Um Hotelfachangestellter zu werden, braucht es vor allem eines: Disziplin. Das ist für pubertierende Jugendliche natürlich nicht so leicht. Besonders der schüchterne vierzehnjährige Luca tut sich schwer. Er kann weder ruhig stehen noch möchte er seine zotteligen roten Haare schneiden lassen. Lieber flirtet er im Französischunterricht mit der Lehrerin oder geht im einsamen Wald auf die Jagd. Die gleichermaßen renommierte wie spießige Hotelfachschule langweilt ihn und geht ihm mit ihrer ständigen Routine auf die Nerven: Servietten falten, Gläser polieren, zuhören. Das Problem ist allerdings, dass seine Familie große Erwartungen in ihn setzt.
In einem winzigen Bergdorf in den Alpen aufgewachsen, kennt sich der Junge natürlich mit den Kühen auf dem heimischen Hof aus. Die umliegenden Wälder waren sein Revier, in dem er sich austoben konnte. Nun soll ihn die Schule zähmen, ihm Selbstbeherrschung beibringen und ihm am Ende zu einem ordentlichen Job verhelfen. In ruhigen Vintage-Bildern illustriert der italienische Regisseur Davide Maldi das enge Korsett einer Ausbildungsanstalt, die aus der Zeit gefallen scheint. Antike Holzmöbel, zitronengelbe Wände, junge Herren in schwarzen Anzugwesten und zugeknöpften weißen Hemden. Sie bilden Kostüm und Setting für eine intime Coming-of-Age-Geschichte, in der es um ein Opfer geht: Muss Luca seinen Freigeist aufgeben, um „etwas“ zu werden?
Julia Weigl