Filmarchiv

Deutscher Wettbewerb 2017
Muhi – Generally Temporary Rina Castelnuovo-Hollander, Tamir Elterman

Ein palästinensischer Junge, der seinen schwierigen Weg zwischen den politischen Fronten mit einem ansteckenden Lachen meistert. Ein großer, herzzerreißender und ermutigender Film.

Muhi – Generally Temporary

Dokumentarfilm
Deutschland,
Israel
2017
86 Minuten
Untertitel: 
englische

Credits DOK Leipzig Logo

Produktion
Hilla Medaila (Medalia Productions), Jürgen Kleinig (Neue Celluliod Fabrik)
Regie
Rina Castelnuovo-Hollander, Tamir Elterman
Musik
Ran Bagno
Kamera
Avner Shahaf, Oded Kirma, Rina Castelnuovo-Hollander, Tamir Elterman
Schnitt
Joëlle Alexis
Ton
Ronen Geva, Maximilian Bloching
Der sechsjährige Muhi hat ein ansteckendes Lachen und liebt es, seinen Großvater Abu Naim nachzuahmen. Der Junge, der im Gazastreifen als Sohn eines Hamas-Aktivisten geboren wurde, verbrachte sein ganzes bisheriges Leben in einem israelischen Krankenhaus. Er leidet an einer seltenen Autoimmunerkrankung. Mit zwei Jahren mussten ihm Füße und Hände amputiert werden. Im Gazastreifen wäre er zum Tode verurteilt, denn die Gesundheitsversorgung ist desolat. Auf der anderen Seite der Grenze kann er zwar behandelt werden, doch der Preis dafür ist hoch.

Muhi lebt ein paradoxes Leben. Nur sein Großvater durfte ihn nach Israel begleiten. Seit nunmehr sechs Jahren ist dieses Hospital ihr „Zuhause“, fern von der eigenen Familie. Muhi kennt kaum seine Eltern und Geschwister. Sein Vater verurteilt den Staat, der seinen Sohn am Leben erhält, und wünscht, dass der Junge nach Gaza zurückkommt – koste es, was es wolle. Obwohl Muhis Aktionsradius doppelt beschränkt ist, richtet er sich in seinem Alltag ein und schafft es, mit seinem Lebensmut die ihn behindernden Grenzen ad absurdum zu führen. Dennoch schimmert die Unauflösbarkeit seiner individuellen Tragödie in diesem feinfühligen Film in jeder Szene direkt unter der Oberfläche. Am Ende bleibt die Frage, wie es diesem ungewöhnlichen Kind gelingen kann, auch in Zukunft seinen eigenen Weg zu gehen.

Luc-Carolin Ziemann



Ausgezeichnet mit der Goldenen Taube im Deutschen Wettbewerb;
Nominiert für ver.di-Preis für Solidarität, Menschlichkeit und Fairness, Dokumentarfilmpreis des Goethe-Instituts, DEFA-Förderpreis

Deutscher Wettbewerb 2019
Resonance Itay Marom

Drei renommierte Stimm- und Gesangslehrende und ihre Schülerinnen und Schüler beim Einzelunterricht. Aus perfektionierter Technik soll höchste Emotionalität und Intensität entstehen.

Resonance

Dokumentarfilm
Deutschland,
Israel
2019
56 Minuten
Untertitel: 
englische

Credits DOK Leipzig Logo

Produktion
Itay Marom
Regie
Itay Marom
Kamera
Itay Marom
Schnitt
Sunjha Kim, Itay Marom
Ton
Rotem Dror

Tiefste und verborgene Gefühlsregungen kann Musik in uns auslösen, eine körperliche, seelische oder spirituelle Erfahrung sein – auch für die sie erzeugenden Musiker. Um das höchste Niveau klassischen Gesangs zu erreichen, nehmen angehende Sängerinnen und Sänger Privatunterricht. Über den Verlauf eines Semesters folgt der Film drei renommierten Stimm- und Gesangslehrenden und ihren Schülerinnen und Schülern. Es ist ein hartes körperliches Training, stundenlanges Üben, Atmen, das Finden der exakt richtigen Positionen von Zunge und Kiefer. Denn nur auf der Basis technischer Perfektion kann letzten Endes die Magie der höchsten Emotionalität entstehen, durch ein Hineingeben der eigenen Persönlichkeit, ein Wechselspiel aus Anstrengung und Loslassen-Können. Auch wenn wir wenig über die Singenden erfahren, sondern vor allem ihren Stimmen lauschen, spürt man die Intensität und Intimität, die bei dieser Art von Einzelunterricht zwischen Lehrenden und Lernenden entsteht – eine Atmosphäre, in der sich etwas Großes, Erhabenes aufbaut. Der lichte und meist stille Betonbau einer der drei Musikhochschulen, die Itay Marom für seinen Film aufsucht, mutet dabei fast wie ein Zen-Kloster an. Frederik Lang





Ausgezeichnet mit dem DEFA Förderpreis.


Schnee von gestern

Dokumentarfilm
Deutschland,
Israel
2013
96 Minuten
Untertitel: 
englische

Credits DOK Leipzig Logo

Produktion
Melanie Andernach (Made in Germany Filmproduktion GmbH), Saar Yogev, Naomi Levari (Black Sheep Film Prod.LTD)
Regie
Yael Reuveny
Musik
Volker Bertelmann
Kamera
Andreas Köhler
Schnitt
Nicole Kortlüke, Assaf Lapid
Buch
Yael Reuveny
Ton
Cesar Fernandez Borras, Alfred Tesler, Nilly Kalmar, Idan Shemesh, Dovilas Meilus
Eine junge Israelin zieht nach Deutschland. „In die Diaspora!“, befinden ihre entsetzten Eltern, dorthin, wo ein Großteil der Verwandten im Holocaust umkam. Aber Yael Reuveny beharrt als Vertreterin der dritten Generation auf ihrem Recht, unvoreingenommen in eine Stadt zu gehen, die gerade nicht nur bei Israelis angesagt ist. Doch sie irrt. Die Vergangenheit folgt ihr auf dem Fuße. In Schlieben, einer unscheinbaren Kleinstadt in Brandenburg, stößt sie auf Spuren, die zum lange verschollen geglaubten Bruder der Großmutter führen. In einer nachdenklichen, komplex verwobenen und immer wieder um die wunden Punkte der Familiengeschichte kreisenden Montage, erzählt Reuveny, wie aus Feiv’ke erst Feiwusch und zu guter Letzt Peter Schwarz wurde. Tastend befragt die Regisseurin drei Generationen jeweils im Land der Täter und im Land der Opfer. So schafft sie es, den schwierigen Umgang mit Versöhnung aus den verschiedenen Perspektiven durchzudeklinieren. Ist Verdrängung möglicherweise unabdingliche Voraussetzung für Versöhnung? Feiv’ke ging nach dem Krieg nicht nach Israel, sondern entschied sich, ausgerechnet in jenem Ort zu leben, wo er im Konzentrationslager untergebracht war. Die Baracken werden kurzerhand umgebaut und aus den ehemaligen Aufsehern werden Nachbarn, ja sogar Fußballfreunde, wie ein Foto zeigt. Über Vergangenes reden sie nicht mehr, stattdessen krempelt man die Ärmel hoch für ein „besseres Deutschland“. Viele Fragen bleiben, aber vielleicht ist es auch gut, dass sie erst jetzt gestellt werden.

Cornelia Klauß



Ausgezeichnet mit dem DEFA-Förderpreis 2013