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Jahr

Next Masters Wettbewerb 2017
Granny Project Bálint Révész

Drei Enkelsöhne treten mit ihren Großmüttern eine anarchische Reise in die Vergangenheit an – ein facettenreiches Roadmovie um Generationen-Dialoge in Großbritannien, Ungarn und Deutschland.

Granny Project

Dokumentarfilm
Ungarn
2017
90 Minuten
Untertitel: 
englische

Credits DOK Leipzig Logo

Produktion
László Kántor, Bálint Révész
Regie
Bálint Révész
Musik
Albert Márkos
Kamera
Ruben Woodin Dechamps
Schnitt
Károly Szalay
Buch
Bálint Révész, Meredith Colchester, Ruben Woodin Dechamps
Wie funktionieren Erinnerungen? Wie können Erfahrungen von Generation zu Generation weitergegeben werden? Wie verändert das Erzählen das Erlebte? Gemeinsam mit ihren Großmüttern machen sich drei junge Männer auf die Suche nach ihrem historischen und persönlichen Erbe. Da ist die britische Spionin mit dem staubtrockenen Humor, die ungarische Kommunistin, die den Holocaust überlebt hat, und die deutsche Tänzerin, deren Blick zurück sich als der schwierigste erweist.

Im Unterschied zu vielen Dokumentarfilmen der letzten Jahre, die sich aufs Gesprächsformat konzentrierten und ihre Protagonisten auf ein Plateau der Ehrfurcht hoben, arbeitet „Granny Project“ ganz anders: verspielt, konfrontativ, manchmal auch albern, Momente später dann wieder ehrlich und emotional. Ein unkonventioneller Versuch der Enkelgeneration, Fragen, die ihre Eltern in den 1960er Jahren auf die Straße trieben, auf einer anderen Ebene erneut zu stellen. Dieser Film sucht jedoch weder die Gegnerschaft noch will er anklagen. Vielmehr ist er der vielleicht naive, aber nicht minder notwendige Versuch, den anderen zu verstehen. Spätestens, als die drei Großmütter gemeinsam mit ihren Enkeln und diversen Dolmetschern am Tisch sitzen wird deutlich, dass mindestens zweierlei nötig ist, um Vergangenheit und Gegenwart wirklich miteinander in Kontakt zu bringen: ein aufrichtiges Interesse am Gegenüber und eine gute Übersetzung.

Luc-Carolin Ziemann



Ausgezeichnet mit dem MDR Filmpreis;
Nominiert für Young Eyes Film Award

Next Masters Wettbewerb 2015
Train to Adulthood Klára Trencsényi

Drei Budapester Kinder auf dem Weg zum Erwachsensein: Wo die Familien mit Armut kämpfen und Eltern abwesend sind, gibt die Pioniereisenbahn Halt. Sensibles Coming-of-Age-Drama.

Train to Adulthood

Dokumentarfilm
Ungarn
2015
79 Minuten
Untertitel: 
englische

Credits DOK Leipzig Logo

Produktion
Julianna Ugrin
Regie
Klára Trencsényi
Musik
Andor Sperling
Kamera
Márton Vízkelety, Klára Trencsényi
Schnitt
Judit Czakó
Buch
Klára Trencsényi
Ton
Rudolf Várhegyi
Die Pioniereisenbahn, bei der Kinder Lokführer oder Schaffner sind, Fahrkarten verkaufen oder Züge abfertigen, war einst der Traum jedes Jungen (und vieler Mädchen) zwischen Leipzig und Wladiwostok. Auch die Budapester Zwillinge Viktor und Karmen sowie Gergő bedienen altmodische Schalter, Hebel und Telefone, treten zum Fahnenappell an und singen am Lagerfeuer die alte Hymne: „Das Land der Pioniere ist voll glücklicher Töne …“. Doch was leicht zur klebrig-verlogenen Nostalgie geraten könnte, entfaltet sich als sensibles Coming-of-Age-Drama voller Zwischentöne – und nicht der glücklichen. Denn an der Schwelle zum Erwachsensein haben die drei nicht nur bei der Bahn Verantwortung zu tragen: Früh sind sie mit der harten Realität des Kapitalismus konfrontiert. Die alleinerziehende Mutter der Zwillinge verdient trotz stetiger Schufterei kaum genug, um Essen zu kaufen, und die Familie verliert das Dach über dem Kopf. Gergő hingegen lebt bei den Großeltern, weil die Eltern gezwungen sind, im Ausland zu arbeiten, und muss sich entscheiden, ob dies auch seine Zukunft ist.

Klára Trencsényi zeigt eine Welt, in der ein Relikt aus der Vergangenheit den einzigen Halt gibt auf dem Weg in die Zukunft, während alle dafür vorgesehenen Institutionen abwesend sind. Das Bild vom fahrenden Zug als Sehnsuchtsraum bekommt eine andere Bedeutung. Eine bittere Eisenbahnromantik.

Grit Lemke



Ausgezeichnet mit der Goldenen Taube im Next Masters Wettbewerb 2015