Lisa hat ein Geheimnis. Es wird ihn geben, diesen Ort irgendwo hoch oben, an dem keiner keinem weh tut, an dem es schön ist: „Dort werden wir leben, meine Familie und ich.“ – Lisa wispert vor sich hin, wenn es um ihre Gefühlswelt geht, und um die geht es in diesem ganz schön provokativen Film von Oksana Buraja. Die Mutter „zählt bis drei“, dann müssen die Tränen weggewischt sein und „Kommando lustig“ wird ausgegeben. „Ecke stehen“ gehört ebenfalls zum Alltag. Das Mädchen läuft regelmäßig von zu Hause weg aus dieser Welt der Subalternen, die so augenscheinlich defizitär, ekelhaft und schrecklich gezeichnet ist, dass die Grenzen des Voyeurismus durchaus als angekratzt gelten müssen. Der Fokus bleibt jedoch immer auf Lisa. Ihre Perspektive ist es, durch die wir ihrer Mutter und deren Freundin bei ihren beschwipst-verrauchten Tanzabenden zusehen (mit Typen, die grade mal zum Partymachen gut sind). Ihre kindlichen Augen sind es auch, die idyllische Gegenwelten kreieren – von der Jungfrau Maria bis zum Plätschern eines Bachs. Lisa trippelt barfuß. Lisa singt. Lisa wispert. Unschuld pur. Ein Kind. Es grenzt an ein Wunder (und dann auch wieder nicht), dass sie ihre Familie „dort, hoch oben“, wo es so schön ist, dabei haben will.
– Barbara Wurm