Hierzulande assoziiert man mit einem Dschinn den Geist aus Aladins Wunderlampe. Nicht so in Jordanien. Dort bringt ein Vater seine vier Jahre alte Tochter um, weil er glaubt, sie sei von einem Dämon besessen. Ausgehend von diesem Fall recherchiert die Regisseurin Dalia Al Kury den (skandalösen) Verlauf des Prozesses und begibt sich immer tiefer in eine Art Parallelwelt, wo Exorzismus und Volksglaube noch gleichermaßen neben dem Koran praktiziert werden. Dabei stößt sie vor in das kollektive Unterbewusstsein einer Gesellschaft, die von Tabus durchzogen ist. Sie weist nach, dass so ein Dschinn vor allem da anzutreffen ist, wo es um Non-Konformität geht – in Bezug auf Moralvorstellungen, Verhaltenskodexe oder mentale Störungen. Dass der Film zu keinem Traktat wird, liegt an dem offenherzigen und bilderreichen Umgang der Filmemacherin mit dem Thema, das auch obskure Seiten und Naivität seitens der Gläubigen offenbart. Es sind aber auch die Gespräche mit ihrer Mutter, die zeigen, wie eng Religion, Ritual und der Wunsch nach Spiritualität miteinander verflochten sind – nicht nur in der arabischen Welt.
Cornelia Klauß