Dieser Film liefert jede Menge Hochzeit. Oder besser gesagt: jede Menge Hochzeitsfilme. Auch den von Mohammadreza Farzad, der dieses Material zu einem poetischen Essay über den merkwürdigen Brauch, einer Liebe Form und Regelwerk zu verpassen, verarbeitet. Hinter ihm liegt, wenig überraschend, eine Scheidung, die den Anlass für eine mitunter subversive Betrachtung des (laut Werbung) „schönsten Tags im Leben einer Frau“ liefert. Medial ein reiner Fake (hat man jemals eine Braut gesehen, die die Treppe hinunterfällt?), ist die Wirklichkeit im Hochzeitsfilm eine Kinderfantasie in Zuckerguss. Oder nicht?
Lustvoll durchforscht der Regisseur das Material nach Zeichen künftiger Entzweiung. Dieser Streifzug durch Hochzeitsgenerationen führt immer wieder zu kurzen Blicken nach Außen, dessen Aussparung (böse Realität, Politik, Krieg) im Hochzeitsfilm das Glück fest an das Innen, die Familie, kettet. Eine Spekulation: Was wäre geschehen, wäre Farzad am Tag der Hochzeit seiner aufrührerischen Fantasie gefolgt? Jedenfalls hätte es dann keine Scheidung gegeben, aber auch keinen Grund für diesen Film. Formal eine gelungene Mischung von Archiv-, Amateur- und eigenem Filmmaterial in famosen Schnittsequenzen, einem privaten Hochzeits-Loop und jeder Menge gedanklicher Anstöße, ist „Wedding: A Film“ auch eine Reflexion über die Last der persönlichen Entscheidung.
Matthias Heeder