Der erste Langfilm von Ahmed Nour ist eine melancholische und bildstarke Auseinandersetzung mit der gekidnappten Revolution von 2011. Was ist geblieben von den Träumen, für die so viele ihr Leben ließen? In Sues, seiner Heimatstadt, begann der Aufstand, und nach Sues kehrt er zurück, um ein ganz persönliches Fazit seines Arabischen Frühlings zu ziehen. Zugleich beschreibt er die mentale Verfasstheit der sogenannten „Revolutionsgeneration“ Ägyptens, die ermattet und voller Skepsis in eine ungewisse Zukunft blickt.
Die fünf Kapitel/Wellen behandeln mit ganz eigener Ästhetik – Animation, Archiv- und dokumentarisches Material, Sound – jeweils einen Abschnitt im Leben des Regisseurs bzw. der Stadt. Die Verbindung von persönlicher Erinnerung und historischen Wegmarken dient nicht nur der Selbstvergewisserung in Zeiten des Zweifels, sondern hilft auch, der enttäuschenden Gegenwart die Möglichkeit einer besseren Zukunft abzugewinnen. Frontstadt war Sues im Krieg gegen Israel, dann Besatzerstadt, dann „Flamme der Revolution“ im Kampf gegen die Diktatur. Aber was hat sich für die Menschen geändert? Folgt man dem Regisseur, nicht viel. Die Infrastruktur zerfällt, das Trinkwasser ist verseucht, es gibt keine Jobs, Gerüchte über ausländische Spione machen die Runde, die alten Bündnisse lösen sich auf. Wer also ist heute der Feind? Worauf ihm ein alter Mentor entgegnet: „Der Feind ist in dir.“
Matthias Heeder