Eine junge Israelin zieht nach Deutschland. „In die Diaspora!“, befinden ihre entsetzten Eltern, dorthin, wo ein Großteil der Verwandten im Holocaust umkam. Aber Yael Reuveny beharrt als Vertreterin der dritten Generation auf ihrem Recht, unvoreingenommen in eine Stadt zu gehen, die gerade nicht nur bei Israelis angesagt ist. Doch sie irrt. Die Vergangenheit folgt ihr auf dem Fuße. In Schlieben, einer unscheinbaren Kleinstadt in Brandenburg, stößt sie auf Spuren, die zum lange verschollen geglaubten Bruder der Großmutter führen. In einer nachdenklichen, komplex verwobenen und immer wieder um die wunden Punkte der Familiengeschichte kreisenden Montage, erzählt Reuveny, wie aus Feiv’ke erst Feiwusch und zu guter Letzt Peter Schwarz wurde. Tastend befragt die Regisseurin drei Generationen jeweils im Land der Täter und im Land der Opfer. So schafft sie es, den schwierigen Umgang mit Versöhnung aus den verschiedenen Perspektiven durchzudeklinieren. Ist Verdrängung möglicherweise unabdingliche Voraussetzung für Versöhnung? Feiv’ke ging nach dem Krieg nicht nach Israel, sondern entschied sich, ausgerechnet in jenem Ort zu leben, wo er im Konzentrationslager untergebracht war. Die Baracken werden kurzerhand umgebaut und aus den ehemaligen Aufsehern werden Nachbarn, ja sogar Fußballfreunde, wie ein Foto zeigt. Über Vergangenes reden sie nicht mehr, stattdessen krempelt man die Ärmel hoch für ein „besseres Deutschland“. Viele Fragen bleiben, aber vielleicht ist es auch gut, dass sie erst jetzt gestellt werden.
Cornelia Klauß
Ausgezeichnet mit dem DEFA-Förderpreis 2013