Filmarchiv

Internationales Programm 2017
209 rue Saint-Maur, Paris, 10ème – The Neighbours Ruth Zylberman

Rekonstruktion einer aufgelösten Hausgemeinschaft. Ein experimentell-historiografischer Blick hinter die Fassade eines Pariser Gebäudes.

209 rue Saint-Maur, Paris, 10ème – The Neighbours

Dokumentarfilm
Frankreich
2017
103 Minuten
Untertitel: 
englische

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Paul Rozenberg, Céline Nusse (Zadig Productions)
Ruth Zylberman
Nicolas Repac
Cédric Dupire
Valérie Loiseleux
Benjamin Bober, Graciela Barrault
Die französische Regisseurin und Historikerin Ruth Zylberman sitzt in den USA in einem Wohnzimmer – zu Besuch bei einem 79-jährigen Mann, der während der Besatzung von Paris durch die Deutschen von seinen jüdischen Eltern bei einer fremden Familie versteckt wurde. Heute kann sich Henry Osman, geboren als Henri Ossmann, an seine Eltern kaum erinnern – nicht, wie sie aussahen, nicht, was sie beruflich taten. Zylberman hat einen Stapel kopierter Dokumente dabei und kann diese Kindheit in Teilen rekonstruieren.

Das Haus mit der titelgebenden Adresse – hier lebte Osman als kleiner Junge – liegt im jüdischen Viertel von Paris. Minutiös hat Zylberman die ehemalige Hausgemeinschaft während der Kriegsjahre nachgebildet: Wer hat hier gewohnt? Wer hat wen gekannt? Reenactments mit Puppenmöbeln und gezeichneten Raumplänen an den Küchentischen der einstigen Bewohner wechseln sich mit Ansichten des Gebäudes von heute ab. Der typische Pariser Bau in der Rue Saint-Maur mit der Hausnummer 209 wird so als ein anachronistischer Raum entworfen, in dem die Geschichte bis in den gepflasterten Innenhof hinein nachlebt. Ein zugleich hoch konzentriertes und hoch emotionales Stück experimenteller Historiografie.

Lukas Stern
Internationales Programm 2015
8 Bullets Frank Ternier

Ein gedankenverlorener, in Taipeh lebender französischer Geschäftsmann mit einem Loch im Kopf wird von seiner Obsession in den Wahnsinn getrieben: der Geruch von gebratenem Fisch.

8 Bullets

Animationsfilm
Frankreich
2014
12 Minuten
Untertitel: 
englische

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Maud Martin
Frank Ternier
Zed
Frank Ternier, Shihhan Shaw, Laurent Moulin
Frédéric Duzan
Ein gedankenverlorener, in Taipeh lebender französischer Geschäftsmann mit einem Loch im Kopf wird von seiner Obsession in den Wahnsinn getrieben: der Geruch von gebratenem Fisch. In Wirklichkeit jagt er dem Duft der Rache nach, die grimmig mit 8 Kugeln geübt werden wird.
Durch verschiedene Blickwinkel und Rückblenden, die ineinander verschlungen sind wie die Tentakel eines Oktopus, wird um einen Kern reduzierter Linien, Hintergründe und Farben herum eine in sich zerrissene Erzählung konstruiert.

Victor Orozco
Internationales Programm 2017
8, Lenin Avenue Valérie Mitteaux, Anna Pitoun

Langzeitbeobachtung einer geglückten Integration: Aus dem illegalen Wohnwagenlager hat es die rumänische Romni Salcuta mit ihren beiden Kindern in die französische Gesellschaft geschafft.

8, Lenin Avenue

Dokumentarfilm
Frankreich
2017
101 Minuten
Untertitel: 
englische

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Igor Ochronowicz
Valérie Mitteaux, Anna Pitoun
Valérie Mitteaux, Anna Pitoun, Raquel Freire, Sébastien Balanger
Fabrice Rouaud
Hugo Leitão
Langzeitbeobachtungen haben ihre eigenen Regeln. Oft entwickeln sie sich aus vorherigen Filmen und dem anhaltenden Kontakt zu den Gefilmten. Anna Pitoun und Valérie Mitteaux haben das Schicksal ihrer Protagonistin Salcuta Filan über fast 15 Jahre mit der Kamera begleitet. Das erlaubt ihnen, einen großen Erzählbogen zu spannen und Entwicklungen aufzuzeigen. Die ersten Bilder, in denen die Bürger von Achères, einer Gemeinde nordöstlich von Paris, ein Roma-Lager vor der Räumung schützen wollen, wurden 2003 gedreht. Damals entstand „Caravan 55“, ein erster Film über Salcuta und ihre beiden Kinder Denisa und Gabi.

Die Regisseurinnen wollen zeigen, dass Integration sehr wohl möglich ist, und zwar auch für Roma, denen größere Vorurteile als anderen Zuwanderern entgegenschlagen. Rechten Populisten dienen sie als Sündenböcke, an denen sich politische Exempel statuieren lassen. Trotz der herzlichen Helferinnen und Helfer, die Salcutas Familie in echter Freundschaft verbunden sind, werden auch alltäglicher Rassismus und Antiziganismus deutlich, ebenso der Rechtsruck der letzten Jahre, der das gesellschaftliche Klima in Frankreich veränderte. Dennoch entwickelt sich Salcuta von einer schüchternen, alleinerziehenden Witwe zu einer selbstbewussten Matriarchin, die für ihre Rechte kämpft. In Frankreich findet sie eine Stimme, die sie als Romni in ihrer Heimat Rumänien nie hatte.

Sirkka Möller


Nominiert für Filmpreis "Leipziger Ring"
Internationales Programm 2015
A Baptism of Fire Jérôme Clément-Wilz

Der Alltag junger Kriegsreporter, die auf eigene Kosten in Krisenregionen reisen und ihr Leben riskieren, um das entscheidende Bild zu schießen. Ein prekärer Job.

A Baptism of Fire

Dokumentarfilm
Frankreich
2015
58 Minuten
Untertitel: 
englische
französische

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Jérôme Caza – 2P2L
Jérôme Clément-Wilz
Jérôme Clément-Wilz
Ael Dallier Vega
Jérôme Clément-Wilz
Zahlreiche Journalist/innen und Fotograf/innen sind heute auf der ganzen Welt unterwegs, um so schnell wie möglich Neuigkeiten und Bilder aus den Konfliktregionen direkt zu uns nach Hause zu liefern. Oft hat das Kino von Kriegsreportern als Helden erzählt. Jérôme Clément-Wilz nimmt eine andere Perspektive ein: Auch der Nachrichtenjournalismus ist eine Industrie. Viele freiberufliche, zumeist junge Fotografinnen und Fotografen reisen auf eigene Kosten in die Kriegsgebiete – in der Hoffnung, zur richtigen Zeit am richtigen Ort das entscheidende Foto zu schießen und es für teures Geld an die führenden Medien oder Agenturen zu verkaufen. In einer intimen Beobachtung folgt der Film dem Alltag junger französischer Reporterinnen und Reporter und gibt ihnen Raum, über ihre Arbeit zu reflektieren. Während des Arabischen Frühlings erfüllt sich ihr Traum: Ihre Bilder schaffen es auf die Titelseiten der größten Blätter. Dennoch vermeidet Clément-Wilz jedes heldenhafte Pathos, sondern zeigt einerseits Abenteuerlust und jugendliche Unbekümmertheit seiner Protagonist/innen, andererseits aber auch das harte Geschäft, in dem es keine Absicherung gibt und am ehesten der überlebt, der sein Leben am bereitwilligsten aufs Spiel setzt. Der Beruf des Kriegsreporters – ein prekärer Job.

Zaza Rusadze
Internationales Programm 2019
A New Era Boris Svartzman

Eine Langzeitbeobachtung der Umbrüche in China, exemplifiziert anhand einer widerständigen Inselbevölkerung. Sie verweigern die Umsiedlung, sie verteidigen ihre Häuser, sie erreichen …

A New Era

Dokumentarfilm
Frankreich
2019
71 Minuten
Untertitel: 
englische

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Anne-Catherine Witt, Antonio Magliano
Boris Svartzman
Boris Svartzman
Suzana Pedro, Emma Augier
Boris Svartzman, Laurine Estrade
Boris Svartzman
Über zehn Jahre besuchte der Regisseur und Fotograf Boris Svartzman die Bewohner eines Fleckens Erde in China. Die Häuser und Gärten dort sind umkämpft, vor allem wegen ihrer spezifischen Lage: eine Insel im Perlfluss, inmitten der Millionenstadt Guangzhou. Das Gelände soll in ein „Naturparadies“ mit Wohnanlagen und Parks für die neue chinesische Mittelschicht umgewandelt werden. Doch die Leute weigern sich. 2008 wurden ihre Behausungen zerstört. Das Leben ging weiter, nun eben in Ruinen. Sie wurden vertrieben und kehrten zurück. Das Leben ging weiter, aber nicht zwangsläufig an den neuen Siedlungsorten, die man ihnen zur Verfügung stellte. Ihre Gärten wurden vernichtet. Das Leben ging weiter, in den Gärten, die sie wieder aufbauten.

Lauter und leiser Widerstand gegen die Modernisierung, der überall auf der Welt geleistet wird, erscheint einem in China besonders dramatisch. Das Nebeneinander von modernem, westlich inspiriertem Lebensstil und alten Traditionen und Architekturen fängt Svartzman im Detail ein. Das macht die Lebensgeschichte des alten Herrn, der den fremden Gast wie einen Geist immer wieder herzlich empfängt, zu einem Requiem. Der auf die Stadt fixierte Westen, so Svartzman, hätte von China viel in Sachen „ländlicher Demokratie“ lernen können – wäre der Ferne Osten nicht so westlich über seine ländlichen Räume und Menschen hinweggetrampelt.

Saskia Walker
Internationales Programm 2018
Ash and Ember Manon Ott, Grégory Cohen

Ein Banlieue-Film jenseits abgenutzter Stereotypen, in dem man bemerkenswerten Menschen begegnet. Souveräne Einlassung zur europäischen Arbeitsgeschichte des vergangenen halben Jahrhunderts.

Ash and Ember

Dokumentarfilm
Frankreich
2018
72 Minuten
Untertitel: 
englische

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Céline Loiseau
Manon Ott, Grégory Cohen
Akosh Szelevényi
Manon Ott, Grégory Cohen
Pascale Hannoyer
Manon Ott, Grégory Cohen
Eine erwachende Stadt, in Szene gesetzt mittels majestätischem Schwarz-Weiß und ebenso sparsamen wie elaborierten Perkussionsklängen. Les Mureaux ist eine Banlieue westlich von Paris, hochgezogen in den 1960er Jahren, um die aus Subsahara-Afrika und dem Maghreb kommenden Menschen in nächster Nähe des großen Renault-Fertigungskomplexes in Flins-sur-Seine unterzubringen. Denn der ehemals staatliche Automobilbauer hatte in dieser Zeit einen unerschöpflichen Hunger nach Arbeitskräften. Als Malocher ließ es sich hier, wenn schon nicht gut leben, immerhin gut arbeiten. Später, im Mai 1968, gab es in Flins eine der langanhaltendsten Fabrikbesetzungen Frankreichs.

Heute herrscht in Les Mureaux eine seltsame Gleichzeitigkeit aus Traditionen und Brüchen. Ihren Protagonisten, in allfälligem Gegenwartspragmatismus existierend, begegnen Manon Ott und Grégory Cohen auf Augenhöhe und treiben so deren je eigene Vitalität hervor. Und welches Gehör! Aussagen, Erzählungen, Statements, die nicht nur Mitteilung sein wollen, sondern Sound, oder sagen wir: gelebtes Leben. Von den Arbeitskämpfen der Vergangenheit zur sozialen Unsicherheit der modernen Sklaven, Arbeitslosen und Zeitarbeiter erschaffen sie mit ihrem Film einen kollektiven Diskurs zur Kritik des Alltagslebens, der zugleich eine konzentrierte Einlassung zur europäischen Sozial- und Arbeitsgeschichte des vergangenen halben Jahrhunderts ist.

Ralph Eue


Nominiert für den Healthy Workplaces Film Award

Internationales Programm 2019
Black Hole Arnaud Deshayes, Emmanuel Grimaud

Zwei französische Filmemacher begeben sich auf Spurensuche ins Unterbewusstsein, um dort die Geister der kolonialen Vergangenheit Indiens zu finden. Therapeutisch, hypnotisch, vielbildlich.

Black Hole

Dokumentarfilm
Frankreich
2019
69 Minuten
Untertitel: 
englische
französische

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Giulia Olivieri, Fabrizio Polpettini
Arnaud Deshayes, Emmanuel Grimaud
Arnaud Deshayes, Emmanuel Grimaud
Arnaud Deshayes, Emmanuel Grimaud, Gabriel Gonzalez
Arnaud Deshayes, Emmanuel Grimaud
Mikaël Barre
Ein dunkler Raum. Der Fokus richtet sich auf ein entspanntes Frauengesicht. Die kirschroten Lippen fangen an, sich zu bewegen. Die Augen sind geschlossen. In Trance schlüpft die junge Inderin in frühere Inkarnationen – etwa in die Rolle eines liberalen Mannes, der für Gleichberechtigung und Freiheit kämpfte. Während ihr Körper im schwarzen Hintergrund zu verschwinden scheint, wird ihr Wiedererleben immer klarer und bildlicher.

Trupti Jayin, eine bekannte Hypnotherapeutin aus Kalkutta, nutzt das Bild des schwarzen Lochs für ihre Patienten. Wenn diese den Sprung ins dunkle Nichts wagen, können sie tiefer in ihr Unterbewusstsein eindringen, Verdrängtes aufspüren und vielleicht gar verarbeiten. In der Kolonialgeschichte Indiens hat das sogenannte „Black Hole“ allerdings eine andere Bedeutung. Das gleichnamige Gefängnis aus dem 18. Jahrhundert, in dem einige britische Soldaten starben, gilt heute als historischer blinder Fleck, in dem sich Mythos und Realität nicht mehr voneinander unterscheiden lassen. Die französischen Filmemacher Emmanuel Grimaud und Arnaud Deshayes gehen auf Spurensuche ins Unterbewusstsein, um dort die Geister der Vergangenheit zu stellen. Im Privaten, aber auch im Öffentlichen. Denn neben den Hypnosetherapieeinheiten verfolgt eine Gruppe von Geisterjägern die rastlosen Seelen in den düsteren Gassen und leer stehenden Häusern der westbengalischen Hauptstadt.

Julia Weigl

Bread, Revenge?

Dokumentarfilm
Frankreich,
Deutschland
2019
76 Minuten
Untertitel: 
englische
deutsche

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Stefan Hayn (Stefan Hayn Filme und Malerei)
Stefan Hayn
Till Megerle
Stefan Hayn
Stefan Hayn
Klaus Barm
Der französische Widerstandskämpfer Robert Antelme fiel 1944 in die Hände der Deutschen. Er kam nach Gandersheim, ein Außenlager des Konzentrationslagers Buchenwald. In den letzten Monaten des Zweiten Weltkrieges erlebte Antelme noch das ganze Ausmaß der Entmenschlichung im nationalsozialistischen Gewaltregime. Er schrieb darüber bald nach seiner Befreiung das Buch „Das Menschengeschlecht“, das heute ein Klassiker der Vergangenheitsbewältigung ist.

Stefan Hayn hat sich bereits in seinem Film „Straub“ (2014) mit Antelme beschäftigt. Nun geht er noch einmal ausführlicher auf eine Reihe von Texten ein, die kurz nach dem Krieg auch zu einer Debatte über die Frage des Umgangs mit der deutschen Schuld beitrugen. Hayn bezeichnet seinen Film im Vorspann als „lecture filmée“, eine „gefilmte Lektüre“: Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Texte (darunter Überlegungen über einen Brotdiebstahl unter Gefangenen) im französischen Original präsent sind, auch in der Rezitation durch Sprecher mit deutscher Muttersprache. Verschiedene Formen der „Lektüre“, die bis zu einer skizzenhaften szenischen Reinszenierung gehen, werden mit Gegenwartsaufnahmen aus heutigen Gedenkstätten zu einem vielschichtigen, im besten Sinn geschichtspolitischen Filmessay verwoben.

Bert Rebhandl
Internationales Programm 2017
Coal Heap Kids Frédéric Brunnquell

Das ehemalige Kohlerevier Nordfrankreichs: Die Region ist inzwischen von Armut befallen wie von einer ansteckenden Krankheit. Zwei Jungs üben sich in der Stärkung ihrer Immunkräfte.

Coal Heap Kids

Dokumentarfilm
Frankreich
2016
52 Minuten
Untertitel: 
englische

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Anne Gintzburger
Frédéric Brunnquell
Frédéric Brunnquell
Laure Matthey
Frédéric Brunnquell, Anne Gintzburger
Marc Soupa
Im klassischen Hollywood gab es dieses Produzenten-Bonmot, dass ein großer Film mit einer Explosion beginnen müsse, damit sich die Sache dann kontinuierlich steigern könne. Dieser Film, angesiedelt im ehemaligen Kohlerevier Nordfrankreichs, beginnt gleich mit sechs Explosionen. Es sind zwar nur China-Böller, die die beiden Brüder Théo (10) und Loïc (15) da hochgehen lassen, aber nichtsdestotrotz ist damit schon nach zehn Sekunden klar, dass es hier um Großes geht. Das Große ist die Armut, die Théos und Loïcs Wohnort Lens heimgesucht und sich in alle Ritzen des Persönlichen und Sozialen hineingefressen hat wie eine aggressives Säure. Früher wäre es statthaft gewesen, diesen Jungs eine glorreiche Zukunft als Working Class Heros vorauszusagen. Aber wer wollte heute dieses ethisch aufgeladene und von der Zeit überholte Vorbild noch einem jungen Menschen anempfehlen wollen?!? Oder können!?!

„Coal Heap Kids“ ist entstanden als Beitrag für die Dokumentarfilmreihe „Infrarouge“ des französischen Fernsehens. Die Energie, die ihn speist, ist jedoch von purer kinematografischer Natur. Was das heißt? Ein Film wie dieser rechtfertigt das Überleben des dokumentarischen Kinos. Wenn so ein Satz erst einmal dasteht, geht vieles schon leichter. Denn für den Fall, dass ein großes Herzklopfen sich nicht geradewegs in sachliche Worte übersetzen will (oder kann), braucht es manchmal einfach eine Umarmung!

Ralph Eue
Internationales Programm 2013
De que vuelan, vuelan Myriam Bou-Saha, Ananda Henry-Biabaud

Zwei Frauen auf der Suche nach spiritueller Heilung in der Welt der Hexer, Schamanen und Wahrsager von Venezuela. Viel schwarze Magie und noch schwärzerer Humor.

De que vuelan, vuelan

Dokumentarfilm
Frankreich
2013
53 Minuten
Untertitel: 
englische
spanisch
französische

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Alexis Taillant
Myriam Bou-Saha, Ananda Henry-Biabaud
Yannis Dumoutiers, Antony Antcliff, Julien Beaugé
Myriam Bou-Saha, Ananda Henry-Biabaud
Mélanie Brun
Sidonie Garnier, Myriam Bou-Saha, Ananda Henry-Biabaud
Capucine Caro, Thomas Prulière
In Venezuela blüht der Geisterglaube. In labyrinthischen Gassen bieten allerlei Hexer, Schamanen, Priester, Wahrsager ihre Dienste an. Sie beschwören ihre afrikanischen Ahnen, um sich in Trance zu versetzen, paffen fette Zigarren, aus deren Asche sie das Schicksal ablesen, spucken hin und wieder herzhaft aus und nehmen rituelle Schutzwaschungen mit Hühnerblut vor. Katholischer Heiligenkult und Voodoo sind in ihren Altären und Schreinen eine seltsame Mischung eingegangen. Heiler oder Scharlatane? Wie auch immer – viele Menschen, die sich verloren fühlen, setzen auf sie. So auch die zwei Protagonistinnen. Die eine kommt über den gewaltsamen Tod ihres Sohnes vor 16 Jahren nicht hinweg. War es Mord oder Selbstmord – oder am Ende doch ihre eigene Schuld, wie ihre Schwester behauptet? Die andere fühlt sich von einem bösen Geist heimgesucht, der sie zwingt, um sich zu schlagen, zu fluchen und Alkohol zu trinken.
Ihre verzweifelte Suche nach der Wahrheit treibt beide von einem rettenden Ritual zum nächsten. Und mit ihnen nehmen wir an dieser teils schillernden, teils bizarren Welt des Okkultismus unmittelbar teil. Doch wo schwarze Magie ein selbstverständlicher Bestandteil des Lebens ist, gibt es scheinbar auch schwarzen Humor. Der geht den Frauen trotz aller Rückschläge nie verloren und der Film gewinnt ihm ein großes Augenzwinkern ab.

Lars Meyer

Down the Deep, Dark Web

Dokumentarfilm
Frankreich,
Israel
2016
56 Minuten
Untertitel: 
englische

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Duki Dror, Alexandre Brachet, Liat Kamay-Eshed, Margaux Missika
Tzachi Schiff, Duki Dror
Frank Ilfman
Philippe Bellaiche, Gleb Volkov
Dror Yaakobovich
Yuval Orr
Ronen Nagel
Unter der Oberfläche von Google-Land, in dem es sich so komfortabel lebt, existiert eine Welt, die als Deep respektive Dark Net bekannt ist. Ein virtueller Datenraum, dessen Inhalte nicht von herkömmlichen Suchmaschinen erfasst werden und der dem normalen User verschlossen bleibt – es sei denn, er installiert eine spezielle Software. Regierungen, Banken oder Konzerne nutzen das Deep Net ebenso wie all jene, die ihre Aktivitäten im Netz verbergen wollen. Im Google-Land hinterlassen wir Spuren, im Deep Net surft es sich durch eine spezielle Verschlüsselungstechnologie anonym. Duki Drors und Tzachi Schiffs breit aufgestellter Film über das Internet, Privatheit, Überwachung und die Vision einer völlig neu strukturierten Ökonomie beginnt mit dessen übelster Variante: als Umschlagplatz von Drogen, Kinderpornografie und Waffen. Ist das der Grund, warum Regierungen das Netz bekämpfen? Andererseits ist es der einzige digitale Raum, der kritischen Journalisten, Oppositionellen in Diktaturen oder Whistleblowern Schutz vor Verfolgung bietet.

Der Film arbeitet sich detail- und kenntnisreich durch die aktuelle Entwicklung unserer digitalen Welt ohne zu werten. Zur Disposition steht die Freiheit des Einzelnen. Skeptisches Fazit: Die Menschen wollen gerade genug Freiheit, um sich wohlzufühlen. Google-Land. Wen kümmert es da schon, dass wir uns dadurch einer permanenten Überwachung ausliefern?

Matthias Heeder

Duo de Volailles, Sauce Chasseur

Animationsfilm
Belgien,
Frankreich
2011
6 Minuten
Untertitel: 
_ohne Dialog / Untertitel

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Thrierry Zamparutti, Ambiances...asbl
Pascale Hecquet
Pierre Gillet
Pascale Hecquet
Pascale Hecquet
Valerie Capoen
Ein schwarzes und ein weißes Huhn sitzen in ihrem Wohnzimmer, als es an der Tür klingelt. Es ist der Fuchs mit angelegter Flinte – und einer Schwarz-Weiß-Schwäche.
Internationales Programm 2018
Facing the Beast Emma Benestan, Adrien Lecouturier

Sommer in der Camargue. Der 14-jährige Théo macht ein Praktikum auf einer Farm für halbwilde Rinder. Einsilbig, noch schlaksig-jungenhaft träumt er von einer Zukunft als tüchtiger Manadier.

Facing the Beast

Dokumentarfilm
Frankreich
2018
26 Minuten
Untertitel: 
englische

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Jérémy Forni
Emma Benestan, Adrien Lecouturier
Alexis Paul
Emma Benestan, Adrien Lecouturier
Julie Borvon, Emma Benestan
Anne Dupouy
Sommer in der Camargue. Théo macht ein Ferienpraktikum auf einer Farm für halbwilde Rinder. Einsilbig und noch schlaksig-knabenhaft erkundet er eine Männerwelt, probiert sich an der „Urgewalt“ eines Jungbullen aus, träumt von einer Zukunft als Manadier – zur Sorge seiner Mutter um Gesundheit und weniger romantische Berufsaussichten. Leise und ehrlich nimmt dieser Film den verklärten Blick des 14-Jährigen auf eine Ferienwelt im warmen Sonnenlicht und eine sich verändernde Körperlichkeit ein.

André Eckardt


Nominiert für den Young Eyes Film Award

Finistere

Dokumentarfilm
Frankreich,
Deutschland
2013
26 Minuten
Untertitel: 
englische

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Simon Riedl
Daniel Andreas Sager
Andrej Ugoljew
Julia Hönemann
Isabella Kohl
Daniel Andreas Sager
Stefan Kesper
Finistère, das so etwas bedeutet wie „Ende der Erde“, ist ein Ort in Frankreich an der Spitze der bretonischen Halbinsel. Vom Ende spricht jedenfalls der Mann mit den kleinen verschmitzten Augen, der an diesem Ort seine Spuren im Sand hinterlässt. Den Tod seiner Tochter habe er nie akzeptiert, vor dem eigenen habe er keine Angst. Daniel lebt in einem kleinen Boot am Strand, genießt trotz Lungenkrebs seine Zigarette, schreibt Gedichte und zitiert gerne Léo Ferré. Er „ist lieber einsam, als in schlechter Begleitung“ und philosophiert über das Weitermachen, obwohl das Ende in ebenso greifbarer Nähe ist wie die See. Und Daniel macht weiter. Wir erleben ihn in stillen Momenten, während die Wassermassen an die schroffe Felsenküste schlagen und das rauschende Meer einen unaufhaltsamen Energiefluss versinnbildlicht. Daniel Andreas Sager hat mit dem Mann, der den gleichen Vornamen trägt wie er selbst, eine überaus erstaunliche Persönlichkeit entdeckt und gibt uns Hoffnung, dass Ferré recht hat, wenn er in der Stille des Meeres ein verfluchtes Schaukeln vermutet, welches unser Herz erlöst.

Claudia Lehmann

Grands Canons

Animationsfilm
Frankreich
2018
11 Minuten
Untertitel: 
_ohne Dialog / Untertitel

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Girelle Production
Alain Biet
Pablo Pico, Yan Volsy
Alain Biet dreht in seiner Supernova der Dinge die gefundene surrealistische Schraube mit einem gezeichneten Schraubendreher weiter. Das alltägliche Massenprodukt taucht als täuschend echtes Tuschebild in quietschvergnügte Großformationen ein. Klinge, Zange, Zahnbürste bieten eine obsessive Busby-Berkeley-Show der symmetrisch choreografierten Individualisten dar und liefern ganz im Vorbeigehen eine ethnografische Studie der noch greifbaren Konsumwelt ab.

André Eckardt
Internationales Programm 2015
Haircut Virginia Mori

Eine Schülerin und eine Lehrerin, allein in einem kargen Klassenraum. Vordergründig geht es um die Frisur des Mädchens. Aber was entspinnt sich da um den langen Zopf: ein Machtspiel, ein Showdown, oder ist es nur ein Fantasiegespinst?

Haircut

Animationsfilm
Frankreich,
Italien
2014
8 Minuten
Untertitel: 
_ohne Dialog / Untertitel

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Pascaline Saillant
Virginia Mori
Andrea Martignoni
Lola Capote Ortiz
Virginia Mori
Virginia Mori
Andrea Martignoni
Eine Schülerin und eine Lehrerin, allein in einem kargen Klassenraum. Vordergründig geht es um die Frisur des Mädchens. Aber was entspinnt sich da um den langen Zopf: ein Machtspiel, ein Showdown, oder ist es nur ein Fantasiegespinst? Virginia Mori zeichnete ein Jahr lang mit Bleistift und Kugelschreiber auf Papier. Ihre 3.000 Zeichnungen verdichten sich mit der Musik von Andrea Martignoni zu einem so melancholischen wie traumartigen Kammerspiel um Macht und Unterwerfung.

Nadja Rademacher