Der zweite Anschlag

Der zweite Anschlag

Dokumentarfilm
Deutschland
2018
62 Minuten
Untertitel: 
englische

Credits DOK Leipzig Logo

Produktion
Kate Blamire, Benjamin Cölle, Katharina Degen, Patrick Lohse, Mala Reinhardt
Regie
Mala Reinhardt
Musik
Macarena Solervicens
Kamera
Patrick Lohse, Katharina Degen
Schnitt
Federico Neri
Ton
Kate Blamire, Gerald Mandl
Bildung DOK Leipzig Logo

Altersempfehlung: ab 12 Jahre 
Klassenstufen: ab 7. Klasse

Themen: Rassismus, Gewalt, Vorurteile, Medien, Justiz, Strafverfolgung, Empowerment, Solidarität 
Lehrplanbezüge: Politik und Medien, Recht und Gerechtigkeit 
Unterrichtsfächer: Gemeinschaftskunde, Geschichte, Politik, Ethik, Religion, Deutsch

Zum Inhalt

Ibrahim Arslan überlebte als Kind den Brandanschlag auf sein Elternhaus in Mölln, bei dem drei Mitglieder seiner Familie starben. Heute sagt er, seine Familie habe nicht nur einen, sondern zwei Anschläge erlitten. Kurz nachdem die Molotow-Cocktails flogen, wurden die Arslans ein zweites Mal zum Ziel von Attacken aus Medien, Politik und Gesellschaft. Diese Attacken, so sagt Arslan heute, waren schlimmer als der Brandanschlag, denn sie wären vermeidbar gewesen.

Der Film befragt Arslan und andere Opfer rechtsradikaler Gewalt wie der Anschläge in Rostock-Lichtenhagen 1992 und Angehörige von NSU-Opfern nach ihren Erfahrungen. Sie alle mussten nicht nur erleben, wie Familienmitglieder und Freunde einer politisch motivierten Straftat zum Opfer fielen, sondern dass sich Polizei, Politik und Medien danach von Vorurteilen zu falschen Schlüssen verleiten ließen. So wurden die Morde des NSU jahrelang öffentlich als „Döner-Morde“ verbrämt. Die Familien der Betroffenen wurden angefeindet und kriminalisiert und leiden bis heute darunter. Die wahren Hintergründe und ihr Leiden sind öffentlich kaum bekannt. Dieser Film konzentriert sich nicht auf die Täter, sondern auf diejenigen, die grundlos durch rassistisch motivierte Gewalt aus dem Leben katapultiert wurden. 

Nach der Kritik des Fußballers Mesut Özil und den Ereignissen in Chemnitz hat das Thema Rassismus in Deutschland eine neue Aktualität bekommen. An der Frage, wie rassistisch die deutsche Gesellschaft ist, scheiden sich die Geister, einfache Antworten gibt es nicht. Das macht die Diskussion darüber umso wichtiger. Dieser Film ermöglicht einen Einstieg in diese hochaktuelle Debatte, ohne dabei aus dem Blick zu verlieren, dass „die Gesellschaft“ kein abstraktes Gebilde ist, sondern aus Menschen wie Du und ich besteht. Wer sich die Mühe macht, eigene Vorurteile und Stereotype zu erkennen und Rassismus im Schulalltag, bei der Arbeit oder in der Familie entgegen zu treten, der hat den wichtigsten Schritt schon getan.

Ibrahim Arslan überlebte als Kind den Brandanschlag auf sein Elternhaus in Mölln, bei dem drei Mitglieder seiner Familie starben. Heute sagt er, seine Familie habe nicht nur einen, sondern zwei Anschläge erlitten. Nachdem die Molotowcocktails erloschen waren, wurden die Arslans ein weiteres Mal zum Ziel von Attacken: aus Medien, Politik und Gesellschaft. Diese Attacken waren schlimmer als die Brandsätze, denn sie wären vermeidbar gewesen, sagt Arslan. Mala Reinhardt fragt in ihrem Film, warum viele Opfer rechtsradikaler Gewalt bis heute die gleichen Erfahrungen machen müssen, angefeindet und kriminalisiert werden. Mit beeindruckender Klarheit analysieren die Betroffenen, die sich inzwischen untereinander vernetzt haben, welche Rahmenbedingungen dafür sorgen, dass Rassismus hierzulande noch immer gesellschaftsfähig ist. Nun gilt es, zuzuhören.



Luc-Carolin Ziemann





Lobende Erwähnung ver.di-Preis für Solidarität, Menschlichkeit und Fairness, 

Nominiert für den Filmpreis Leipziger Ring und den Young Eyes Film Award