Insgesamt sechs kuratierte Sonderreihen sind in diesem Jahr bei DOK Leipzig zu sehen. Die Programme geben Einblicke in Festival- und Filmgeschichte, rücken das Werk herausragender Regisseur*innen ins Zentrum oder bewegen sich an der Schnittstelle von Medienkunst und Animation. Die Reihen werden in diesem Jahr im Sinne des Hybrid-Festivals für das Publikum in den Kinos gezeigt beziehungsweise deutschlandweit online abrufbar sein.  

Die Hommage ist in diesem Jahr Annik Leroy gewidmet, die als Regisseurin, Fotografin und Kamerafrau tätig ist. Ihre meditativen Arbeiten zwischen Film, Videokunst und Installation laden zum Nachdenken über europäische Geschichte und die Verfasstheit des Menschen ein. In ihrem jüngsten Film „Tremor. Es ist immer Krieg“ unterlegt sie Bilder von Ruinenlandschaften mit den gespensterhaft wirkenden Stimmen von Ingeborg Bachmann, Pier Paolo Pasolini und Anna Freud. „Cell 719“ dagegen ist ein Videoprojekt über Ulrike Meinhof und die Psychologie des Terrors. „Annik Leroys Arbeiten sind durchzogen von Geschichtsnarben und gleichzeitig von einer utopischen Energie getrieben“, so Ralph Eue, der die Reihe kuratiert hat. „Passioniert untersucht sie, wie Tradition und Politik, Psychologie und Landschaft die Identität von Menschen hervorbringen.“ Die Hommage umfasst vier Arbeiten der Künstlerin und ist sowohl online als auch in den Leipziger Kinos zu sehen.

Während der Festivalwoche wird es außerdem eine Meisterklasse geben, in der Leroy ihren persönlichen Blick auf ihr Schaffen mit dem Publikum teilt. Diese findet online statt.

Dialogisch ist auch die Reihe Animation Perspectives angelegt. Im virtuellen Raum und mit dem Online-Festivalpublikum tauschen sich die Medienkünstler Patrick Buhr und Aaron Jablonski über ihre Animationsminiaturen aus und öffnen exklusiv ihre Arbeitsverzeichnisse. Patrick Buhrs Arbeiten sind fragmentarische Erzählungen, assoziativ, verspielt und gespickt mit ironischem Humor. Er kombiniert dabei Handzeichnung mit 3D-Animation. Aaron Jablonski arbeitet hingegen näher an der fotografischen Wirklichkeit, umso frappierender wirken seine künstlerischen Eingriffe mit Augmented Reality und digitalen Fehlern. Als @exitsimulation kreiert er Gesichtsfilter für Instagram. Die User tauchen mit teilweise bizarren animierten Masken in eine andere Identität ein.

„Uns beeindruckt in ihren Arbeiten der faszinierende Schwebezustand zwischen skizzenhaftem und komplexem Design“, so der Kurator André Eckardt. „Buhr und Jablonski verfolgen zwar ästhetisch sehr verschiedene Pfade, teilen aber die kreative Offenheit gegenüber technischen Experimenten.“

Blicke zurück in Geschichte des Animationsfilms bei DOK Leipzig wirft die Reihe Re-Visionen. Von Beginn an war der Animationsfilm Bestandteil des Festivals, 1995 bekam er durch einen eigenständigen Wettbewerb eine wichtige Plattform. Re-Visionen feiert dieses Jubiläum mit 25 Filmen unterschiedlichster Animationstechniken und Erzählformen aus den letzten 25 Festivaljahren. Ein Programm ist allein dem ersten Jahrgang gewidmet. Politische Zeichensatire sind hier genauso zu sehen wie die poetische Seite dieser Filmform – die Puppenanimation „100 Jahre Kino“ ist eine Liebeserklärung an die Geschichte der Lichtspieltheater. Die enge Verbindung des Leipziger Festivals zu Osteuropa stellt eine große Nähe zu einer wichtigen Heimstätte des internationalen Animationsfilms her. Beleg hierfür ist der polnische Beitrag „The Gentle Giant“ von Marcin Podolec über einen jungen Poetry-Slammer. Der Beitrag steht für unzählige Filme bei DOK Leipzig, die animierte und dokumentarische Welten verbinden. Re-Visionen ist auf der Kinoleinwand und online zu sehen.

Die ganze Bandbreite der Animation wie auch des Dokumentarischen bietet DOK Leipzig auch jüngsten Filmfans. In den Kids DOK-Programmen zeigt das Festival Dokumentar- und Animationsfilme für das junge Publikum ab 5, ab 8 sowie ab 10 und ab 14 Jahren ­­– in den Kinos und im Netz. Die Protagonist*innen der Dokumentarfilme sind allesamt Kinder und Jugendliche, die das Publikum in ihre Lebenswelten mitnehmen.

Die Osthalle des Leipziger Hauptbahnhofs ist in diesem Jahr nicht nur erneut Spielstätte für aktuelle Produktionen, es werden dort am frühen Abend auch Filme aus dem Themenkomplex Industriekultur gezeigt. DOK Leipzig präsentiert gemeinsam mit dem Sächsischen Staatsarchiv ein Programm rund um Bahnhöfe und Eisenbahnen, die das Publikum mit einem Augenzwinkern auf die 1960er bis 1980er Jahre blicken lassen. Darunter sind ein Filmausschnitt über die Mitropa, die Zugreisende mit Speisen versorgte, sowie Filme über den Leipziger Bahnhofsvorplatz oder die Leipziger S-Bahn. Auch Amateurspielfilme, Musik- und Werbefilme zum Thema sind hier zu entdecken.

Der Leipziger Region ist ein weiterer Programmpunkt verhaftet. Gemeinsam mit der DEFA-Stiftung bringt das Festival den 2018 restaurierten Dokumentarfilm „Erinnerung an eine Landschaft ­– Für Manuela“ von Kurt Tetzlaff auf die Kinoleinwand. Der Regisseur verfolgte in seinem Film von 1983 über mehrere Jahre die Schicksale einiger Menschen südlich von Leipzig, deren Dörfer der Braunkohleförderung weichen mussten und sich so mit einem erzwungenen Abschied und Neuanfang konfrontiert sahen. Tetzlaff wurde mit seinen Filmen mehrmals in Leipzig und auf andere internationalen Festivals ausgezeichnet.

Tetzlaffs Film gibt einen Vorgeschmack auf ein umfangreicheres Programm mit Werken des Regisseurs, das für 2020 geplant war, pandemiebedingt jedoch auf 2021 verschoben werden musste.

 

Das Filmprogramm zum Themenkomplex Industriekultur wird gefördert durch die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen. Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushalts.

DOK Leipzig dankt außerdem dem Sächsischen Staatsarchiv, der DEFA-Stiftung und den Promenaden Hauptbahnhof für die Förderung und Unterstützung der Sonderreihen.