Filmarchiv

Jahr

Land (Film Archive)

Avalon

Dan sak sit
Thunska Pansittivorakul
Camera Lucida – Außer Konkurrenz 2020
Dokumentarfilm
Thailand
2020
63 Minuten
Thai
Untertitel: 
deutsche Untertitel für Menschen mit eingeschränkter Hörfähigkeit

Perth hat den Kontakt zu Poon abgebrochen. Geblieben sind Aufnahmen, die das Sexleben der beiden Männer zeigen. Perth war Poons zwanzig Jahre jüngerer Kameramann. Dessen Bilder, so imposant wie intim, beinhalten Anfang und Ende einer Beziehung, denen sich Thunska Pansittivorakul für „Avalon“ erneut stellt. Eine schmerzliche Rückschau, die existenzielle Fragen aufwirft und unmittelbar ergreift.

„Sex gilt in Thailand als schändlich, sündig, widerwärtig und ist kein Gegenstand öffentlicher Gespräche. Sex ist ein persönliches und privates Mysterium, das sich nur denen offenbart, die gemeinsam an ihm teilnehmen.“ So kommentiert Thunska Pansittivorakul seinen Film, mit dem er genau jenes Tabu großzügig unterwandert. In ihm treffen nicht nur zwei Männer aufeinander, die sich in expliziten Posen vereinigen – auch Adolf Hitler und König Rama der VII. präsentieren sich auf einem Berliner Flughafen, die zarte Serenade eines Thai-Prinzen (angeblich Ausdruck der unerwiderten Liebe für eine ausländische Prinzessin) tritt in Dialog mit den überbordenden elektronischen Kompositionen des thailändischen Musikers Space360. Und immer wieder fliegen die Flugzeuge am Horizont, die von Ferne und Verlassen künden. „Du hast meinen Schwanz mal mehr gemocht. Erinnerst du dich nicht?“
Carolin Weidner

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Thunska Pansittivorakul
Buch
Thunska Pansittivorakul
Schnitt
Thunska Pansittivorakul
Produktion
Jürgen Brüning
Ton
Thunska Pansittivorakul
Musik
Space 360
Filmvertrieb
Jürgen Brüning
Camera Lucida – Außer Konkurrenz 2020
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Everything That Is Forgotten in an Instant Richard Shpuntoff
Zwischen drei Generationen, die mit drei verschiedenen Sprachen aufwuchsen, zwischen New York und Buenos Aires geht dieser kluge, vielschichtige Filmessay auf Identitätssuche.
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Everything That Is Forgotten in an Instant

Todo lo que se olvida en un instante
Richard Shpuntoff
Camera Lucida – Außer Konkurrenz 2020
Dokumentarfilm
Argentinien
2020
71 Minuten
Spanisch,
Englisch
Untertitel: 
Englisch, Spanisch

Alltagsbeobachtungen aus Buenos Aires, gedreht auf schwarz-weißem 16mm-Filmmaterial wechseln sich ab mit zwanzig Jahre alten farbigen Hi8-Aufnahmen aus New York. Die Perspektive eines Vaters, der für seine Töchter Erinnerungen zusammenträgt. Die Perspektive eines Sohnes, der die Reminiszenzen seines Vaters festhält. Richard Shpuntoffs vielschichtiger Montage-Film ist ein kluger Essay über kulturelle Identitäten, über Städte und Sprachen.

Wenn wir einen untertitelten Film ansehen, dann schauen, hören und lesen wir zugleich. Wir nehmen an, dass diese drei Ebenen deckungsgleich sind, sich mindestens aber zu einem Ganzen fügen. „Auch die besten Untertitel sind Mist“, verkünden die Untertitel dieses Films hingegen, denn statt Bilder anzuschauen, müsse man lesen. Übersetzen bedeutet umschreiben. „Everything That Is Forgotten in an Instant“ erzählt daher in Bild, Wort und Schrift parallele Geschichten: von Stadtentwicklung und Machtstrukturen in zwei fernen Metropolen, von Identität und ihrer transgenerationalen Weitergabe, von drei Kontinenten und drei Sprachen, die gleichermaßen trennende wie verbindende Linien durch eine Familie ziehen. Aus der Verunsicherung, die die Diskrepanz zwischen den filmischen Elementen verursacht, wird eine Schule selektiver Wahrnehmung. Bilder, Sprache und Texte sind schließlich kein Diktat: Sie lassen uns die Wahl.
Christoph Terhechte

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Richard Shpuntoff
Kamera
Richard Shpuntoff
Schnitt
Richard Shpuntoff
Produktion
Nadia Jacky
Ton
Luciana Foglio
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Lamentations of Judas

Les lamentations de Judas
Boris Gerrets
Camera Lucida – Außer Konkurrenz 2020
Dokumentarfilm
Niederlande,
Frankreich
2020
94 Minuten
Englisch,
Portugiesisch (Portugal)
Untertitel: 
Englisch

In einer verlassenen Asbestminenstadt am Rande der Wüste Kalahari widersetzt sich eine Gruppe alter Männer der Evakuation. Sie haben keinen Ort, an den sie gehen könnten, denn sie waren einst verrufen als Soldaten des berüchtigten südafrikanischen Bataillons 32, auch bekannt als „Die Schrecklichen“. Täter und Opfer der Geschichte zugleich, werden sie in Boris Gerrets’ ebenso verstörendem wie faszinierendem filmischen Vermächtnis zu Akteuren der biblischen Geschichte von Judas Iskariot.

Das Schauspiel unter gleißender Sonne konfrontiert die in bitterer Armut lebenden Männer mit ihrer unbewältigten Vergangenheit. Viele von ihnen waren im angolanischen Unabhängigkeitskampf gegen Portugal von den Widerstandsbewegungen FNLA und UNITA zwangsrekrutiert worden. Nach der Machtübernahme der kommunistischen MPLA fanden sie sich als Söldner an der Seite weißer Südafrikaner im Kampf gegen das eigene Volk wieder und verteidigten schließlich das Apartheid-Regime im kolonialen Kampf in Namibia und in den südafrikanischen Townships. Am Rande des surrealen Filmsets zwischen den verfallenden Gebäuden der alten Minenstadt geben sie erstmals Auskunft über ihre Lebensgeschichten, sprechen über Verrat, Schuld und Reue. Nachdem die Weltpolitik über sie hinweggerollt ist, sie zu Unerwünschten, Exilierten, Vergessenen, Verdrängten und Gebrochenen gemacht hat, werden sie vor der Kamera endlich wieder als Menschen sichtbar.
Christoph Terhechte

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Boris Gerrets
Kamera
Nic Hofmeyr
Schnitt
Boris Gerrets
Produktion
Iris Lammertsma, Boudewijn Koole
Co-Produktion
Eric Velthuis, Serge Lalou, Camille Laemle
Ton
President Kapa, Dominique Vieillard
Musik
Thuthuka Sibisi