Esther, Naomi und Hanna bezeugen mit ihren Erinnerungen die Grausamkeit einer so archaischen wie brutalen Traditionslinie im Menschenhandel: die Zwangsverheiratung von Mädchen mit erheblich älteren Männern gegen „Mohar“ (Brautgeld). Die aus Marokko und dem Jemen stammenden, nun alten Frauen haben im Dialog mit ihren in Israel aufgewachsenen Töchtern und Söhnen hier und heute das Wort. Es geht um die Vertuschung des Altersunterschiedes, um wiederholte Fehlgeburten und sehr frühe Mutterschaft, den Zwang zu arbeiten trotz der Säuglinge zu Hause, um sagenhafte Fluchtversuche, die Selbstermächtigung durch Alphabetisierung und immer wieder um die Konstellation, selbst Kinder großzuziehen trotz der unermesslichen Verletzung, von den Eltern verkauft worden zu sein. Wenn Wunden auf Wunden treffen, wird der Film am brisantesten. „Habt ihr nie darüber nachgedacht, dass ich ohne Vater aufwachsen würde?“, fragt Avi, der mit sechs Halbwaise wurde.
Mit großer Einfühlsamkeit und immer wieder mit Stoizismus gelingt es den Filmemachern, einen intimen Raum zu eröffnen, in dem selbstverständlich auch getanzt, gescherzt und gesungen wird. Und, wo sich das Unsägliche in purer Emotion äußert, ist immer wieder das Schweigen der Frauen da – mit allen Facetten von Wut, Scham, Todessehnsucht, Stolz und Willenskraft.
Nadja Rademacher