Wozu eine zersprungene Schallplatte, die lange Zeit auch noch schwer aufzufinden ist, nicht alles taugt … Viele Jahre führte die irakisch-libanesische Filmemacherin Parine Jaddo eine kosmopolitische Existenz in und zwischen verschiedenen Ländern und Kulturen. Nach dem Tod ihrer Mutter aber begibt sie sich in Kirkuk, wo die Wurzeln der einst großbürgerlich-intellektuellen Familie liegen, auf eine Recherche. In ihr verknoten sich private, lokale und geopolitische Zusammenhänge auf interessante Weise. Dabei geht es vordergründig nur um das Aufspüren von Aufnahmen, die Jaddos Mutter in den 1960er Jahren mit dem Musiker Dr. Mustafa und den Turkmen Brothers – so wird die Kapelle in den englischen Untertiteln genannt – gemacht hat. Zunehmend erscheint die Suche der Filmemacherin aber wie eine Wanderung über die Ruinen einer kaum mehr präsenten Spielart der Weltmusik – lange bevor dieser Terminus überhaupt in Gebrauch kam. Einer Musik, von der schon nach wenigen Jahrzehnten kaum mehr sicht- respektive hörbare Zeugnisse existieren.
Man spürt, dass der private Kummer über verschollene familiäre Memorabilien nur als Auslöser fungiert: für die hintersinnige Betrachtung eines ehemals multireligiösen, ethnisch vielfältigen und alles in allem äußerst großzügigen gesellschaftlichen Miteinanders in dieser nordirakischen Region.
Ralph Eue