Im Zusammenhang von Realpolitik würden diese Begegnungen zwischen Michail Gorbatschow und Werner Herzog wohl Gipfeltreffen genannt werden. Und wie Gipfeltreffen sind die Begegnungen zwischen dem Filmemacher und dem ehemaligen Staatspräsidenten der Sowjetunion auch vorbereitet und durchgeführt worden. Über einen Zeitraum von sechs Monaten besuchte das Filmteam um Werner Herzog und André Singer den Initiator von Glasnost und Perestroika dreimal in dessen absoluter Zurückgezogenheit bei Moskau.
Es ist das erste Mal, dass sich Herzog in solcher Direktheit einem Politiker zuwendet, wobei er keinen Moment seine Bewunderung für den heute 87-jährigen Staatsmann und Friedensnobelpreisträger verhehlt. Umgekehrt ist es auch für Michail Gorbatschow eine Premiere, sich in dieser Ausführlichkeit von einem Künstler befragen zu lassen, der erklärtermaßen einen Sound im Sinn hat, der sich von dem, was ein professioneller Journalist hören und erzeugen möchte, unterscheidet. Entlang markanter Stationen in Gorbatschows politischer und persönlicher Karriere macht sich Herzog auch mit seinem neuesten Dokumentarfilm auf die Suche nach ekstatischen Momenten hinter faktischen Wahrheiten.
Ralph Eue