Vergilbte Fotos junger Frauen in Uniformen der Roten Armee. Eine von ihnen ist Tamara Trampes Mutter, die ihr Kind im Kriegswinter 1942 auf einem verschneiten Feld in Woronesch gebar und entgegen aller Wahrscheinlichkeit im Fronteinsatz durchbrachte. Den Vater, einen Offizier, wird das Mädchen nie kennenlernen und später mit dem deutschen Ehemann der Mutter in der DDR aufwachsen. Da hat die Mutter die Kriegstraumata tief im Inneren verschlossen, von wo sie die Kinder wie Schreckgespenster verfolgen. Erst kurz vor ihrem Tod kann sie vom Krieg erzählen, vor der Kamera ihrer Tochter.
Die sucht nun die alten Mitkämpferinnen in der Ukraine auf. Kaum sind sie auffindbar, kaum wollen sie reden. Niemand mochte ihre Geschichten hören in einer Gesellschaft, die bis heute den Mythos vom Großen Vaterländischen Krieg pflegt. Sparsam kommentieren Bilder von Kriegsmuseen und Schwesternschülerinnen, die den Fronthabitus kopieren, jene von den alten Frauen in ihren ärmlichen Behausungen.
Nie jedoch verweist der Film das Problem auf „die da“ im Osten. Vielmehr wird hinter all den Andeutungen und vielleicht auch Auslassungen ein Machtgefüge sichtbar, das sich bis heute durch die Geschichte zieht. Wie jeder gute Film tut auch dieser weh. Es ist vor allem der Schmerz über die nicht erzählten Geschichten. In der Familie, in der Gesellschaft. Den traurigsten Satz sagt eine der alten Frauen: „Ich werde mich bald selbst vergessen haben.“
Grit Lemke