Filmarchiv

Jahr

Next Masters Wettbewerb 2019
Night Has Come Peter Van Goethem

Filmschnipsel aus dem Königlich Belgischen Filmarchiv – gefügt zu einem faszinierenden monologischen Diskurs über individuellen wie kollektiven Gedächtnisverlust und Vergänglichkeit.

Night Has Come

Dokumentarfilm
Belgien
2019
56 Minuten
Untertitel: 
keine

Credits DOK Leipzig Logo

Produktion
Peter Krüger
Regie
Peter Van Goethem
Musik
Guy Van Nueten
Schnitt
Peter Van Goethem
Buch
Peter Van Goethem, Peter Verhelst
Ton
Frederik Van de Moortel, Guy De Bièvre, Aiko Devriendt
Nach jüngeren medizinischen Erkenntnissen können auch Viren zur Schwächung oder sogar zum Verlust des Gedächtnisses führen. Eine solche Epidemie ist auch die narrativ spekulierte Grundlage dieses Films. Ausgesprochen wird der Verdacht von der sonoren Stimme eines alten Mannes, der nach dem Verlust der Erinnerung durch ein ungeklärtes Ereignis wieder aufwacht und auf eine mentale Reise in seine Kindheit geht. Doch bald erweitert sich der Blick ins Kollektivleben und zu gegen die Regierung gerichteten Verschwörungstheorien – bis hin zu Fragen nach den letzten Dingen.

Die Bilder zu dieser Erzählung sind in den Jahren von 1927 bis 1998 entstanden und jetzt restaurierte Digitalisate im Fundus des Königlich Belgischen Filmarchivs. Sie reichen von familiär gedrehten Strandurlaubsansichten bis zu zentralen ikonischen Ereignissen der Brüsseler Geschichte, etwa den NS-Deportationen oder dem großen Brand im Kaufhaus „À l’innovation“ 1967. Doch auch Filmkunst, Wissenschaftsfilme und Dokumente der Industriegeschichte sind eingeflochten – und filmästhetisch so stark homogenisiert, dass sie sich aus ihren ursprünglichen Kontexten überzeugend in die neue, suggestiv vorgeschlagene Erzähllogik einfügen. Zugleich verweisen sie aber immer auch auf die Vergangenheit.

Silvia Hallensleben
Next Masters Wettbewerb 2016
Sacred Water Olivier Jourdain

Alle Frauen haben es. Aber nur die in Ruanda wissen, wie man es zum Fließen bringt und dabei dem Mann und vor allem sich selbst Spaß bereitet … Der weibliche Orgasmus als Kulturtechnik.

Sacred Water

Dokumentarfilm
Belgien
2016
55 Minuten
Untertitel: 
englische

Credits DOK Leipzig Logo

Produktion
Michel Dutry
Regie
Olivier Jourdain
Musik
Bertrand Le Roy, Stéphane Grégoire
Kamera
Christophe Rolin, Olivier Jourdain
Schnitt
Mélanie Le Clech, Mathieu Pierart
Ton
Guy Ndoli, Sébastien Wielemans
Alle Frauen haben es. Die einen meinen, Gott habe es ihnen geschenkt, damit sie ihrem Mann mehr Vergnügen bescheren. Andere sehen die Männer vielmehr in der Pflicht, das „heilige Wasser“ zum Fließen zu bringen. In Ruanda ist man sich sicher, dass die Weißen nicht daran glauben – und damit wirklich etwas verpassen. Es ist eine Tradition, ein Ritual, das Geheimnis jeder Frau. Regisseur Olivier Jourdain sucht in mythologischen Erzählungen und betörend schönen Landschaftsbildern den Überbau für dieses in vielfach verschlungener Weise formulierte Mysterium, das sich als etwas ganz Modernes herausstellt. Überraschend offen und selbstbewusst wird von der schönsten Sache der Welt gesprochen – und ganz nebenbei das Geschlechterverhältnis diskutiert.

Vor allem Dusabe Vestine, eine leidenschaftliche Radiomoderatorin, verfolgt die Mission, das „heilige Wasser“ in ihrer Sendung zum öffentlichen Thema zu machen. Sie scheut auch nicht den steinigen Weg über die Dörfer, um von der ureigenen ruandischen Praktik zu predigen: ein Wunder, das nur die Frauen zu bewerkstelligen in der Lage sind. Wer bislang Afrika ausschließlich mit Aids, mangelnder Verhütung, Genitalverstümmelungen und Unterdrückung von Frauen in Verbindung brachte, wird hier nachdrücklich eines Besseren belehrt. Das Abendland, das sich seiner Aufgeklärtheit so sehr rühmt, kann von Ruanda noch einiges lernen.

Cornelia Klauß