Zunächst einmal – „Plaza de la Soledad“ eröffnet mit einer wunderbaren, wie für das Kino erfundenen Szene, die im Dokumentarfilm nur funktioniert, wenn Filmemachen als gemeinsame Arbeit der Menschen vor und hinter der Kamera verstanden wird. In diesem Fall als Projekt der Fotografin und Filmemacherin Maya Goded und der Prostituierten von La Merced in Mexico-Stadt, deren Vertrauen sich Goded über Jahre hinweg durch eine Fotoserie über das Viertel erarbeitet hat.
Zwischen 50 und 80 Jahre alt sind die Frauen, die sich seit ihrer Jugend an Männer verkaufen und bis heute von ihnen leben. Da staut sich einiges an, und das Kino dient ihnen als Medium, ihre Geschichte nach außen zu tragen. Mutig und stark sind sie, die in ihrer Jugend missbraucht oder vergewaltigt wurden, die ihre eigenen Kinder ohne Ehemänner aufziehen mussten und ihre Biografien illusionslos beschreiben – ohne Selbstmitleid, allein fokussiert auf das Überleben. Gleichzeitig vibriert die Energie in diesem Film, dessen erzählerische Bandbreite von burlesker Alltagskomik über Sexpraktiken am Kunden bis hin zu intimsten Geständnissen, in denen die Sehnsucht nach etwas Sicherheit und Liebe aufscheint, reicht. Keine Frage, die renommierte Magnum-Fotografin Maya Goded ist auch eine der großen Stimmen des mexikanischen Kinos der Gegenwart.
Matthias Heeder