Filmarchiv

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Internationales Programm 2013
Broken Record Parine Jaddo

Ein alter Schlager, eine Familie und die Geschichte eines Landes – persönliche Spurensuche im Irak und hintersinnige Betrachtung eines verlorenen Miteinanders der Religionen und Ethnien.

Broken Record

Dokumentarfilm
Irak
2012
75 Minuten
Untertitel: 
englische

Credits DOK Leipzig Logo

Produktion
Parine Jaddo, Rania Malas
Regie
Parine Jaddo
Musik
Omar Al Dewachy
Schnitt
Nadim Shartouny
Ton
Bilal Hibri
Wozu eine zersprungene Schallplatte, die lange Zeit auch noch schwer aufzufinden ist, nicht alles taugt … Viele Jahre führte die irakisch-libanesische Filmemacherin Parine Jaddo eine kosmopolitische Existenz in und zwischen verschiedenen Ländern und Kulturen. Nach dem Tod ihrer Mutter aber begibt sie sich in Kirkuk, wo die Wurzeln der einst großbürgerlich-intellektuellen Familie liegen, auf eine Recherche. In ihr verknoten sich private, lokale und geopolitische Zusammenhänge auf interessante Weise. Dabei geht es vordergründig nur um das Aufspüren von Aufnahmen, die Jaddos Mutter in den 1960er Jahren mit dem Musiker Dr. Mustafa und den Turkmen Brothers – so wird die Kapelle in den englischen Untertiteln genannt – gemacht hat. Zunehmend erscheint die Suche der Filmemacherin aber wie eine Wanderung über die Ruinen einer kaum mehr präsenten Spielart der Weltmusik – lange bevor dieser Terminus überhaupt in Gebrauch kam. Einer Musik, von der schon nach wenigen Jahrzehnten kaum mehr sicht- respektive hörbare Zeugnisse existieren.
Man spürt, dass der private Kummer über verschollene familiäre Memorabilien nur als Auslöser fungiert: für die hintersinnige Betrachtung eines ehemals multireligiösen, ethnisch vielfältigen und alles in allem äußerst großzügigen gesellschaftlichen Miteinanders in dieser nordirakischen Region.

Ralph Eue

The Black Flag

Dokumentarfilm
Iran,
Irak
2015
62 Minuten
Untertitel: 
englische

Credits DOK Leipzig Logo

Produktion
Majed Neisi
Regie
Majed Neisi
Schnitt
Mahvash Sheykholeslami
Buch
Majed Neisi
Ton
Mani Hashemian
Oktober 2014, der Angriff schiitischer Milizen auf eine Kleinstadt im Südirak, die von IS-Terroristen besetzt ist. Unter den Milizionären der iranische Regisseur Majed Neisi, bewaffnet mit seiner Kamera. „Black Flag“ ist ein rauer, direkter, ungemein authentischer Film über einen Krieg, von dessen Wirklichkeit wir keine Vorstellung haben.

Zum Beispiel die Kämpfer: Freiwillige, die als gläubige Schiiten der Fatwa ihres religiösen Führers folgen und keine Zweifel kennen. Sie führen den Regisseur zum Sitz des ehemaligen Scharia-Gerichts der ISIS. Hier wurde verurteilt, dort enthauptet – „Unsere Sache ist gerecht.“ Oder die logistischen Probleme: Woher bekommt man Sprengstoff, Raketen, Munition? Am Telefon wird ein Preis ausgehandelt, 400 Dollar für 1.000 Patronen. Ein privater Spender zahlt. Schließlich der Angriff: Die Miliz muss durch einen dichten Palmenhain. Von überallher wird geschossen, geschrien, Granaten schlagen ein, Minen werden mit bloßen Händen ausgegraben, ein Bulldozer schlägt eine Schneise durch die Bäume. Die Kamera, immer im Windschatten der Kämpfer, kann den chaotischen Ereignissen kaum folgen. Plötzlich ist es vorbei und die Toten werden abtransportiert.

Das ist keine Kriegsberichterstattung, sondern dokumentarisches Arbeiten am Limit. Denn was, so der Regisseur, könne er anderes zum Kampf gegen ISIS beitragen? Dafür gebührt ihm höchster Respekt.

Matthias Heeder