Filmarchiv

Internationales Programm 2019
Absolute Beginners Fabrizio Terranova

Ein feiner und sehr berührender Film über die Kunst, sein Leben trotz einer tödlichen und alles verändernden Krankheit bewusst zu (er-)spüren und zu genießen. Carpe diem.

Absolute Beginners

Dokumentarfilm
Belgien
2018
42 Minuten
Untertitel: 
englische

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Fabien Siouffi
Fabrizio Terranova
Lawrence Le Doux
Tristand Galand
Bruno Tracq
Fabrizio Terranova
Nicolas Lebecque
Wer nicht betroffen ist, hat von der Huntington-Krankheit meist noch nie gehört. Dabei verändert der erbliche Gendefekt einfach alles: die Fähigkeit, den eigenen Körper zu kontrollieren, den Kontakt mit der eigenen Seele, die Stimmungen und Emotionen, das Level der verfügbaren Energie … und letztlich die Beziehungen zu geliebten Menschen. Eine Heilung gibt es bisher nicht, wohl aber einen Test, der schon vor Ausbruch der Krankheit feststellt, ob man die genetische Mutation in sich trägt.

Die sechs Menschen, die hier sehr emotional und ehrlich von ihrem Leben erzählen, sind alle Gen-positiv, befinden sich jedoch in unterschiedlichen Stadien der Krankheit. Aus Angst vor sozialer Ausgrenzung sprechen einige von ihnen vor der Kamera nur anonymisiert. Noch sind nicht alle bereit, ihr „Gesicht zu zeigen“ und sich zu einer Krankheit zu bekennen, die Außenstehende leicht als schwere Form der Demenz oder als geistige Behinderung wahrnehmen. Dabei wiederlegt jeder, der hier Einblick gibt, auf eindrucksvolle Weise solche gängigen Missverständnisse. Deutlich wird, dass wir angesichts unheilbarer Krankheiten immer auch mit der Frage konfrontiert sind, wie wir das Risiko der Vergänglichkeit ins eigene Lebenskonzept integrieren können. Bei näherer Betrachtung betrifft dieses philosophische Problem allerdings jeden Einzelnen von uns. Ein filmisches carpe diem und eine Ode an das Leben.

Luc-Carolin Ziemann
Internationales Programm 2019
After the Silence Sonam Larcin

Wie gehen Coming-out und Asylbewerbung zusammen? In diesem Film von Sonam Larcin besser als befürchtet. Eine Geschichte vom langsamen Ankommen, in warmen Farbtönen und zärtlichen Gesten.

After the Silence

Dokumentarfilm
Belgien
2018
23 Minuten
Untertitel: 
englische

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Véronique Duys (Médiadiffusion)
Sonam Larcin
Axel Meernout
Louis Rousseau
Sonam Larcin
Igor Van De Putte, Ferri Van Overstraeten
„Erzähl mir deine Geschichte“ – eigentlich eine Aufforderung, über die man sich freuen sollte. Schwierig nur, wenn sie sich in einer Brüsseler Amtsstube an einen jungen Mann richtet, der dort Asyl sucht und in seinem ganzen bisherigen Leben noch vor niemandem seine Homosexualität eingestanden hat. Vielleicht aber auch eine Chance. Und eine gute Voraussetzung, die Geschichte dann auch vor einer Filmkamera zu erzählen. Ein Film vom langsamen Ankommen, in warmen Farbtönen und zärtlichen Gesten.

Silvia Hallensleben
Internationales Programm 2018
And Arnaud Thomas Damas

Was ist mit Arnaud los, fragt sich Thomas Damas, der einen Film mit und über seinen alkoholsüchtigen Bruder dreht. Die Kamera soll zeigen helfen. Doch was, wenn sie plötzlich zurück zeigt?

And Arnaud

Dokumentarfilm
Belgien
2018
25 Minuten
Untertitel: 
englische

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Sébastien Andres
Thomas Damas
Caroline Marin
Léo Nguyen
Jérôme Swales
Thomas Damas
Louis Martin
Ein Film als Anlass, um jemandem näher zu kommen. In diesem Fall ist der Jemand der Bruder des Regisseurs, Arnaud, der sich schon seit einer ganzen Weile verrannt zu haben scheint, ein Problem mit dem Konsum von Alkohol entwickelt hat. Der reicht von ausgelassener Feierei mit Freunden über den alleinigen Abschuss in der Öffentlichkeit, am Flussufer, bis hin zur einsamen Session in der Wohnung. „Wir machen hier was über mich, aber was ist mit dir?“, fragt Arnaud einmal im Vollrausch.

Carolin Weidner

Appunti del passaggio

Dokumentarfilm
Belgien,
Italien,
Schweiz
2016
44 Minuten
Untertitel: 
englische

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Maria Iorio, Le Souvenir du Présent
Maria Iorio, Raphaël Cuomo
Alessandra Eramo
Gilles Aubry
„Ich habe keine bildliche Erinnerung. Ich erinnere mich an die Empfindungen.“ In ihrem künstlerisch bemerkenswert verdichteten Dokumentarfilm bündeln Maria Iorio und Raphaël Cuomo verschiedene Zeitzeugenaussagen zum persönlichen Bericht einer Italienerin, die 1965 als Arbeitsmigrantin in die Schweiz einreiste. Zentral ist für die Stellvertreterin vieler damaliger Wirtschaftsflüchtlinge aus Südeuropa das Gefühl, ein „vogelfreier Arbeits-Körper“ gewesen zu sein. Sie fühlt sich gedemütigt und kontrolliert durch die Prozeduren in der „Grenzsanität“, durch massive Unterbezahlung, gefährliche Arbeitsbedingungen, psychischen Druck in der Fabrik sowie durch offen geäußerte, verletzende Ressentiments gegenüber dem Fremden.

Der Film ist eine Collage aus Erinnerungsstücken, der eine weibliche Sprecherin ihre Stimme leiht und die bildlich bewusst im Ungefähren bleibt. Im Ungefähren, aber äußerst wirkungsvoll und offensichtlich skeptisch gegenüber realitätsversprechenden visuellen Zeugnissen. Neben verdrehten Detailausschnitten und Negativen von wenigen überlieferten Fotos bieten vor allem ruhige Videoaufnahmen aus der Jetztzeit, etwa die eines verlassenen Gebäudes mit all seinen Gebrauchsspuren, dem Audiobericht der Sprecherin und einer Stimmenperformance den passenden poetischen Raum.

André Eckardt
Internationales Programm 2016
Belle de nuit – Grisélidis Réal, Self Portraits Marie-Eve de Grave

Grisélidis Réal, Prostituierte, Künstlerin, Autorin und feministische Pionierin, facettenreich gespiegelt in Selbstzeugnissen und Begegnungen. Eine revolutionäre Hure, ein großes Werk.

Belle de nuit – Grisélidis Réal, Self Portraits

Dokumentarfilm
Belgien
2016
74 Minuten
Untertitel: 
englische

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Françoise Hoste
Marie-Eve de Grave
Pierre Avia
Jorge Piquer Rodríguez, Sébastien Koeppel
Simon Arazi
Ludovic Van Paschterbeke
Revolution, Geist, Körper, Traum. Das sind die Dimensionen, zwischen denen sich die Prostituierte und Künstlerin Grisélidis Réal Zeit ihres Lebens bewegte. Radikal in ihren Begierden und entwürdigt von den Wunden der Nacht, beginnt sie ab den 1960er Jahren, über sich und ihre Erlebnisse zu schreiben. Ein Werk entsteht, das aus der Perspektive und mit dem Selbstverständnis einer Frau spricht, die keine Angst kennt und kein Risiko scheut.

Grisélidis Réal hat Prostitution in Kunst verwandelt, die Regisseurin Marie-Eve de Grave deren Leben in einen Dokumentarfilm von erzählerischer Größe. Tagebucheinträge, literarische Skizzen, Zeichnungen, ein Adressbuch, Archivmaterial, Fotografien, Gespräche mit wichtigen Wegbegleitern wie dem französischen Schriftsteller Jean-Luc Hennig bilden das Gerüst einer Dramaturgie, die die verschiedenen Facetten ihres Lebens wie durch ein Prisma betrachtet und in einem Begriff bündelt: unbeugsam. Gleichzeitig ist dieser Film eine Reise in eine Vergangenheit, in der die gesellschaftliche Debatte über Sexualität gerade erst begann und alles möglich schien. 2009, vier Jahre nach ihrem Tod, erhält Grisélidis Réal mit Zustimmung der Stadtverwaltung einen Platz auf dem Ehrenfriedhof von Genf – in direkter Nachbarschaft des gottesfürchtigen Reformators Johannes Calvin. Die späte Genugtuung einer revolutionären Hure.

Matthias Heeder
Internationales Programm 2014
Cash Register 9 Anna Heuninck

Olga ist Kassiererin in einem Supermarkt. Ihr Leben ist eintönig und sie ist gelangweilt. Ein überraschendes Ereignis bringt sie kurz aus ihrer Routine.

Cash Register 9

Animationsfilm
Belgien
2013
8 Minuten
Untertitel: 
_ohne Dialog / Untertitel

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Anna Heuninck
Anna Heuninck
Tessa De Block
Anna Heuninck
Anna Heuninck
Anna Heuninck
Anna Heuninck
Elias Heuninck, Tessa De Block
Olga ist Kassiererin in einem Supermarkt. Ihr Leben ist eintönig und sie ist gelangweilt. Ein überraschendes Ereignis bringt sie kurz aus ihrer Routine.
Internationales Programm 2018
Chez Jolie Coiffure Rosine Mbakam

Der Friseursalon „Jolie“ im Brüsseler Viertel Matonge ist Kontenpunkt für viele afrikanische Frauen. Hier wird nicht nur frisiert, sondern auch organisiert, diskutiert und geflirtet.

Chez Jolie Coiffure

Dokumentarfilm
Belgien
2018
70 Minuten
Untertitel: 
englische

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Geoffroy Cernaix, Rosine Mbakam
Rosine Mbakam
Rosine Mbakam
Geoffroy Cernaix
Rosine Mbakam, Loïc Villiot
Rosine soll reinkommen und bloß nicht ihre Sachen draußen stehen lassen – die Leute würden sich benehmen wie Junkies. Rosine folgt der Einladung, tritt ein und ist nun offizieller Gast im winzigen Friseursalon „Jolie“ im Viertel Matonge in Brüssel. Die Frauen, die hier arbeiten und bedient werden, kommen aus Afrika. Ihre Geschichten handeln von gefälschten Pässen und Fluchtwegen über Libyen, Syrien oder Griechenland, von zurückgelassenen Familien, belgischen Männern und komplizierten Liebesbeziehungen. Es ist ein Ort wie ein Aquarium. Bunte und dunkle Haarsträhnen, die an Tintenfische erinnern, werden gebürstet und geflochten. Das Geschäft ist umglast, immer wieder dringen die Geräusche der Einkaufspassage hinein, die Tür öffnet sich und ein kurzer Flirt mit einem Mann passiert. Zwischendrin brennt der Klebstoff für die Wimpernverlängerung am Augenlid, wird eine Tontine namens „Die Glühwürmchen“ gegründet, ein in afrikanischen Ländern verbreitetes Finanzwerkzeug der solidarischen Ökonomie. Der Salon fungiert als ganz reales, aber auch metaphorisches Bindeglied zwischen Afrika und Europa. Zugleich bedeutet er Schutzraum und Zuhause. Rosine Mbakam, selbst aus Kamerun, kam 2007 nach Belgien, um Film zu studieren. Dies ist ihre zweite lange Regiearbeit.

Carolin Weidner


Nominiert für den Healthy Workplaces Film Award

Internationales Programm 2014
Diamond Kris Mergan, Geert Vandenbroele

Als Kind verbrachte Ketje die Ferien bei seiner Tante. Er kehrt zurück an diesen Ort und schwelgt in Erinnerungen an den Apotheker und seine Suche nach dem Diamanten der Vögel.

Diamond

Animationsfilm
Belgien
2014
12 Minuten
Untertitel: 
englische

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Kris Mergan, Erik Schut
Kris Mergan, Geert Vandenbroele
Ceres Elliana
Kris Mergan
Geert Vandenbroele, Matthias Claeys, Beorn Leonard, Inne Haine
Kris Mergan, Geert Vandenbroele
Peter Schön, Rob Ten Bokum, Nicolas Dennefeld
Als Kind verbrachte Ketje die Ferien bei seiner Tante. Er kehrt zurück an diesen Ort und schwelgt in Erinnerungen an den Apotheker und seine Suche nach dem Diamanten der Vögel.
Internationales Programm 2017
Displaced Volkan Üce

Vier Remigranten bei ihrem Versuch, in der Heimat ihrer Großeltern „heimisch“ zu werden: in Istanbul. Persönliche Lebensentscheidungen treffen auf politische Umwälzungen.

Displaced

Dokumentarfilm
Belgien
2017
71 Minuten
Untertitel: 
englische

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Daniel De Valck
Volkan Üce
David Boulter
Sander Vandenbroucke
Els Voorspoels
Volkan Üce
Gedeon Depauw
Der Titel des Films ist dem gleichnamigen Gedicht von Charles Bukowski entlehnt. Darin heißt es: „I am not like other people. Other people are like other people.“ Die jungen Leute in Volkan Üces „Displaced“ kennen die Erfahrung des Anders- und Unbehaustseins, von der Bukowski spricht. Sinan, Şule, Orhan und Bahar haben ihre Kindheit und Jugend in Belgien und in den Niederlanden verbracht, bevor sie nach Istanbul und damit in das Herkunftsland ihrer Großeltern (zurück-)gingen. Doch auch in der Stadt, die sie so sehr lieben, sind sie zunächst Fremde.

Über einen Zeitraum von vier Jahren – zwischen 2011 und 2015 – begleitet Üce die belgisch-türkischen beziehungsweise niederländisch-türkischen Migranten bei ihrer Suche nach Identität, Arbeit und persönlichem Glück. Dabei bekommt ihre europäische Sozialisation im Zuge der politischen Umwälzungen in der Türkei noch einmal ein ganz anderes Gewicht. Während sich Orhan auf die Seite von Erdoğan stellt, wird die Teilnahme an den Gezi-Protesten für Sinan zu einem sinnstiftenden und selbstverortenden Erlebnis. „Gezi gehört uns. Istanbul gehört uns. Die Glühlampe ist zerplatzt“, ist auf einer Wand zu lesen.

Esther Buss

Doel

Dokumentarfilm
Belgien,
Dänemark
2018
67 Minuten
Untertitel: 
englische

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Mathilde Hvid Lippmann, Frederik Sølberg
Frederik Sølberg
Anders Rhedin, Anders Bertram Mannov, Lavvi Ebbel
Jonathan Wannyn
Mads Hedegaard
Frederik Sølberg
Andreas Sandborg, Neal Willaert
24 Cafés und drei Bäckereien, eine Fähre, eine Metzgerei und ein Supermarkt. Das war Doel in seinen glorreichen Zeiten. Heute eilt der Stadt ein Ruf als Abenteuerpark für Erwachsene voraus. Illegale Autorennen und Techno-Raves füllen die Straßen bei Nacht, und bei Tag diskutieren Touristen in Kleinbussen, ob Graffitis schon Kunst sind oder nur Zeichen des (Sitten-)Verfalls. Anstatt jedoch die verlassenen Häuser vor der Kulisse des expandierenden Hafens von Antwerpen zu filmen, widmet sich Frederik Sølberg in seinem Porträt von Doel den Menschen, die in ihrer Heimatstadt zum Leben geblieben sind. Manche aus Trotz gegen den Zwang der Verhältnisse, andere, weil sie hier die Chance sehen, sich neue Freiräume zu erschließen.

Mit liebevollen Beobachtungen der Bewohner stellt Sølberg die Frage nach dem Recht auf Heimat. Wo ist der Platz der Menschen, wenn die Globalisierung hungrig deren angestammte Räume frisst? Die Gemeinschaft aus Jung und Alt wehrt sich gegen den Verfall der Häuser mit Galgenhumor und einem Bewusstsein für ihre kuriose Lage. Sie sind noch nicht bereit, ihre Heimat aufzugeben. Dabei gelingt es Sølberg, die Berührungspunkte von Bewohnern, Abenteuertouristen und Tuning-Szene einzufangen, die sich diesen Ort teilen, ohne sich wirklich zu begegnen.

Marie-Thérèse Antony

Duo de Volailles, Sauce Chasseur

Animationsfilm
Belgien,
Frankreich
2011
6 Minuten
Untertitel: 
_ohne Dialog / Untertitel

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Thrierry Zamparutti, Ambiances...asbl
Pascale Hecquet
Pierre Gillet
Pascale Hecquet
Pascale Hecquet
Valerie Capoen
Ein schwarzes und ein weißes Huhn sitzen in ihrem Wohnzimmer, als es an der Tür klingelt. Es ist der Fuchs mit angelegter Flinte – und einer Schwarz-Weiß-Schwäche.
Internationales Programm 2019
Erpe-Mere Noemi Osselaer

Ein Dorfporträt, das einer dokumentarischen Nachtwanderung durch fremde Träume gleicht. Die Freude an optischer Täuschung paart sich hier mit humorvoller Montage.

Erpe-Mere

Dokumentarfilm
Belgien
2019
21 Minuten
Untertitel: 
_ohne Dialog / Untertitel

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Noemi Osselaer
Noemi Osselaer
Yale Song, Jérémie De Witte
Noemi Osselaer
Noemi Osselaer, Elias Grootaers
Noemi Osselaer
Noemi Osselaer
Ein filmisches Porträt des flandrischen Dorfes Erpe-Mere, das uns – ausgehend vom Sichtbaren – in andere Schichten der Wahrnehmung mitnimmt. Wo tagsüber die Traktoren dröhnen und jaulende Maschinen über die Motocross-Strecke rasen, erwacht in der Nacht eine andere Welt zum Leben. Wir werden hineingezogen in ein Universum, das nicht den Gesetzen der Logik, sondern denen des Traumes gehorcht. Méliès’sche Freude an optischer Täuschung paart sich hier mit humorvoller Montage.

Luc-Carolin Ziemann

Inkotanyi

Dokumentarfilm
Belgien,
Frankreich
2017
125 Minuten
Untertitel: 
englische

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Benoît Roland, Jean-Marc Giri
Christophe Cotteret
Manuel Roland
Jean-François Metz
Florence Ricard
Christophe Cotteret
Eugène Safali
„Inkotana“ ist ein Verb in der Bantusprache Kinyarwanda. Es bedeutet, ohne Aufschub zu kämpfen, nie aufzugeben. Der offizielle Name für die Inkotanyi lautet: Ruandische Patriotische Front (RPF). Seit sie im Jahr 1994 den historisch beispiellosen Genozid mit einem Guerillakrieg beendete – 1 Million Tutsi wurden in 100 Tagen unter Beihilfe der Bevölkerung von Hutu-Extremisten ermordet – , regiert sie unter dem verschwiegenen Staatspräsidenten Paul Kagame das Land. In sechs Kapiteln schreitet der Film die Geschichte der Inkotanyi ab: von den historischen Hintergründen der Pogrome gegen die Tutsi, der Zeit des Exils und der Gründung der RPF in den 1980er Jahren über die Invasion Ruandas 1990 und den vierjährigen Bürgerkrieg bis hin zu der von Gegengewalt und Unterdrückung begleiteten Regentschaft Kagames. Archivmaterial und Interviews mit hochrangigen Armeeangehörigen und Soldaten der RPF, mit Journalisten, Historikern sowie dem ruandischen Präsidenten Kagame formieren das Bild der „am besten vorbereiteten und diszipliniertesten Rebellion des afrikanischen Kontinents“, wie sie Regisseur Christophe Cotteret nennt. Nicht zuletzt wirft der Film einen Blick auf die kolonialen Kontinuitäten im Post-Kolonialismus, wie sie etwa in Frankreichs Unterstützung des diktatorischen Habyarimana-Regimes sichtbar wurden.

Esther Buss


Nominiert für Filmpreis "Leipziger Ring"

Insectopedia

Dokumentarfilm
Belgien,
Frankreich,
Portugal
2018
23 Minuten
Untertitel: 
englische

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Victor Candeias (DocNomads), Lucie Rego (Hutong Productions)
Antoine Fontaine
Erwan Evin
Antoine Fontaine
Antoine Fontaine
Antoine Fontaine
Arnout Colaert
36 Jahre lang filmte und sezierte ein alleinstehender Chirurg in seiner Brüsseler Wohnung Insekten. 600 Filmrollen mit wundervollen, obsessiv präzisen Aufnahmen und zunehmend wirren Begleittexten zeichnen ein seltsames Psychogramm. Antoine Fontaine stößt bei seinen Recherchen zu Dr. Veroft auf eine Spezies Mann, deren Sozialverhalten auffällig auf Sechsbeiner ausgerichtet ist und die ihr Habitat mit hörbar wuselnden Chitinpanzern und Darth-Vader-Figurinen teilt.

André Eckardt
Internationales Programm 2016
Life to Come Claudio Capanna

Zwischen gläsernen Kästen, Schläuchen, Monitoren und piepsenden Geräten kämpfen Eden und Léandro ums Überleben. Die fragile Welt von Frühchen und ihren Eltern.

Life to Come

Dokumentarfilm
Belgien
2016
75 Minuten
Untertitel: 
englische

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Anton Iffland Stettner, Eva Kuperman
Claudio Capanna
Inne Eyesermans
Tristan Galand
Christophe Evrard
Claudio Capanna
Thibaut Darscotte, Thibaut Darscotte, Jonathan Vanneste
Eden und Léandro sind Frühchen. Die Welt ihrer ersten Tage und Wochen besteht aus gläsernen Kästen, Schläuchen, Monitoren, piepsenden Geräten und ihrer Mutter. Diese versucht, ihren Kindern so viel Nähe und Vertrautheit zu geben, wie sie kann in der sterilen und kühlen Umgebung des Krankenhauses. Dabei beschäftigt sie ununterbrochen die Frage, ob ihre Babys es schaffen werden und wann sie endlich mit ihnen nach Hause gehen darf. Jedes Gramm entscheidet darüber, ob die Zwillinge als stark genug eingestuft werden oder nicht. Die Eltern balancieren zwischen Sorge, Hoffnung, Angst und Freude. Gleichzeitig beschäftigt sie die Fürsorge für ihren dreijährigen Sohn Gabriel, der bei dem langen Krankenhausaufenthalt seiner Mutter und seiner Geschwister nicht zu kurz kommen soll. Der Film kommt der Familie mit seinen ruhigen und atmosphärischen Bildern sehr nah, ohne dabei aufdringlich zu sein.

Kim Busch
Internationales Programm 2019
Little Man, Time and the Troubadour Ineke Smits

Ein Roadmovie in Abchasien: Der Marionettenkünstler Sipa Labakhua trifft georgische Bauern, orthodoxe Priester, abchasische Nationalisten, syrische Flüchtlinge – und verwirrte Identitäten.

Little Man, Time and the Troubadour

Dokumentarfilm
Belgien,
Niederlande
2019
104 Minuten
Untertitel: 
englische

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Jan van der Zanden, Ineke Kanters
Ineke Smits
Walter Hus
Piotr Rosolowski
Katarina Türler
Ineke Smits, Sipa Labakhua
Jeroen Stout
„Nationalitäten waren uns egal“, sagt eine ältere Dame. Sie zeigt ihrer Freundin und dem Kamerateam das Haus, in dem sie als junge Frau mit ihren Kindern wohnte. Die Schule war nur um die Ecke. Alle lebten sie hier harmonisch Tür an Tür: Armenier, Georgier, Abchasier, Mingrelier. Bis der Krieg kam. Jeder, der es sich leisten konnte, flüchtete. Nach Russland, in die Türkei, nach Georgien. Abchasien, das sich selbst als Staat betrachtet, liegt im Süden des Kaukasus und grenzt ans Schwarze Meer. Völkerrechtlich gehört das Land zu Georgien, hat jedoch den Status einer autonomen Region.

Der abchasische Künstler Sipa Labakhua ist nach vielen Jahren in seine Heimat zurückkehrt und zieht nun mit seiner autobiografischen Marionettenshow durchs Land. Er erzählt von seinen eigenen Erfahrungen, seiner Flucht, den Träumen seines Vaters – und sammelt auf seinen Reisen weitere Geschichten: von georgischen Bauern, orthodoxen Priestern, abchasischen Nationalisten, syrischen Flüchtlingen und russischen Hippies. Daraus entsteht das poetische Bild einer Gesellschaft, die diverser kaum sein könnte und sich eine essenzielle Frage stellt, die uns alle beschäftigt: Wie definiert sich die nationale oder kulturelle Identität eines Landes? Sipa Labakhua hat darauf eine ganz eigenwillige Antwort: Er sieht sich als Troubadour, die Kunst als sein Heimatland und sein Talent als Zuhause.

Julia Weigl