Filmarchiv

Internationales Programm 2018
Atmahaú Pakmát Cameron Quevedo

Ein poetisch-politischer Film über Grenzziehungen und deren Folgen, den Überlebenskampf von Lehmziegel-Herstellern im mexikanisch-US-amerikanischen Grenzgebiet und den Zauber eines Flusses.

Atmahaú Pakmát

Dokumentarfilm
Mexiko,
USA
2017
24 Minuten
Untertitel: 
englische

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Cameron Quevedo
Jesús Gerdel
Jim Hickcox
Cameron Quevedo
Will Harrell
Die geplante Mauer zwischen den USA und Mexiko ist in aller Munde. Oft geht dabei unter, dass diese Grenzlinie an sich ein Konstrukt ist. Mitte des 19. Jahrhunderts musste Mexiko massive Gebietsverluste an den mächtigen Nachbarn im Norden hinnehmen. Seither verläuft die Demarkation entlang des Rio Grande. Ein poetisch-politischer Film über Grenzziehungen und deren Folgen, den Überlebenskampf von Lehmziegel-Herstellern im mexikanisch-US-amerikanischen Grenzgebiet und den Zauber eines Flusses.

Annina Wettstein

Isolated

Dokumentarfilm
Kolumbien,
Ecuador,
Mexiko
2015
73 Minuten
Untertitel: 
englische

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Marcela Lizcano, Juan Pablo Solano, Simon Beltrán Echeverri, Sarahi Echeverría
Marcela Lizcano
Daniel Velasco
Marcela Lizcano, Cecilia Madorno
Carla Valencia, Étienne Boussac
Marcela Lizcano
Daniel "el gato" Najar Garcés
Im San-Bernardo-Archipel an der kolumbianischen Karibikküste liegt, in Sichtweite ihrer großen Schwester Múcura, das winzige Eiland Santa Cruz. Eigentlich keine Insel, eher ein Korallenriff, das die Fischer früher als Lagerplatz nutzten. Dann holten sie ihre Familien von den moskitoverseuchten Inseln hierher, bauten Hütten und heute ist Santa Cruz eine Stadt: 1.200 Quadratmeter, 97 Häuser, 500 Bewohner. Gerammelt voll mit Mensch und Gut, dient dieser unwahrscheinliche Ort der kolumbianischen Regisseurin Marcela Lizcano als Metapher für unseren Planeten. El Cabo, ein alter Fischer und Hummertaucher, fungiert hierbei als Führer, der die Veränderungen zu beschreiben weiß: Der Fisch wird weniger, die Hummer verschwinden, und von den ursprünglich 16 Inseln rund um Santa Cruz hat das Meer schon sechs verschluckt. Seine Überlegungen führen zu einer Versammlung der Bewohner, die uns im Kleinen vorführt, wie Eigensinn, Korruption und Profitgier unsere Welt zerstören. Und dann sind da noch die Kinder, die überall herumstromern und für die das Meer der Spielplatz ist. Ihre Zukunft liegt nicht in Santa Cruz. Sie zieht es aufs Festland, wo der Spaß ist. Sie werden das Meer vermissen, wenn sie dort morgens aufwachen. Mit „Isolated“ ist der Regisseurin das sehr warmherzige Porträt einer Gemeinschaft gelungen, in deren Krise sich unser aller Problem spiegelt. Bloß – wohin sollen wir gehen?

Matthias Heeder

Mutatio

Animationsfilm
Mexiko
2011
8 Minuten
Untertitel: 
_ohne Dialog / Untertitel

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Rita Basulto, Instituto Mexicano de Cinematografía
León Fernández
Luis Palacios
Manuel Aldana
León Fernández
Ein sonderbares menschenartiges Wesen erwacht mutterseelenallein auf einem großen Felsen mitten im Meer. Ohne Schutz oder Nahrung muss es sich dem Sinn des Lebens selbst und dem großen Geheimnis, das seine Spezies am Leben erhält, stellen.
Internationales Programm 2016
Plaza de la Soledad Maya Goded

Die Prostituierten von La Merced in Mexico-Stadt: zwischen 50 und 80, oft missbraucht und geschlagen, mutig, stark und illusionslos. Intimste Geständnisse voller burlesker Komik.

Plaza de la Soledad

Dokumentarfilm
Mexiko
2016
84 Minuten
Untertitel: 
englische

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Martha Sosa, Eamon O’Farrill, Monica Lozano
Maya Goded
Leonardo Heiblum, Jacobo Lieberman
Maya Goded
Valentina Leduc
Lena Esquenazi, Miguel Hernández
Zunächst einmal – „Plaza de la Soledad“ eröffnet mit einer wunderbaren, wie für das Kino erfundenen Szene, die im Dokumentarfilm nur funktioniert, wenn Filmemachen als gemeinsame Arbeit der Menschen vor und hinter der Kamera verstanden wird. In diesem Fall als Projekt der Fotografin und Filmemacherin Maya Goded und der Prostituierten von La Merced in Mexico-Stadt, deren Vertrauen sich Goded über Jahre hinweg durch eine Fotoserie über das Viertel erarbeitet hat.

Zwischen 50 und 80 Jahre alt sind die Frauen, die sich seit ihrer Jugend an Männer verkaufen und bis heute von ihnen leben. Da staut sich einiges an, und das Kino dient ihnen als Medium, ihre Geschichte nach außen zu tragen. Mutig und stark sind sie, die in ihrer Jugend missbraucht oder vergewaltigt wurden, die ihre eigenen Kinder ohne Ehemänner aufziehen mussten und ihre Biografien illusionslos beschreiben – ohne Selbstmitleid, allein fokussiert auf das Überleben. Gleichzeitig vibriert die Energie in diesem Film, dessen erzählerische Bandbreite von burlesker Alltagskomik über Sexpraktiken am Kunden bis hin zu intimsten Geständnissen, in denen die Sehnsucht nach etwas Sicherheit und Liebe aufscheint, reicht. Keine Frage, die renommierte Magnum-Fotografin Maya Goded ist auch eine der großen Stimmen des mexikanischen Kinos der Gegenwart.

Matthias Heeder
Internationales Programm 2017
Potentiae Javier Toscano

Mit ausdauerndem Blick beobachtet Javier Toscano unterschiedliche Alltagstechniken von Menschen mit Behinderungen in Mexiko-Stadt – bis dieser Blick mit einem Mal selbst auf dem Spiel steht.

Potentiae

Dokumentarfilm
Mexiko
2016
98 Minuten
Untertitel: 
englische

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Alejandra Liceaga
Javier Toscano
Daniel Hidalgo Valdés
Ricardo Garfias
Omar Guzmán, Paulina del Paso
Javier Toscano
Luis Mercio, Carlos Aguilar Zafra
Formatwechsel im wahrsten Sinne des Wortes. Eine Autotür wird aufgeschoben – und mit ihr das Bild. Der enge Kader wächst in die Breite. Die Kamera beginnt zu fliegen. Hoch oben schwebt sie langsam über die Dächer von Mexiko-Stadt. Dann beginnt sie ihren Landeanflug, sinkt hinab in eine schmale Gasse, findet ihre Protagonisten und gewinnt wieder an Höhe. Es ist die Einstellung, die alles verändert, die alles, was bisher zu erblicken war, in eine neue Ordnung des Sehens überführt, in eine andere Form der Wahrnehmung.

Die Frage steht also im Raum: Was dokumentiert Regisseur Javier Toscano in seinem Film „Potentiae“ eigentlich genau? Sind es die routinierten Weisen der Fortbewegung ohne Beine – auf Stufen, im Wasser, auf der Aschenbahn? Die Zahnputztechnik ohne Arme? Der gelernte Umgang mit dem Blindenstab? Lange Zeit wohnen wir einem genau beobachtenden Film über verschiedene Alltagspraktiken und -techniken von Menschen mit Behinderungen bei: Dokumente unterschiedlicher Konzepte einer selbstbestimmten Lebensführung am Rande einer Megastadt. Aber ist das schon alles? Was macht diese bildöffnende Autotür mit unserem eigenen Sehen? Wird es verschoben oder sogar entgrenzt? Wird unsere Wahrnehmung erweitert oder sogar gesprengt? Können wir unseren Augen noch trauen?

Lukas Stern
Internationales Programm 2013
The Convict Patient Alejandro Solar Luna

Nach einem versuchten Attentat auf den mexikanischen Präsidenten wird ein Mann als psychisch krank weggesperrt und bleibt es 23 Jahre lang. Protokoll der Auslöschung eines Menschen.

The Convict Patient

Dokumentarfilm
Mexiko
2013
83 Minuten
Untertitel: 
englische

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Alejandro Solar Luna, Rodrigo Herrnaz, Issa Guerra, Armando Casas
Alejandro Solar Luna
Luis Leñero Elu
Ignacio Miranda
Ernesto Contreras, Alejandro Solar Luna
Alejandro Solar Luna
Eine dieser Geschichten, die unglaublich zu nennen nur wie fahrlässiges Understatement erscheinen kann: Während einer am 2. Oktober 1968 in Mexiko City stattfindenden Protestversammlung kommt es zu fast 300 Toten, als Präsident Gustavo Díaz Ordaz Militär und Spezialeinheiten der Präsidentengarde einsetzt, um wieder Ruhe im Land herzustellen. Nur am Rande wird Carlos Castañeda de la Fuente Zeuge des Geschehens. Aber dieser Tag soll sein gesamtes weiteres Leben bestimmen: In einem hilflosen Akt der Empörung unternimmt der bekennende Christ eineinhalb Jahre später einen Attentatsversuch auf Ordaz, wird jedoch zuvor mit einer Waffe festgenommen und soll von der Geheimpolizei als fanatischer Drahtzieher eines Staatsstreichs aufgebaut werden. Als dies vor allem wegen der Naivität des Beschuldigten misslingt, wird er für geisteskrank erklärt und weggesperrt. Er gilt als verschwunden. Über Jahre wird er körperlich und psychisch massiv misshandelt, später vergisst man ihn mehr oder weniger. Erst 1993, nach 23 Jahren Psychiatrie, wird er, quasi aus Ratlosigkeit, in die „Freiheit“ abgeschoben und vegetiert seitdem als verwirrter Obdachloser in Mexico City vor sich hin. Über lange Zeit rekonstruierte Regisseur Alejandro Solar Luna die Abgründe dieses Falles: die über vier Jahrzehnte sich hinziehende Auslöschung eines Menschen.

Ralph Eue
Internationales Programm 2017
The Mermaid Kingdom Luis Rincón

In einem Fischerdorf in Nicaragua kommt es zu rätselhaften Vorfällen: Tauchende Männer entsteigen dem Wasser gelähmt. Ein starker Meerjungfrauen-Glaube korreliert mit den Tragödien.

The Mermaid Kingdom

Dokumentarfilm
Mexiko
2017
75 Minuten
Untertitel: 
englische

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Rigoberto Perezcano, Bruno Cárcamo
Luis Rincón
Juan Pablo Ramírez Ibañez
Lucrecia Gutiérrez Maupomé
Luis Rincón
Bernat Fortiana
Die Grenze zwischen Land und Meer ist eine magische. Wenn hier gleich zu Anfang einige Kühe die Küste entlanglaufen, dann ist das ein Bild der Unität. Genauso wie die Körper der Meerjungfrauen, die vom Bauch abwärts das Aussehen von Fischen haben sollen. Viele Legenden ranken sich um diese Geschöpfe. Etwa, dass man beginnt, nach Fisch zu stinken, sobald einem eines von ihnen in Liebe zugetan ist. Nur spezielle Kräuter können den Geruch dann noch beseitigen, wodurch eine Ortung verunmöglicht wird. Auch schwängern können die Meerjungfrauen. Und riesige Bankette auf dem Meeresboden ausrichten. Doch die Bewohner eines Fischerortes in Nicaragua scheinen es sich mit den hiesigen aquatischen Wesen verscherzt zu haben: Seit einiger Zeit sind Vorfälle zu beobachten, in denen Männer von ihren Tauchgängen gelähmt heimkehren. Luis Rincón zeigt das Leben an dieser Grenzlinie, die Arbeit ober- und unterhalb des Wassers. Und er setzt einen der Gelähmten in Szene, der fast ausschließlich mit Sonnenbrille auftritt. Ihn nimmt Rincón einmal am Fenster sitzend auf, sodass sich die Lichtspiele auf seiner Haut abzeichnen wie Fischschuppen.

Carolin Weidner


Nominiert für Healthy Workplaces Film Award
Internationales Programm 2017
The Other Side of the Wall Pau Ortiz

Berührendes Porträt zweier Halbwüchsiger in Mexiko. Mitten in der eigenen Pubertät müssen sie ihren kleinen Geschwistern die Eltern ersetzen, während die Mutter im Gefängnis sitzt.

The Other Side of the Wall

Dokumentarfilm
Mexiko,
Spanien
2017
68 Minuten
Untertitel: 
englische

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María Nova López, Emiliano Altuna, Carlos Rossini, Tatiana García
Pau Ortiz
Daniel Hidalgo
María Nova López
Frank Gutiérrez, Pau Ortiz
Carlo Massarelli
Manchmal wird aus der 13-jährigen Rocío ganz unvermittelt eine erwachsene Frau, die mit sorgenvollem Blick in die Zukunft schaut. Das hat vor allem damit zu tun, dass sie gemeinsam mit ihrem 18-jährigen Bruder Alejandro für die zwei jüngeren Geschwister sorgen muss, während die Mutter im Gefängnis sitzt. Seit mehr als zwei Jahren halten die beiden Teenager die Familie zusammen. Doch die Extremsituation zehrt an ihren Nerven und immer häufiger rasseln sie aneinander. Die Schlachten, die sie schlagen, sind einerseits Abziehbilder klassischer Streitigkeiten zwischen Paaren („Ich bin hier die Einzige, die das Haus sauber hält!“), andererseits Ausdruck der eigenen Zerrissenheit. Beide haben den Anspruch an sich selbst, die schwierige Situation zu lösen und ihren „Mann zu stehen“. Doch vor allem die pubertäre Rocío spürt, dass ihre „Beziehung mit sich selbst“, wie sie sagt, seit einiger Zeit nicht die beste ist.

Die detailreiche filmische Beobachtung zeigt einen familiären Mikrokosmos, der von Überforderung, aber auch von großer Wärme geprägt ist. Sowohl Rocío als auch Ale nutzen die Gesprächssequenzen vor der Kamera als Momente der Reflexion – beide analysieren die eigene Situation so präzise und realistisch, dass es einem den Atem nimmt. Mit diesem Film macht Regisseur Pau Ortiz seinen jungen Protagonisten eine empathische Liebeserklärung, die lange nachwirkt.

Luc-Carolin Ziemann


Nominiert für Young Eyes Film Award
Internationales Programm 2016
The World in a Corner Mariano Rentería Garnica

Jeden Tag sind sie am, im oder auf dem Meer – die Bewohner des „Sacred Hill“, einer felsigen Halbinsel ganz im Süden Mexikos.

The World in a Corner

Dokumentarfilm
Mexiko
2016
21 Minuten
Untertitel: 
englische

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Aurora Molina Pineda, Jorge Díez Maza
Mariano Rentería Garnica
Jorge Alba
Mariano Rentería Garnica
Mariano Rentería Garnica
Mariano Rentería Garnica
Raúl Atondo
Jeden Tag sind sie am, im oder auf dem Meer – die Bewohner des „Sacred Hill“, einer felsigen Halbinsel ganz im Süden Mexikos. So nah sie dem Ozean sind, so fremd bleibt er ihnen auch. Ein junger Mann und ein Mädchen erzählen von diesem Ort: davon, dass die Jagd viele Meeresbewohner vertrieben hat und wie sich das Meer seitdem rächt. Die wenigen Tiere, die noch da sind, bleiben den Touristen zum Anschauen vorbehalten. In eindrucksvollen Bildern zeichnet der Film einen geradezu traumhaften Albtraum.

Kim Busch