Vivisektion einer Landschaft: In düsteren Schwarz-Weiß-Bildern werden Panoramen einer kargen Bergregion aufgeblättert. Schmale Pfade winden sich durch das Andengebirge. Kreuze zieren den Weg. Die Überreste einer Kaserne kommen zum Vorschein. Einst waren hier Rekruten untergebracht, die zu einer letzten Übung aufbrachen und in einen Schneesturm gerieten. Bruchstückhaft kollidieren Realaufnahmen mit Animationen, die aufs Äußerste reduziert sind. Die Emulsionsschicht des Filmmaterials beginnt zu pulsieren, sich aufzulösen. Abrupte Lichtblitze zerstören jeglichen Ansatz von Narration. Hier soll kein Ereignis aus dem Jahre 2005 rekonstruiert, sondern ein Albtraum aus Kälte und Tod nachvollzogen werden, der sich unwiderruflich in die Landschaft eingeschrieben hat.
Regisseur Roberto Collío weiß nicht nur, virtuos mit den verschiedenen Materialien zu experimentieren und grafische Analogien zu evozieren. Seine Laufbahn begann als Sounddesigner, und so findet auf der subtil gearbeiteten Tonspur das einsame Sterben der jungen Soldaten in den immer leiser werdenden Tönen einer Trillerpfeife seinen langen traurigen Nachhall.
Cornelia Klauß
Ausgezeichnet mit der Goldenen Taube Animierter Dokumentarfilm 2014