktioniert. Es wird gehämmert, geschreinert, Fahrräder werden repariert, Mahlzeiten zubereitet. Auch rund um das weitläufige Gelände mit seinem künstlichen See herrscht reges Treiben, wird weiter gehandelt, sind alle mit irgendetwas beschäftigt. Eine Frauenstimme erinnert sich an frühere Zeiten, während zwei junge Männer mit einem Fahrrad durch eine leere Messehalle fahren. Ein Gebäude mag seinen ursprünglichen Sinn verloren haben, doch neues Leben und Eigenleben ist eingezogen. Ein offener transhistorischer Raum entsteht.

Anke Leweke

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Dane Komljen
Buch
Dane Komljen
Kamera
Dane Komljen, Kendo Osakawe
Schnitt
Dane Komljen
Produktion
Zsuzsanna Kiràly
Sound Design
Jakov Munižaba
Deutscher Wettbewerb Dokumentarfilm 2023
Filmstill Showhouse
Schauhaus Anna Lauenstein, Max Hilsamer
„Die Welt in einem Garten“ – mit diesem Allmachtsanspruch begann der Bau des Botanischen Gartens in Berlin-Dahlem. Je tiefer man vordringt, desto deutlicher werden die Spuren imperialen Denkens.
Filmstill Showhouse

Schauhaus

Schauhaus
Anna Lauenstein, Max Hilsamer
Deutscher Wettbewerb Dokumentarfilm 2023
Dokumentarfilm
Deutschland
2023
30 Minuten
Deutsch
Untertitel: 
Englisch

Aus der Ferne erinnert das gläserne Gewächshaus an ein Raumschiff. Es könnte schon vor Jahrzehnten oder gerade erst gelandet sein. Ohnehin scheint der Botanische Garten in Berlin aus der Zeit gefallen. Eine Gruppe jüngerer Menschen erkundet, ertastet Pflanzen, Bäume und das Gebäude nach ganz eigenen Kriterien. Sind sie Aliens? Imitieren sie die Expeditionen deutscher Forscher während der Kolonialzeit?

Der Kommentar sinniert über die Historie des Ortes: Ende des 19. Jahrhunderts begann die Arbeit an dem Bau der neuen Gewächshäuser für den Botanischen Garten in Dahlem, um die Welt in einen Garten zu bringen. Diese Idee formuliere auch einen Allmachtsanspruch. Im weiträumigen Park stößt die Kamera auf die naturalistische Statue eines fast nackten Mannes, der Pflanzensamen aussät. Sie stammt von dem unter den Nazis erfolgreichen Bildhauer Hermann Joachim Pagels. Je tiefer der Film in das Dickicht des Gartens vordringt, desto deutlicher kommen die Spuren imperialen und kolonialen Denkens zum Vorschein. Doch der Botanische Garten ist auch ein utopischer Ort. Was wäre, wenn das Gewächshaus-Raumschiff wieder in ferne Sphären abheben würde? Könnten die Pflanzen auf anderen Planeten das Fortleben unserer Spezies gewährleisten? Aber vielleicht haben sie einen anderen Plan, ein Eigenleben?

Anke Leweke

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Anna Lauenstein, Max Hilsamer
Kamera
Max Hilsamer
Schnitt
Max Hilsamer, Anna Lauenstein
Ton
Adrian Gutzelnig
Musik
Sebastian Eppner
-
Martina Weber
Nominiert für: Gedanken-Aufschluss-Preis