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Wettbewerb für junges Kino 2014
Double Happiness Ella Raidel

Das pittoreske Hallstatt im Salzkammergut wird in China als Klon nachgebaut. Flotter Essay über Original und Kopie, Globalisierung, Identität und jodelnde Chinesinnen im Dirndl.

Double Happiness

Dokumentarfilm
Österreich
2014
72 Minuten
Untertitel: 
englische

Credits DOK Leipzig Logo

Produktion
Ella Raidel
Regie
Ella Raidel
Musik
Rudi Fischerlehner
Kamera
Martin Putz
Schnitt
Karina Ressler
Ton
Wong Ka Ho
Wenn zwei Menschen sich vermählen, so ist das nach chinesischer Vorstellung nicht ein geteiltes, sondern doppeltes Glück. Auch Kulturen können sich glücklich duplizieren, indem sie sich nachahmen. Diese Idee hat China zu einem Land von Meisterkopisten werden lassen. Kopiert werden nicht nur Gemälde, sondern ganze Orte samt dazugehöriger Landschaft. So wie Hallstatt im Salzkammergut. Die Bewohner des pittoresken Touristenortes, die sich für einzigartig hielten, mussten feststellten, dass sie ausspioniert und geklont wurden. Die Hotelbesitzerin sieht darin eine menschliche Urangst realisiert, doch als gute Geschäftsfrau ist sie auch fasziniert. Warum also nicht Bürgermeister und Blaskapelle nach China schicken, um das Glück zu besiegeln?
Von Hallstatt aus geht es auf eine anregende filmische Gedankenreise, bei der Original und Nachempfindung, Fantasie und Wirklichkeit verschmelzen. Wo sind wir, wenn eine hübsche Chinesin im Dirndl den Mond ansingt: „Meine Zuneigung ist echt“? Offenbar in einem feuchten kapitalistischen Traum. Denn Hallstatt/China ist ein luxuriöses Investmentprojekt und nur ein Nebenprodukt des gigantischen Baubooms. Wo bleiben „wir“ und unsere Kultur dabei, fragen chinesische Architekten und Stadtplaner. Der Film entdeckt ein an sich zweifelndes China und verweist zugleich mit seiner clever verschachtelten Erzählstruktur ironisch auf „uns“ Europäer zurück. Auch die Identitätskrise verdoppelt sich.
Lars Meyer
Wettbewerb für junges Kino 2012
Kern Severin Fiala, Veronika Franz

Peter Kern, Fassbinder-Schauspieler und Trash-Regisseur, alternde Diva, bekennend schwul und massig: berührendes Porträt und facettenreiches Verwirrspiel von Inszenierung und Realität.

Kern

Dokumentarfilm
Österreich
2012
98 Minuten
Untertitel: 
englische

Credits DOK Leipzig Logo

Produktion
Ulrich Seidl, Ulrich Seidl Filmproduktion
Regie
Severin Fiala, Veronika Franz
Kamera
Harald Traindl
Schnitt
Birgit Bergmann, Nikolaus Eckhard
Buch
Veronika Franz, Severin Fiala
Kern ist maßlos, in jeder Hinsicht, und nicht nur durch seine Körperfülle beeindruckend. Er, der schon bei Fassbinder gespielt hat, ist eine in die Jahre gekommene Diva, eine bekennende Schwuchtel, einer, der unbequem und kompromisslos ist. Stimmgewaltig beherrscht er fraglos den Raum, selbst wenn es sich um seine bescheidene Neubauwohnung in der Wiener Vorstadt handelt. Da, wo er ist, ist die Bühne. Die beiden Regisseure Veronika Franz und Severin Fiala hält er am Gängelband. Keine Sekunde lang lässt er eine Illusion darüber aufkommen, wer hier eigentlich Regie führt. Er dreht die Kamera kurzerhand um und hält uns den Spiegel vor. Er ist der Finger auf der Wunde, indem er unseren Voyeurismus und die Lust am Obszönen bloßstellt. Aber Franz und Fiala halten tapfer dagegen: sie entwaffnen ihn, indem sie ihre Strategien offenlegen. Aus dieser Spiegelfechterei heraus entfaltet sich ein außergewöhnliches, facettenreiches Portrait. Zwar kommt man dem Menschen Peter Kern kaum näher, aber dafür dem Künstler, den er darzustellen weiß und dessen Verkörperung von seinem Ich nicht mehr zu trennen ist. Zu den im Kino seltenen magischen Momenten gehört eine Einstellung, in der Kern sich an die Hand des Kameramannes schmiegt. Man denkt an „Die Schöne und das Biest“– nur wer ist hier wer?

Cornelia Klauß



Ausgezeichnet mit der Talent-Taube im Wettbewerb für junges Kino 2012