Lina
„Mir hat das erst passieren müssen, dass ich wusste, dass es ‚normal‘ ist.“ Dieser Satz einer Protagonistin bringt auf den Punkt, wie unsere Gesellschaft mit ungeborenen und früh verstorbenen Kindern umgeht: Sternenkinder sind omnipräsent (jede vierte Mutter hat ein Kind verloren) und doch abwesend. Uns fehlen die Vokabeln, die Sensibilität und die Stille, um den Eltern die Trauer zu ermöglichen.
Remo Rauschers animierter Dokumentarfilm konfrontiert uns mit ebendieser Unfähigkeit. Hier sprechen zwanzig trauernde und mit Trauer befasste Menschen: Sie denken laut nach, ringen um Worte, betrachten den Schmerz aus unterschiedlichen Perspektiven, entdecken Würde und Kraft darin und helfen uns so, das Tabu zu überwinden. Sie wehren sich dagegen, ein „Fehler im System“ zu sein, die Sprachlosigkeit hinzunehmen. Die Dunkelheit in Rauschers Film ist ambivalent und auf allen Ebenen spürbar: Sie wirkt sogartig und zugleich fürsorglich. Sie ist großzügig und schenkt uns Momente von Schönheit, Demut und Hoffnung. Die 2D-Animationen in gedeckten Farben auf dunklem Hintergrund bleiben abstrakt, skizzenhaft und zurückhaltend – ein Ausdruck von Feingefühl und Respekt. Nur gelegentlich lenken sie Aufmerksamkeit auf sich, während die Stimmen viel Raum bekommen und sich angstfrei entfalten können. Dieser Film öffnet einen Raum zum Trauern, den die Gesellschaft noch nicht bieten kann.
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