Da in allem, was die Menschen sagen, eine versteckte Botschaft steckt, zeichnet Matthew sämtliche Anrufe auf, um sie später zu analysieren. Das ist Arbeit. Die Einteilung seiner Tage beruht auf einem 36er Zahlensystem, wodurch jedes Datum in drei Symbolen ausgedrückt werden kann. Heute ist BNF, gestern war BNE. Auch das ist Arbeit. Autisten wie ich, so sagt er, verengen ihre Wahrnehmung auf einen einzigen Bereich, den sie komplett durchdenken und ordnen müssen. Für Matthew ist das seine Wohnung, die er diesem Prinzip unterwirft, sein Universum und Schutzraum zugleich. Mit “Matthew’s laws“ ist dem holländischen Regisseur Marc Schmidt etwas außergewöhnlich Seltenes gelungen: uns Normalos den Blick in eine Gedankenwelt zu öffnen, deren Logik zwar bizarr sein mag, trotzdem aber die ganze Identität dieser Person ausmacht. Die ist spätestens dann bedroht, wenn dieses Binnen System mit dem Außen in Berührung kommt. Beispielsweise in Gestalt der Hausverwaltung, die nicht hinnehmen will, dass Mathijs den Boiler zerlegt, um die Wasserleitungen des Badezimmers nach seiner Logik neu zu verlegen. Auf der Handlungsebene verfolgt der Film, wie sich diese Auseinandersetzung zweier Ordnungssysteme entwickelt – bis zum bitteren Ende. Auf einer zweiten Ebene erzählt der Film von dem ungewöhnlichem Verhältnis zwischen Filmemacher und Protagonist. Dieses sehr persönliche Portrait beruht auf der gegenseitigen Versicherung von Vertrauen und Offenheit des Vorgangs der Filmarbeit, die Mathijs schließlich in seinem System und in seinem Alltag unterbringen muss. Und dann befragen uns die Ereignisse selbst: wie mit der Andersartigkeit umgehen? Weit und breit keine Antworten. Jedenfalls keine, die für Mathijs passen.
– Matthias Heeder