Filmarchiv

Next Masters Wettbewerb 2017
Funeralopolis. A Suburban Portrait Alessandro Redaelli

In einer Gemeinde bei Mailand fordern zwei junge Männer das Leben heraus, die Liebe, den Tod. Sie riskieren sich selbst, weil alles andere riskanter erscheint.

Funeralopolis. A Suburban Portrait

Dokumentarfilm
Italien
2017
94 Minuten
Untertitel: 
englische

Credits DOK Leipzig Logo

Produktion
Barbara Guieu
Regie
Alessandro Redaelli
Musik
Ruggero Melis
Kamera
Alessandro Radaelli
Schnitt
Daniele Fagone, Ruggero Melis, Alessandro Redaelli
Buch
Daniele Fagone, Ruggero Melis, Alessandro Redaelli
Ton
Michele Benedetti
Der Verlust der Sinne ist der Weg, Sinn zu finden. Auf der kleinen schmutzigen Zugtoilette das Spritzbesteck. Schnitt. Gürtel um den mageren Oberarm. Schwarzblende. Nadel hängt in einer Vene. Schwarzblende. Blutrinne am Arm. Kann man sich mit dem Wasser hier waschen? Lieber nicht. Zwischen Bresso, Sesto San Giovanni und Mailand trifft man Vash und Felce. Vash ist jünger als Felce, aufgekratzt und trägt eine Frisur, mit der er aussieht „wie ein Pilz“. Felce hat Architektur studiert. Sie machen Musik und Party und nehmen Drogen.

Alessandro Redaelli hat Werbung für Fruchtsäfte gedreht, in der man bunt angezogene junge Leute sieht, die lachen. In seinem Film aber gibt es keine Farben. Gelacht wird trotzdem. Und geweint. Alles rast und man weiß nicht, wohin. In diesem „suburbanen Porträt“ geht es um Eitelkeiten und um Mode, Provokation und das richtige Timing. Redaelli besteht darauf, dass sein Film nicht von Heroin erzählt und schon gar nicht über die Folgen von Sucht aufklären will. Für ihn ist es ein Film über zwei Freunde auf der Suche nach Bedeutung im Leben.

Carolin Weidner
Next Masters Wettbewerb 2019
Never Whistle Alone Marco Ferrari

Eine kühle und gerade deshalb atemberaubende Studie zu Korruption und Wahrheit, die mutige Whistleblower „aus der zweiten Reihe“ vorstellt. Politisch, abgründig, aktivierend.

Never Whistle Alone

Dokumentarfilm
Italien
2019
74 Minuten
Untertitel: 
englische
deutsche

Credits DOK Leipzig Logo

Produktion
Priscilla Robledo, Francesco Crespi
Regie
Marco Ferrari
Musik
Francesco Leali, Alessandro Branca
Kamera
Stefano Govi
Schnitt
Neil Devetti
Animation
Syd Golding
Buch
Marco Ferrari
Ton
Vito Martinelli
Seit Chelsea Manning und Edward Snowden weiß jeder, was ein Whistleblower ist. Der Geheimnisverrat um der guten Sache willen bringt denen, die sich trauen, kriminelle Systeme offenzulegen, viel Ehre ein. Wer zum Whistleblower wird, verliert aber auch sein (bisheriges) Leben, riskiert Mobbing, Verfolgung und Exil.

Regisseur Marco Ferrari spricht mit sieben Menschen aus seinem Heimatland Italien, die diese Entscheidung getroffen haben, und befragt sie zu ihren Beweggründen und den Folgen – sowohl auf persönlicher Ebene als auch in Hinblick auf das angezeigte Verbrechen. Auch wenn jeder der Sprechenden ganz individuell den Mut aufbrachte, Systemfehler anzuprangern, gleichen sich die Geschichten auf unheimliche Weise: Wer aussteigt und das Richtige tut, ist sofort mit Aggressionen, Einschüchterungen, Korruption, Schikane und Isolation konfrontiert. Polizei und Justiz scheinen nicht ansatzweise in der Lage zu sein, Whistleblower angemessen zu schützen beziehungsweise mit ihren Informationen sinnvoll umzugehen. Ferrari betont nicht die jeweils besonderen Ausprägungen, sondern zeigt mit gezielt überprononcierten Inszenierungen, welche allgemeingültigen Muster von Einschüchterung, Vertuschung und Gedankenlosigkeit korrupten Organisationen zugrunde liegen. Ein wichtiger, spannungsgeladener Film, dessen Akteure wie eine Blaupause für mehr Zivilcourage am Schreibtisch wirken.

Luc-Carolin Ziemann
Next Masters Wettbewerb 2018
Nijolė Sandro Bozzolo

Porträt der kolumbianischen Künstlerin Nijolė Šivickas und der ungewöhnlichen Beziehung zu ihrem Sohn Antanas Mockus. Eine gemeinsame Reise führt die beiden in Nijolės Geburtsland Litauen.

Nijolė

Dokumentarfilm
Italien,
Litauen
2018
79 Minuten
Untertitel: 
englische

Credits DOK Leipzig Logo

Produktion
Dagnė Vildžiūnaitė, Max Chicco
Regie
Sandro Bozzolo
Musik
Lina Lapelytė
Kamera
Sandro Bozzolo
Schnitt
Silvija Vilkaitė, María Cecilia Reyes
Buch
Maria Cecilia Reyes, Sandro Bozzolo
Ton
Vytis Puronas
Antanas Mockus war Bürgermeister von Bogotá, mehrmals kolumbianischer Präsidentschaftskandidat und wurde 2018 in den Senat gewählt. Doch hier geht es nicht um ihn als Politiker, sondern um seine 88-jährige Mutter, die eigenwillige Künstlerin Nijolė Šivickas. Beharrlich hat sie ihr Privatleben vor der Öffentlichkeit abgeschirmt. Nur widerwillig gab sie in Medieninterviews Auskunft. Selbst ihr Sohn wusste kaum etwas über ihre Kindheit in Litauen. In ihrem künstlerischen Schaffen, aber auch emotional, hat sie sich von ihrem Heimatland abgewandt.

Nijolė ist nun eingeladen, anlässlich einer großen Retrospektive in Vilnius einen Workshop zu halten. Der Film begleitet sie und Antanas auf dieser Reise. Es ist gleichsam der Blick eines Sohnes auf seine Mutter. Ihre Unabhängigkeit und ihr gesellschaftskritischer Geist waren stets seine Inspiration. Sandro Bozzolo und sein Team nähern sich ihrer Protagonistin zurückhaltend, passen sich auch in der Montage ihrem Rhythmus an und konzentrieren sich auf die Räume ihres Schaffens, auf Nijolės Begegnungen mit Antanas und auf die gemeinsame Rückkehr in die Heimat, die beide tief bewegt. So wie der Sohn die Mutter nimmt auch diese Geschichte einer äußeren wie inneren Reise die Zuschauenden an die Hand. Welche Geschehnisse bleiben in einem Leben prägend und welche sollten besser vergessen werden?

Annina Wettstein


Nominiert für den MDR-Filmpreis

Next Masters Wettbewerb 2019
Sicherheit123 Julia Gutweniger, Florian Kofler

Die gesamten Alpen durchzieht ein nahezu unsichtbares Sicherheitssystem, das die Menschen vor Naturkatastrophen schützen soll. Eine atemberaubende Erzählung von der Vermessung der Landschaft.

Sicherheit123

Dokumentarfilm
Italien,
Österreich
2019
72 Minuten
Untertitel: 
englische

Credits DOK Leipzig Logo

Produktion
Julia Gutweniger, Florian Kofler
Regie
Julia Gutweniger, Florian Kofler
Musik
Edgars Rubenis
Kamera
Julia Gutweniger
Schnitt
Julia Gutweniger, Florian Kofler
Ton
Florian Kofler

Die Alpen. Heute scheint kaum ein Berg mehr unberührt. Längst haben wir die erhabenen Gipfel bezwungen und selbst das Hochgebirge als Freizeitlandschaft erschlossen. Dass die Alpen fast grenzenlos nutzbar sind, ist nicht selbstverständlich: Die gesamte Region durchzieht ein nahezu unsichtbares Sicherheitssystem. Gut getarnt sollen Schutzvorkehrungen gegen Steinschlag oder Lawinen für angstfreie Begeh- und Bewohnbarkeit sorgen. Auffallend und fast surreal erscheinen jedoch Betonbefestigungen um einzelne Bauernhöfe herum oder skulptural geschwungene Mauern am Hang zur Sicherung eines ganzen Dorfes. „Sicherheit123“ fängt in atemberaubenden Bildern diese baulichen Maßnahmen und die meist im Hintergrund laufende Arbeit ein. Ruhige Einstellungen zeigen eindrucksvoll auf, wie vielschichtig das Sicherheitssystem ist: Unaufhörlich wird die Landschaft vermessen und der Ernstfall simuliert, ob in Computermodellen, Versuchsanlagen oder in groß angelegten Katastrophenübungen. Aufmerksam hält sich der beobachtende Dokumentarfilm an die manchmal fast rätselhaft wirkenden Tätigkeiten und Vorkehrungen und erzählt vom Kampf der Menschen gegen die Naturgewalt, die trotz Präzisionstechnik nicht aufzuhalten ist. Annina Wettstein





Ausgezeichnet mit einer Goldenen Taube in Next Masters Wettbewerb Langer Dokumentar- und Animationsfilm.


Next Masters Wettbewerb 2017
The Strange Sound of Happiness Diego Pascal Panarello

Der sinnkrisengeplagte Sizilianer Diego wird von einer Vision verfolgt: das Bild einer Maultrommel. Seine Suche nach der Geschichte des Instruments führt ihn bis ins tiefste Sibirien.

The Strange Sound of Happiness

Dokumentarfilm
Deutschland,
Italien
2017
89 Minuten
Untertitel: 
englische

Credits DOK Leipzig Logo

Produktion
Edoardo Fracchia
Regie
Diego Pascal Panarello
Musik
Bartolomeo Sailer
Kamera
Matteo Cocco
Schnitt
Enrica Gatto, Carmen Kirchweger
Animation
Alvise Renzini
Buch
Diego Pascal Panarello
Ton
Danilo Romancino, Michael Haesters, Sorin Apostol
Nach zwanzig Jahren kehrt der gescheiterte Musiker Diego ohne Geld, Job und Perspektiven in seine sizilianische Heimatstadt Augusta zurück. Im Traum erscheint ihm das visionäre Bild einer Maultrommel, im Italienischen: Marranzano. Der schwingend-brummende Klang dieses kleinen Musikinstruments hallt im Gesang der allgegenwärtigen Zikaden wider – und im Geräusch eines Rasierapparats. Nach ersten Nachforschungen im örtlichen Souvenirladen findet sich Diego schon bald im eiskalten Jakutien wieder. Die Maultrommel heißt dort Khomus und gilt als Glücksbringer. In Sibirien begegnen Diego auch der berühmteste Khomus-Spieler der Welt, ein allseits respektierter Schmied, der dem Meister aus „Karate Kid“ auffallend ähnlich sieht, sowie die reiche Mythengeschichte des Instruments. So erzählt man sich, dass eine der besten Marranzani eines Nachts ins Weltall flog, um von einem russischen Kosmonauten gespielt zu werden. Diegos Forschung nach der Universalhistorie der Maultrommel verbindet sich mit der Geschichte seiner persönlichen Glücksuche, wobei seine Reise von Selbstbefragung, ethnografischem Interesse und Assoziierfreude gleichermaßen getragen wird.

Esther Buss



Lobende Erwähnung im Next Masters Wettbewerb;
Nominiert für Dokumentarfilmpreis des Goethe-Instituts