
Die Gewinnerfilme des Doc Alliance Award 2025 wurden heute bei der Preisverleihung während des Doc Day Lunch im Rahmen des Marché du Film in Cannes bekannt gegeben.
Der mit 5.000 Euro dotierte Doc Alliance Award für den besten Langfilm ging an „The Shards“ („Oskolky“, Georgien/Deutschland) von Masha Chernaya. Der Film basiert auf persönlichen Erlebnissen der Regisseurin: Im Frühjahr 2022 bereitet sich Masha darauf vor, ihre Heimat Russland zu verlassen. Es folgt eine Reihe unerwarteter Abschiede. Ihre Mutter stirbt an Krebs, ihr Partner entzieht sich der Einberufung zum Militärdienst – und alles beginnt zu zerbrechen, auch sie selbst. Um mit ihrer Trauer umzugehen, greift sie zur Kamera und dokumentiert alles.
Die Jury lobte den Film „für seine einzigartigen filmischen Qualitäten“ und würdigte „eine ruhige Filmsprache, die sich klassischen Erzählstrukturen widersetzt und eine bemerkenswerte Fähigkeit entwickelt, persönliche und kollektive Trauer miteinander zu verweben.“
Der mit 3.000 Euro dotierte Doc Alliance Award für den besten Kurzfilm ging an den von DOK Leipzig nominierten Film „We Had Fun Yesterday“ (Belgien) von Marion Guillard. In ihrem Film reflektiert die Regisseurin ihr Verhältnis zu sich selbst und ihrem Körper. Sie setzt sich mit konventionellen Vorstellungen von Weiblichkeit und verstörenden Begegnungen mit Männern auseinander und verflicht sie mit ihren Erfahrungen als Tierfilmerin. 2024 feierte der Kurzfilm bei DOK Leipzig im Internationalen Wettbewerb Dokumentarfilm seine Weltpremiere.
Die Jury bezeichnete „We Had Fun Yesterday“ als „ein ehrliches und fein gestaltetes Werk, das durch das Zusammenspiel von Bild und Voice-over einen zarten Rhythmus entwickelt. Marion Guillard zieht uns in ihren Bilderstrom und ihre Bewusstseinswelt hinein, mit einer Erzählweise (voller Überraschungen), die persönliche Identitätssuche und familiäre Beziehungen mit dem Blick aufs Filmemachen verbindet.“
Die Preisträgerfilme wurden von einer dreiköpfigen Jury aus renommierten Filmschaffenden ausgewählt: Filmkritiker Fernando Ganzo (stellvertretender Chefredakteur von Cahiers du Cinéma), Gerald Weber (stellvertretender Geschäftsführer von sixpackfilm) und Produzentin Caroline Kirberg (CEO von pong film).
Ein Programm aus den nominierten Filmen „Grey Zone“, „Shuruuk“, „23:23“ und „Bamssi“ ist ab sofort online auf DAfilms.com verfügbar.
Doc Alliance unterstützt aufstrebende Talente des europäischen Dokumentarfilms. Die Aktivitäten des Netzwerks zielen darauf ab, ihre Werke sichtbarer zu machen und ihre Position bei der Suche nach finanzieller Unterstützung für kommende Projekte zu stärken. Teil des Netzwerks sind sieben europäische Festivals: CPH:DOX, Doclisboa, DOK Leipzig, FIDMarseille, Ji.hlava IDFF, Millennium Docs Against Gravity und Visions du Réel. Das Partnerfestival 2025 ist Punto de Vista. Jedes der Festivals zeigt bei seiner nächsten Ausgabe eine Auswahl der 16 nominierten Filme.
Jurybegründung – Bester Langfilm (im Original):
“This is a film that provoked long discussions among us – perhaps because it is made from raw material, yet crafted with a subtle and unexpected precision. “The Shards” depicts a lost generation, robbed of its democratic future by an autocratic regime and dragged into an imperial war.
The film challenged our own relationship to what we were seeing – making us feel both uncomfortable and moved, reminding us of the importance of not looking away, of facing this reality head-on. Perhaps it touched us even more when we recognized that the same feeling might be the starting point of Masha Chernaya’s gesture: picking up her camera, turning it toward her own country, collecting images of a society she finds trapped in agony but understanding that this atmosphere scares her. We should not forget: the day after tomorrow we might already have internalised a different value system because none of us stays unaffected.
We want to honor this film for its unique cinematic qualities, and its director for giving voice to her generation in a deeply personal, yet politically resonant way. This is a cinematic language that is quiet, resistant to classic narrative structures, and develops a striking ability to merge personal and collective mourning.”
Jurybegründung – Bester Kurzfilm (im Original):
“We are pleased to present the Short Film Award to “We Had Fun Yesterday”, an honest and beautifully crafted work that creates a tender rhythm through its layering of image and voiceover. Marion Guillard pulls us into her imagery and stream of consciousness, through a narrative (full of surprises,) interweaving personal quests of identity and family relations with views of being a filmmaker.
Gradually, we begin to understand that the film explores how our experiences shape our perspectives, how content and form are intertwined. It reflects on how we look, what we see – and how this influences our perception of the world and our paths in life. Revisiting the images and clichés we have of the world and of ourselves, we are continuously attempting to define who we are and find a place where we feel at ease. We Had Fun Yesterday is a film about searching for the "adequate" image amidst all the inadequacies.”
Infos zu Doc Alliance: docalliance.org